Unser täglich Brot gib uns heute

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Münster: Unser täglich Brot – lecker, bekömmlich und gesund soll es sein. Die Vollkornbäckerei CIBARIA in Münster gehört zu den besten in ganz Deutschland. Hier werden ausschließlich Rohstoffe verwendet, die nach ökologischen Richtlinien hergestellt wurden. Der Vorzeigebetrieb startete vor mehr als 25 Jahren. Westfalium-Autor Jörg Bockow sprach mit der Gründerin und Geschäftsführerin Rike Kappler.

Täglich Brot

Mit Leidenschaft für gutes und gesundes Brot: Rike Kappler gründete zusammen mit ihrer Kollegin vor über 25 Jahren die ökologisch-biologische Vollkornbäckerei CIBARIA in Münster

Eigentlich wollte sie Journalistin werden, studierte Publizistik, Philosophie und Volkswirtschaft. Doch bereits während des Studiums buk sie in ihrer WG gerne ebenso gesundes wie leckeres Brot. Den Teig mischte und knetete sie in einer Baby-Badewanne. Natürlich aus biologisch angebautem Schrot und Korn, mit Sauerteig und aus ökologischer Überzeugung. Heute ist Rike Kappler gelernte Bäckermeisterin – „spät berufen“, wie sie scherzhaft sagt – und seit 1990 Geschäftsführerin von CIBARIA, der Ökologisch-biologischen Vollkornbäckerei in Münster. Bäckerin ist sie immer noch mit Leib und Seele, auch wenn sie seit zehn Jahren als Chefin den Betrieb managt und keine Brote mehr in den Ofen schiebt.

Der Vorzeigebetrieb beschäftigt 48 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mehrheitlich Frauen. Pro Woche werden für unser täglich Brot rund fünf Tonnen Getreide aus biologischem Anbau verarbeitet, frisch vermahlen und als Hefe- oder Sauerteig gebacken. Arbeitsweise, Qualität und Geschmack sind mit mehreren Siegeln ausgezeichnet. CIBARIA wird vom FEINSCHMECKER und von Slow Food empfohlen. Mehr Lob geht nicht.

Die Backstube der Manufaktur ist knapp bemessen. Auf nur 600 Quadratmetern Produktionsfläche entstehen in fünf Öfen 40 unterschiedliche Brotsorten, 20 Brötchensorten und eine ganze Palette von süßen Sachen, Teilchen, Kuchen und Kekse. „Ob vegan, milch-, weizen- oder glutenfrei, ob Nuss, Mohn, Mandel oder Apfel – bei uns findet jeder das passende Brot“, sagt Rike Kappler. Die Begeisterung für eine nachhaltige und ökologische Produktionsweise ist überall zu spüren. Von der Backstube bis hin zum Marktstand wird das Motto gelebt: „Wir backen für Ihr Leben gern!“

Westfalium: Was ist der Renner in Ihrem Sortiment, Frau Kappler?

Kappler: Ob Sie es glauben oder nicht: Es ist das Brot, dessen Rezeptur ich schon als Studentin entwickelt habe und das bereits damals das bevorzugte Brot all meiner Freunde war. Es ist das „7-Korn-Schrot“. Es besteht aus gesäuertem Roggen, Weizenvollkorn und es enthält Schrot von Hafer, Gerste, Reis, Mais und Hirse – gewissermaßen ein- mal über den Globus.

Westfalium: Was ist das Besondere von CIBARIA?

Kappler: Wir arbeiten für ein gutes Leben – für das der Gesellschaft, für unsere Kunden und für uns selber. Bei uns ist alles bio und ökologisch. Unser Roggen, Weizen und Dinkel wird regional angebaut. Wir verzich- ten auf Chemie und Backmittel – Sachen, die der Mensch nicht braucht. Wir setzen das frisch vermahlene Mehl mit leben- digen Hefen und lebendigem Sauer an. Und wir lassen dem Teig Zeit, sich zu entwickeln. Unser Brot ist gesund und bekömmlich, es hält lange frisch und unsere Produktionsweise ist ressourcenschonend und nachhaltig.

Westfalium: Der Schritt in die Selbstständigkeit war ein Risiko. Was hat Sie motiviert?

Kappler: Am Anfang standen viele Herausforderungen. Als wir 1990 zu viert gestartet sind, gab es nur eine kleine Zahl von Landwirten, die biologisch gearbeitet haben. Wir haben Neuland betreten. Inzwischen sind es deutlich mehr. Was mich angetrieben hat, war die Idee gemeinschaftlich, in einem Team, zu arbeiten, damit etwas zu bewegen und zu verän- dern. Wir sind stolz darauf, Teil einer ökologischen Bewegung zu sein.

Westfalium: Die Deutschen sind Weltmeister im Brotbacken. Man sagt, hierzulande werden rund 300 Brotsorten hergestellt. Aber schon an der Landesgrenze ändert sich der Geschmack. Wie kommt das?

