„Heimaten“ – die Ausstellung auf Gut Rödinghausen ist ein frappierender Beleg: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Das weiß ja auch bereits der Volksmund. So auch hier. Zwei Künstler: Vater und Sohn in einer gemeinsamen Ausstellung auf Gut Rödinghausen.
Das hat es vorher noch nie gegeben. Was Karl-Heinz Richert und Michael Rickert verbindet, ist ihre Liebe zur Heimat, zu ihrer Heimatstadt Menden und zum Sauerland. Das wird anschaulich in der Sonderausstellung „Heimaten“, die vom 7. Mai bis zum 16. Juli 2023 auf Gut Rödinghausen zu sehen ist. Als Ergänzung dazu die Ausstellung ab 12. Mai 2023 im „Poenigeturm“.
Die Gemeinschaftsausstellung zum 25. Todestag von Karl-Heinz Rickert und zum fast 70. Geburtstag von Michael Rickert zeugt von der tiefen Verbindung beider Künstler nicht nur zu Menden, sondern auch zueinander – und zwar über das Medium der Kunst.
Jeder von ihnen setzt sich auf seine Weise leidenschaftlich mit der Heimatstadt und den Möglichkeiten, die eine künstlerische Auseinandersetzung auftut, auseinander. Dokumentarische Skizzen einerseits und durchdringende Farbexperimente andererseits eröffnen dem Betrachter neue Sichtweisen.
Ansichten von Karl-Heinz Rickert, der in Menden lokale Berühmtheit erlangt hat durch seine Skizzen von historischen Ansichten, Straßenzügen und Gebäuden der Altstadt, sowie von seinem Sohn, dem Künstler und leidenschaftlichen Kunsterzieher Michael Rickert. Auch wenn Letzterer nach dem Studium seinen Lebensmittelpunkt nach Münster verlegt hat, blieb er seiner Heimatstadt auch nach Jahren des Haderns mit der Mendener Entwicklung stets tief verbunden.
Über die Kunst kehrt Michael Rickert nach Menden zurück. Und jeder Besuch in Menden ist für ihn eine neuerliche Auseinandersetzung mit seinen künstlerischen Wurzeln, die im Elternhaus ihren Anfang nahmen, mit seinem Vater und mit seiner Heimat bzw. dem nicht auszurottenden Gefühl heimatlicher Verbundenheit.
Karl-Heinz Rickert wurde 1926 in Schwitten geboren. Nahezu 40 Jahre unterrichtete er als Lehrer, Konrektor und Rektor an Mendener Volks-, Grund- und Hauptschulen. Im Mai 1967 bat Bürgermeister Wilhelm Schött Herrn Karl-Heinz Richert, im Hinblick auf anstehende gravierende bauliche Veränderungen im Altstadtbereich, eine Skizzensammlung von typischen Objekten der Menderner Geschichte anzulegen. Wegen der überörtlichen Bedeutung nahm das Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Münster nahezu die Hälfte aller Zeichnungen in seine Sammlung auf.
Am 25.10.1995 fand die Eröffnung der Ausstellung „Menden in Geschichte und Gegenwart“ mit Zeichnungen von Karl-Heinz Rickert im alten Ratssaal in Menden statt.
Am 08.02.1998 stirbt Karl-Heinz Rickert. Am 19.04.2008, 10 Jahre nach dem Tod von Karl-Heinz Rickert, stiftet sein Sohn Michael Rickert dem Museum für Stadt- und Kulturgeschichte Menden die Werke seines Vaters.
Michael Rickert wurde 1953 in Wimbern, jetzt Wickede, als Sohn der kath. Eheleute Rektor Karl-Heinz Rickert und Gisela Rickert geboren, aufgewachsen in Menden.
