Westfalen – Es ist einer jener seltenen Glückfälle: Nachdem sie über 40 Jahre im staubigen Archiv einer privaten Sammlung gelegen haben, sind diese jetzt erstmals wieder zu sehen. Es sind mehr als 50 Gemälde des Essener Expressionisten Hans Vincenz. Unter dem Titel „Die zwei Gesichter des Hans Vincenz“ zeigt die RUDIFREDLINKEGALERIE ausgewählte Kunstwerke aus vier Jahrzehnten. Ölgemälde, Gouachen, Collagen. „Wir halten eine Sensation in Händen“, ist Galerist Linke überzeugt. Wegen der starken Nachfrage ist die Ausstellung bis zum 1. März 2015 verlängert worden.
Er hat gegenständlich gearbeitet, expressiv wie die berühmten Maler seiner Zeit und seit der Mitte der 1940er parallel auch ganz abstrakt: Hans Vincenz – geboren 1900 in Köln, gestorben 1976 in Essen – gehört in die erste Riege der expressionistischen Maler des vergangenen Jahrhunderts. Die neuerliche Ausstellung seiner Werke dürfte bei Kunstsammlern im Land auf großes Interesse stoßen.
Mehrfach hatte er zu seinen Lebzeiten im Museum Folkwang in Essen ausgestellt. Außerdem wurde Hans Vincenz auch im Museum Mülheim, in der Galerie Moderne Kunst in Bonn, im Museum am Ostwall in Dortmund, im Kölnischen Kunstverein, im Essener Forum und jenseits des großen Teiches im Museum of Fine Arts in Dallas präsentiert. Bei Gruppenausstellungen war er in der Kunsthalle Düsseldorf, im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld und sogar in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München vertreten.
Hans Vincenz war ein leidenschaftlicher Maler, dessen ganzes Sinnen und Trachten mit Farbe und Kunst zu tun hatte. Rastlos, ja enthusiastisch war er und dabei ungemein fleißig. „Aus der sinnlichen Freude des Sehens erwächst mir die Freude am Malen“, hat er als Motiv seiner Arbeit benannt. Tausende Gemälde sind entstanden.
Meist malte er mit Ölkreiden auf Architektenpapier, was seinen Bildern eine ungeheure Leuchtkraft verleiht. Parallelen zu berühmten Malerkollegen seiner Zeit drängen sich auf. Sehr früh hat er sich von der Klassischen Moderne begeistern lassen. Er war mit so namhaften Kollegen wie Erich Heckel, Helmuth Macke, Rolf Lenne, Christian Rohlfs und Werner Gilles bekannt, teilweise befreundet. Vincenz folgt als hochbegabter Autodidakt deren Anregungen. Dabei war er nie einer, der seine Vorbilder bloß nachgeahmt hätte. Seine Gemälde haben eine unübersehbare Eigenständigkeit – und einen unschätzbaren Wert.
Die meiste Zeit lebte und arbeitete Vincenz in Essen, war zum Broterwerb Inhaber eines kleinen Familienunternehmens mit ein paar Angestellten. Er selbst sah sich aber vor allem als Künstler, der malen musste, um sich in der aus den Fugen geratenen Welt von Weltwirtschaftskrise, dem Desaster immerhin zweier Weltkriege und der Barbarei der Nationalsozialisten zurecht zu finden. Auf Verkäufe seiner Kunstwerke war er aber nie angewiesen. Er verkaufte seine Bilder, wenn er wieder mehr Platz im Atelier brauchte. Nur wenige Gemälde sind daher in den Kunsthandel gelangt. Viele Arbeiten befinden sich bis heute in Privatbesitz.
Der Schritt von der gegenständlichen Malerei der 1920er und 1930er Jahre in die Abstraktion führt ihn zur Kunst des Informel und des abstrakten Expressionismus. Denen bleibt er bis zu seinem Tod verbunden. Er experimentiert mit Farben und Formen, begeistert sich für einen kreativen Materialmix aus Blättern, Gräsern und Halmen, Holz, Papier und Gewebefetzen. Mitte der 1940er Jahre, nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges, entstehen jene abstrakten Gemälde und Collagen, für die ihm ein herausgehobener Platz in der Kunstgeschichte gebührt. Paul Vogt, langjähriger Direktor des Folkwang Museums in Essen hat einmal über ihn geschrieben. „Wir sehen in diesen Bildern die Frucht der Erfahrung vergangener Jahre, die Sicherheit und die ungebrochene Kraft des Strebenden, der sich unermüdlich weiter formt.” (Dr. Jörg Bockow)
Öffnungszeiten: Sa/So von 12:00 – 17:00 Uhr.
Finissage: 1. März 2015 um 17:00 Uhr mit einem Rundgang durch die Ausstellung.
RUDIFREDLINKEGALERIE / Mühlendamm 1-3 / 48167 Münster-Wolbeck Telefon 0171-2849977 www.rudifredlinkegalerie.de
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