Geierabend noch bis Aschermittwoch

Dortmund – Der Geierabend ist nach drei Jahren aus der Asche des Potts wieder auferstanden. Die Premiere des Programms “Den ham wa uns verdient” am 5. Januar erfreute ein ausverkauftes Haus im LWL-Museum Zeche Zollern mit einem Alternativkarneval der besonderen Art.  30 Ausgaben sind geplant und dies im historischen Ambiente der alten Zeche, in deren Lohnhalle in der Pause Currywurst und Dortmunder Bier auf die Hand gibt.

Geierabend

Der Geierabend auf Zeche Zollern in Dortmund liefert in grauen Krisen- und Kriegszeiten ein herzerfrischendes alternatives Kabarett. Foto busseniusreinicke

Wie erfrischend und tiefgründig präsentierte sich da ein bestens gelauntes Ensemble mit kokettem Wortwitz und einer gehörigen Portion Ruhrpott-Charme und lieferte eine  neue Auflage des Pottkarnevals mit so ziemlich allen Themen, die die gutbürgerliche und denkende Seele derzeit so braucht. „Wir können uns nicht alle den ganzen Winter in Schutzräumen um Teelicht-Öfen versammeln und auf Frontberichte starren“, meint Steiger, „wir alle haben eine Sehnsucht nach kleinen Glücksmomenten und Lachen.“

Der Glücksmoment dauert gute dreieinhalb Stunden. Und ja, es ist zum Geiern. Comedy, Kabarett und Karneval – darin sind sie fit, das verjüngte Ensemble mit Präsi Roman Marczewski, Steiger und Sitzungspräsi Martin Kaysh, Silvia Holzhäuser, Angelo Enghausen, Sebastian Thrun und Sandra Schmitz. Unterstützt werden sie von einer vierköpfigen Band, bei der sogar eine Tuba mitbläst. Kreativ in der Wortfindung, äußerst scharfzüngig und mit einem gehörigem Schuss Zynismus macht man sich Gedanken darüber, wie sinnvoll es ist, ein AKW vom Homeoffice aus zu steuern, was man sich für echte Kohle mittlerweile kaufen kann oder was die Grünen da alles so treiben. Auf der Südtribüne machen sich die Fans Gedanken über die tiefen Mentaltäler des BVB, Mehrfachmutter Jessica zeigt den Reichen, wie man mit wenig viel bekommt und mit vier Blagen nebst Hundeschwimmen auch noch Urlaub zwischen Balkongo und Kloronto hinbekommt. Ach so, ein Land mit K? Kaufland. Gags über den Bildungsstand und die Politik kommen pointiert geschossen, mit großem schauspielerischem Talent.

Geierabend

Beim Finale erntete das Ensemble des Geierabends frenetischen Applaus. Foto busseniureinicke

Höhepunkt: der diesjährige Geier-Orden “Pannekopp” geht an die Grünen-Abgeordnete Claudia Roth, die ein Bundesinstitut für Fotografie lieber in Düsseldorf als im Essener Ruhrpott-Milieu angesiedelt haben möchte. Und das, obwohl im grünen Essen alle Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Das Publikum hat entschieden. Ob sie zur Preisverleihung an Veilchendienstag kommt, fragt sich das Ensemble. Der von Steiger Kaysh aufgestellte Genderstern rettet schon mal viele Minuten an Zeit für viele Botschaften. Hinterfragt werden die WM in Katar und  100 Milliarden Euro für Sonderausstattungen im Leo II, Lieferkettenprobleme und natürlich den Ruhrpott. Gut weg kommt dabei Dortmunds Partnerstadt Recklinghausen, die mit den Ruhrfestspielen und Promis wie Ralf Möller gar nicht mal so schlecht dasteht. Wie herzergreifend fasst Angelo als Forrest Gump da den oft unterschätzten Pott in all seiner Doppeldeutigkeit zusammen: “Meine Mama hat immer gesagt, das Leben ist wie eine Currywurst. Man weiß nie, was drin ist”.  Der Geierabend ist eine echte Alternative zum grauen Krisen- und Kriegswinter. Lohnt unbedingt.

Marion Heier  

Karten unter http://www.geierabend.de

 
 

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