1973-1980 Studium an der Staatl. Kunstakademie Düsseldorf, Institut für Kunsterzieher, Münster in den Klassen Udo Scheel, Norbert Tadeusz und Jochen Zellmann•
1976-1981 Kunstlehrer am Heilig-Geist-Gymnasium, Menden, und Schillergymnasium, Münster
1982 bis heute Bischöfliches Kardinal-von-Galen-Gymnasium, Münster, Fächer: Kunst und Erdkunde, heute Oberstudienrat i.K.
1983 Stipendium der Aldegrever-Gesellschaft, Münster
Bis heute zahlreiche Ausstellungen.
Auf den Punkt gebracht könnte man Michael Rickerts künstlerische Arbeit als Prozess der Sinnfindung, des immer wieder neuen Experimentierens und Entdeckens bezeichnen. Auf den ersten Blick sind seine großformatigen Gemälde, Tafelbilder und Triptychen – letztere verweisen nicht von ungefähr auf Altarbilder – in ihrer Bildaussage abstrakt und offen. Zugleich bieten sie stoffliche Präsenz.
Rickert gilt unter Kunstfreunden als Alchemist. Er experimentiert, malt im Wortsinn kreuz und quer, lässt den gesamten Farbkosmos in pastosen Schichten aufscheinen, arbeitet unterschiedliche Materialien in die Bilder ein, seien es Blütenblätter, Samenkörner oder kleine Tierskelette. Auf den Bilderflächen entstehen Strukturen, feine Materialansammlungen und Muster. Der Blick des Betrachters geht in die Tiefe, er sucht Halt und Sinn, er begibt sich auf Entdeckungsreise und Sinnsuche.
Bei Rickert steht die Neugier im Mittelpunkt. Wie ein Alchemist experimentiert er mit seinen Farben und unterschiedlichen Materialien. Er setzt sie einem fortwährenden Stresstest aus. Farbexplosion, Farborgie, Farbenspiel – es gibt gleich mehrere Synonyme, die einem unmittelbar in den Sinn kommen.
Wenn man die Arbeiten des Künstlers Michael Rickert zum ersten Mal betrachtet, ist ihre auffallende und sehr spezielle Farbigkeit das Merkmal, das einen unmittelbar anspringt. Meist ist bei den Gemälden die Farbe dick aufgebracht. Bis zu 30 Schichten liegen übereinander, aufgetragen in einem ebenso mühevollen wie zeitaufwendigen Prozess. Das legen alleine schon die mitunter wochenlang dauernden Trocknungszeiten der Farben, Lösungsmittel und Lasuren nahe.
Mal arbeitet Michael Rickert mit Ölfarbe wie die klassischen Meister, mal mit Acryl-, mal mit Binderfarbe, vielfach auch mit einer Mischung aus allen diesen. Die Wirkung indes ist verblüffend. Der Betrachter erlebt eine ungeheure Farbtiefe. Die Dreidimensionalität des Farbauftrages korrespondiert je nach Lichteinfall mit einem geheimnisvollen Schimmer und seidigen Glanz, der einen ganz ähnlich wie bei dem Edelstein Tigerauge in einen anderen Raum blicken lässt.
Am 7. Mai fand die Eröffnung der Ausstellung „Heimaten“ zum 25. Todestag von Karl-Heinz Rickert und zum fast 70. Geburtstag von Michael Rickert statt.
Die Begrüßung von „Heimaten“ fand durch Dr. Roland Schröder, Bürgermeister der Stadt Menden, statt. Ehrenvorsitzender des Museums- und Heimatvereins Menden/Sauerland Rudi Düppe begrüßte alle Anwesenden und erzählte von Karl-Heinz und Michael Rickert, ebenso tat dies Museumsleiterin Jutta Törnig-Struck. Musikalisch begleitet wurde die Eröffnungsfeier von Jonas Struck, Sohn von Frau Jutta-Törnig-Struck, am Flügel.
Die Ausstellung „Heimaten“ kann auf Gut Rödinghausen zu folgenden Öffnungszeiten besucht werden: Mi und Do, 9.00 bis 17.00 Uhr, Sa und So, 10.00 bis 18.00 Uhr. An Feiertagen geschlossen.
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