Gemetzel im Dortmunder U von austroPott

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Umjubeltes Gemetzel in Dortmund: Mit dem bekannten und immer wieder verblüffend aktuell erscheinenden Erfolgsstück Der “Gott des Gemetzels” von Yasmina Rezahat hat sich das beliebte Theaterensemble austroPott die denkbar beste Vorlage vorgenommen, um mit wenig Ausstattung und umso größerer Schauspielkunst einen kurzweiligen und unterhaltsamen Abend zu gestalten. Tiefgang eingeschlossen, denn das klug gestaltete Stück mitsamt seiner Charakterzeichnung der Protagonisten offenbart zutiefst menschliche Züge, die dem Betrachter trotz aller Bühnendistanz nicht fremd sein dürfte.

Gemetzel

Das Ensemble austroPott weiß mit viel Kreativität zu überzeugen – Foto austroPott

Die messerscharfen Dialoge werden von den Darstellern in feinsinnig und ausgefeilten Rollenporträts dargestellt und bis ins kleinste Detail stimmig ausgespielt. Zwei Elternpaare treffen aufeinander, um den folgenreichen Streit ihrer Söhne im gebotenen kultivierten Umgang zu klären – ein zunächst harmlos anmutendes Setting mit konsensorientierten Menschen. Doch auch vernunftbegabte Wasser sind tief, wie sich im Laufe des Abends schnell herausstellt. Da ist der smarte Anwalt (Harald Schwaiger), der neben aller zur Schau getragenen Souveränität wie der Pawlowsche Hund auf jedes Handyklingeln reagiert, um hinter der Fassade des gefragten Geschäftsmannes der
unangenehmen Situation zu entfliehen. Doch die Selbstdarstellung bröckelt, wenn seine Frau das Gesamtbild torpediert und mit wachsender Hysterie nach und nach sämtliche Contenance verliert und sogar auf die innig geliebten Kunstbände der Gastgeberin kotzt. Monika Bujinski spielt dabei sehr überzeugend die fragile Erscheinung, durchsetzt von Verzweiflung und tiefer Unzufriedenheit, der doch eine starke Persönlichkeit zugrunde liegt.

Gemetzel

Groteske Szenen in der austroPott-Inszenierung – Foto austroPott

Da entstehen atemberaubende Gemetzel-Momente, wenn ihre schlanke und dabei überaus tragfähige Stimme gegen ihr reduziertes Dasein als alleinige Familienmanagerin aufbegehrt. Ihr gegenüber steht Katja Heinrich, die sich gesten- und mimikreich als personifiziertes Gutmensch-Gewissen präsentiert und mit abgedroschenen Plattidüden um sich wirft, die keiner wirklich ernst nimmt. Damit erscheint sie genauso verzweifelt bemüht wie auch ihr Mann (Michael Kamp), der das Spiel der Kulissenwahrung anfangs wie ein von ihr ferngesteuertes Hündchen pflichtschuldig mitträgt. Doch auch bei ihm brechen sich seine wahren Ansichten mit der Zeit Bahn, er offenbart seine wahre Natur – „Kinder absorbieren unser Leben“. Diese Entwicklung von einer gefälligen Jasager-Haltung bis hin zu einer authentisch artikulierten Haltung gestaltet Kamp mit einer hintergründigen, aber umso mehr faszinierenden Entwicklung seiner Rolle.

Ein amüsantes und intensiv gespieltes Kaleidoskop an Figuren und zum Teil völlig absurden Situationen, denen das Premierenpublikum mit bis zum – offenen – Schluss gespannt und amüsiert folgte. Der langanhaltende Applaus galt der großartigen Schauspielkunst und dem dargebotenen „Theater pur“, in dem die Darsteller das Publikum mit überragender Präsenz, professioneller Darstellung und viel persönlichem Engagement begeisterten.

austroPott Nordwind GbR, www.austropott.de.

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