“Expressionismus – Hier und Jetzt” im Dortmunder U

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„Expressionismus – Hier und Jetzt. Die Sammlung Horn zu Gast in Dortmund“. So ist die aktuelle Ausstellung im Dortmunder U getitelt, die bis zum 18. Februar 24 dort zu sehen ist.  Gerade einmal gute 100 Jahre her ist es, als der Expressionist Erich Heckel die dänische Stummfilmschauspielerin Asta Nielsen porträtierte, die wie er zur Inspirationsquelle einer Generation im Umbruch wurde. Asta Nielsen steht symbolisch für den Wunsch der expressionistischen Künstler*innen, ihre Gefühle ausdrücken zu können. Ihr Porträt ziert darum auch das Plakatmotiv der Ausstellung.

Dortmunder U

Ein Haus in Soest zeigt dieses im expressionistischen Stil gemalte Gemälde von Christian Rohlfs. Foto: Siftung Rolf Horn / Landesmuseen Schleswig-Holstein
Schloss Gottorf, Schleswig

Zum ersten Mal in Dortmund

Die Kunstwerke aus der Sammlung Horn werden zum ersten Mal in Dortmund gezeigt. Sie ermöglichen eine vielseitige Betrachtung des Expressionismus. Ein Schwerpunkt der bedeutenden Sammlung mit Sitz auf Schloss Gottorf in Schleswig sind die Werke der Künstlervereinigung „Brücke“. Aus der Wertschätzung für diese Kunstbewegung baute Rolf Horn nach dem Zweiten Weltkrieg seine Sammlung auf. Nach seinem Tod 1995 hat seine Ehefrau Bettina Horn die Sammlung systematisch erweitert. Das Ehepaar schuf eine außerordentliche Privatsammlung, deren Fokus auf dem Thema Menschenbilder und Naturdarstellungen liegt. Die Ausstellung in Dortmund vereint Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken von Erich Heckel, Käthe Kollwitz, Ernst Ludwig Kirchner, Alexej von Jawlensky, Otto Mueller, Emil Nolde, Max Pechstein, Christian Rohlfs und Karl Schmidt-Rottluff aus der Sammlung Horn.

Dortmunder U

Diese Kartographie spürt der Entwicklung des Expressionismus nach. Collage: Moses Maerz

Einblicke in die Zeit des Expressionismus

Mit dem Aufkommen des Tonfilms Ende der 1920er Jahre veränderten sich die Seh- und Hörgewohnheiten schlagartig. Die Karrieren vieler Stummfilmstars gingen zu Ende. Auch die Motive der Expressionist*innen wurden vom Zeitgeist des Wandels beeinflusst. In ihrer Motivwahl und Darstellungsart sind die gesellschaftlichen Entwicklungen von damals erkennbar und veranschaulichen die Ambivalenzen und Widersprüche der europäischen Moderne. So fühlten sich die expressionistischen Künstler*innen von der Hektik der modernen Großstadt angezogen, sehnten sich jedoch gleichzeitig nach einer Rückkehr zur Natur.

Mit ihrem alternativen Bohème-Lebensstil distanzierten sie sich zwar von ihrer eigenen bürgerlichen Herkunft, aber ihr avantgardistischer Stil und auch der Bruch mit künstlerischen Konventionen nahm Bezug auf jahrhundertealte Kunsttraditionen. Und während sie einerseits den Kolonialismus als Zerstörung des Ursprünglichen kritisierten, war ihre Kunst andererseits ohne ihn nicht vorstellbar, da nicht-westliche Kunstwerke ihre Formensprache maßgeblich beeinflussten.

Über 100 Jahre später offenbart ein kritischer, dekolonialer Blick auf den Expressionismus die noch immer wirksamen Machtverhältnisse, Geschlechter- und Körperbilder und damit die Folgen des Kolonialismus auf unsere Gegenwart. Die Ausstellung zeichnet die Verflechtung von Kolonialismus und Expressionismus nach und lädt die Besucher*innen ein, ausgewählte Werke der Ausstellung im Blickwinkel Schwarzer deutscher Geschichte, der Industrialisierung, des technischen Fortschritts sowie Krieg, Lebensreformbewegung, Körper und Natur zu betrachten

Auch zeitgenössische Kunst begleitet die Ausstellung

Die Arbeiten der Sammlung Horn treten in Dialog mit Werken aus dem Kirchner Museum Davos und der Sammlung des Museum Ostwall, ergänzt durch Fotografien und Archivmaterial. Die ebenfalls in der Ausstellung gezeigten zeitgenössischen Arbeiten von Anguezomo Mba Bikoro, Lisa Hilli, Moses März, Luiza Prado sowie Natasha A. Kelly ermöglichen einen aktuellen Blick auf die Themen der Expressionist*innen und auf einen möglichen Umgang mit den Folgen des Kolonialismus in unserer heutigen Gesellschaft. Außerdem kommt die Dortmunder Stadtgesellschaft in Videointerviews zu Wort.

Dortmunder steuern zur Ausstellung bei

Dortmunder Stadtbewohner*innen, Organisationen und Initiativen kommentieren und interpretieren die Themen der Ausstellung aus ihrer Sicht. Gemeinsam mit dem Kollektiv ver | lern | raum, vertreten durch Mbingo Itondo und Diana Schuster, entwickelt das Team des Museum Ostwall ein Vermittlungsprogramm für Schulen, Kindergärten und die Stadtgesellschaft. Darüber hinaus sind im Ausstellungsprogramm zahlreiche Führungen, künstlerische Workshop-Formate und Diskussionsveranstaltungen sowie ein Kinoprogramm zu den Themen der Ausstellung enthalten. Die Reise der Sammlung Horn ist zu Beginn des Jahres im Kirchner Museum in Davos gestartet und wird nach der Station im Dortmunder U im Kunstmuseum Moritzburg in Halle an der Saale enden. Die Ausstellung des Museum Ostwall im Dortmunder U wird kuratiert von Christina Danick, Natasha A. Kelly, Saskia Köbschall, Regina Selter und Florence Thurmes.

Facettenreiches Rahmenprogramm

Das Dortmunder U bietet während der Laufzeit der Sonderausstellung „Expressionismus hier und jetzt!“ ein umfassendes und größtenteils kostenfreies Rahmenprogramm an. Darunter sind Programmpunkte wie Filme, Gespräche, Performances, Konzerte und Workshops, die speziell für die Ausstellung organisiert werden oder im Rahmen bereits vorhandener Veranstaltungsformate des Dortmunder U – hier zum Beispiel „Kleiner Freitag“ und „Familiensonntag“ – laufen. Sofern nicht anders angegeben, ist die Teilnahme am Veranstaltungsprogramm kostenfrei. Aufgrund teilweise begrenzter Teilnahmezahl wird bei einigen Veranstaltungen um Anmeldung unter info@dortmunder-u.de gebeten. Über kurzfristige Änderungen wird auf www.dortmunder-u.de informiert.

Info: Dortmunder U Museum Ostwall – Kunstvermittlung Leonie-Reygers-Terrasse 44137 Dortmund +49 (0)231 50-27791 mo.bildung@stadtdo.de dortmunder-u.de/museum-ostwall

http://www.dortmunder-u.de

 

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