Paderborn – Es war ein Sensationsfund: 1994 entdeckte man bei Ausgrabungen auf dem Gelände der ehemaligen Abteikirche des Benediktinerklosters Stablo (frz. Stavelot) im heutigen Belgien das Grab des bedeutenden Kirchenmannes, Gelehrten und politischen Beraters Wibald von Stablo und Corvey (*1098, † 1158). Unter den Grabbeigaben befand sich sein kunstvoll gestalteter Abtsstab, der sich heute im Besitz des Abteimuseums in Stablo (Musée Abbaye de Stavelot) befindet.
Jetzt ist er Teil der Sonderausstellung im Paderborner Diözesanmuseum anlässlich des 1200-jährigen Gründungsjubiläums des Klosters Corvey, Wibalds einstiger Wirkungsstätte, und erstmals in Deutschland zu sehen. Die Ausleihe dieses bedeutenden Stückes ermöglichten die Stiftungen der Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter durch ihre großzügige Unterstützung der Ausstellung „Corvey und das Erbe der Antike“ (bis 26.01.2025) im Diözesanmuseum Paderborn.
Ein wirkmächtiger Abt führt Corvey zu neuer Blüte
Es war der Staufer-Herrscher Konrad III., der seinen klugen Berater Wibald von Stablo im Jahr 1146 dafür gewann, auch die Abtwürde im in wirtschaftliche Schieflage geratenen Kloster Corvey zu übernehmen, die er bis zu seinem Tode 1158 innehatte. Wibald von Stablo führte die Benediktiner-Abtei zu einer neuen Blüte. Das Westwerk wurde zu seiner heutigen zweitürmigen Form ausgebaut, verlorengegangene Besitzrechte erneut geltend gemacht, die Klosterdisziplin gefestigt.
Berühmte Bibliothek des Klosters
Auch das nahegelegene Höxter profitierte von der guten Beziehung Wibalds zu den jeweiligen Herrschern. So gestattete Kaiser Friedrich I. Barbarossa 1152 den Wiederaufbau der zerstörten Stadtmauer. Doch vor allem lagen dem wirkmächtigen und belesenen Abt Wibald von Stablo die einst berühmte Bibliothek des Klosters und das Skriptorium am Herzen. Er lieh Texte antiker Autoren von anderen Klöstern aus und ließ sie in Corvey abschreiben. Ein Lieblingsvorhaben des Abtes war es, alle erreichbaren Schriften des römischen Dichters Cicero in einem Band zusammenzustellen, damit sie nicht verloren gehen.
Kunstsinniger Bewahrer antiken Wissens
Wibald von Stablo kommunizierte auch mit Päpsten, Königen und Klerikern, war wichtiger Berater mehrerer deutscher Herrscher und ein Förderer der Kunst. Die von ihm beauftragten Kunstwerke zeigen eine sehr persönliche Handschrift und zeugen von seiner breiten und an antiken Autoren geschulten Bildung. Auch bei seinem Abtsstab wird das deutlich. Bei der Grabung in Stablo wurden die untere Stabspitze, der Knauf mit zwei Metalltüllen und die Spitze der gebogenen Krümme gefunden. Die aus Holz gefertigten Elemente des Stabes lösten sich hingegen im Laufe der Jahrhunderte auf. Elegant läuft die bronzene Spitze der Krümme in einem fein gestalteten Pinienzapfen aus. Auf dem wunderschön gestalteten, emaillierten Kugelkopf sind Fächerbögen zu sehen, und die vergoldeten Tüllen tragen eine lateinische Inschrift, übersetzt: „Das Gesetz erlaubt, dass man zürnt, aber es will, dass man im Zorn Erbarmen hat; daher sei der Schrift eingedenk: Weise zurecht, [aber] schone!“ Diese mahnenden Worte könnte Wibald von Stabl selbst verfasst haben – vielleicht zur Selbstermahnung?
Corvey und das Erbe der Antike
In der Paderborner Ausstellung „Corvey und das Erbe der Antike“ ist der zweiten Blüte des Klosters Corvey – der Zeit Wibald von Stablo – eine eigene Abteilung gewidmet. Hier ist sein umfangreiches Briefbuch zu sehen, eine einzigartige zeitgeschichtliche Quelle. Eine Medienstation widmet sich dem von ihm zusammengestellten Cicero-Codex, und neben dem Abtsstab werden u.a. kunstvoll gestaltete Email-Medaillons und Zeichnungen des von Wibald gestifteten, bis auf vier Fragmente heute verlorenen, Remaklus-Retabels aus Stablo gezeigt.
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