Kappler: Brot ist Teil der Kultur. Es gibt selbst in Deutschland viele regionale Unterschiede. Sie sind historisch gewachsen. Was uns schmeckt, haben wir von Kindesbeinen an mitbekommen. Wahrscheinlich ist es das, warum viele Menschen in Holland, Frankreich oder England mit der Vielfalt unserer Brotsorten gar nicht zurechtkommen. Die Liebe zum Brot muss gelernt werden.

Täglich Brot

Was uns schmeckt, haben wir von Kindesbeinen an mitbekommen. Brot ist Teil der Kultur. Es gibt selbst in Deutschland viele regionale Unterschiede. Sie sind historisch gewachsen. Die Liebe zum Brot muss gelernt werden – Fotos Philipp Sommer

Westfalium: Wie ändert sich der Geschmack für unser täglich Brot aus Ihrer Sicht?

Kappler: Der Snackbereich und Fast Food nehmen stark zu. Darüber findet eine Assimilierung der Essgewohnheiten statt. Die gefälligen Brotsorten – vorzugsweise aus Weizen – sind im Vormarsch. Denken Sie nur an belegte Baguettes, Toasts, Focac- cia, Fladenbrot für Döner und die Brötchen für einen Hambur- ger. Die sind ja im Vergleich zu einem Sauerteigbrot von einer zurückhaltenden Aromatik, um es vorsichtig auszudrücken. Roggen- und Roggenmischbrote gehören jedenfalls nicht mehr zum Mainstream.

Westfalium: Parallel dazu findet in einem Teil der Gesellschaft eine stärkere Orientierung zu mehr Gesundheit statt. Es gibt viele neue Trends in der Ernährung. Stichworte sind „vegan“, „glutenfrei“, „low carb“ und „weizenfrei“. Müssen Sie alle diese Trends mitmachen?

Kappler: Da, wo es sinnvoll ist, sind wir dabei. Gesundheit ist uns ein wichtiges Gut. Aber: Wir sind mit unserem biologisch-ökologischen Anspruch, der Verarbeitung von verschiedenen Getreidesorten und mit unserer speziellen Arbeitsweise selber Trendsetter. Wir haben es mit der geschmacklichen und sinnlichen Qualität unserer Biobrote sogar in den „FEINSCHMECKER, zu Slow Food geschafft und viele Auszeichnungen errungen. Darauf sind wir stolz. Aber wir machen nicht jeden Hype mit. Das kohlenhydratfreie Eiweißbrot wird es bei uns nicht geben. Wir sind Vollkorn-Bäckerinnen. Wir sehen Brot als Lieferant für Kohlenhydrate. Das ist unsere Kernkompetenz. Darin sind wir gut.

Westfalium: Gerade schwappt aus Amerika ein neuer Hype auf uns zu. Es wird vor der „Weizenwampe“ gewarnt. Was halten Sie davon?

Kappler: Es ist eine starke Verkürzung. Weizen ist nicht gleich Weizen. Es gibt weit mehr als 100 verschiedene Sorten. Ein Teil davon ist hochgezüchtet. Dort ist in der Tat ein Zusammenhang mit Fettleibigkeit und der Zunahme von Glutenunverträglichkeit zu beobachten. Wir verwenden stattdessen Korn von Biolandwirten. Die haben sich auf die Kultivierung von alten Sorten spezialisiert, die besonders gut im ökologischen Anbau – sprich ohne Kunstdünger – gedeihen. Die Weizensorte Wiwa hat beispielsweise ganz andere Eigenschaften. Dort haben wir es nicht mit derartigen Nebenwirkungen zu tun. Wir vermahlen das ganze Korn und damit bleiben alle Nähr- und Ballaststoffe im Brot. Es ist bekömmlich und gut verdaulich. Damit sind wir aus der Nummer mit der „Weizenwampe“ raus. Mit unseren Weizenvollkornbroten kann man ein gesundes, sportliches und schlankes Leben führen.

Westfalium: Darüber hinaus verstehen Sie sich als Teil einer nachhaltigen und ökologischen Produktionsweise?

Kappler: Der Zusatznutzen unserer Arbeitsweise ist, dass wir mit unseren Backwaren die ökologische Landwirtschaft fördern. Die Böden, auf dem unser Getreide wächst, werden nicht mit Kunstdünger und Pes- tiziden belastet. Das kommt der Ökologie zugute. Das freut die Wasserwerke, die weniger Auf- wand betreiben müssen, um die Giftstoffe wieder aus dem Trinkwasser herauszubekommen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist unsere ökologische Bilanz positiv. So gesehen ist unser Verständnis von Gesundheit weit gefasst. Es geht nicht nur um die Gesundheit der Kunden, die unsere gesunden Brote essen, es geht auch um die Gesundheit unserer Umwelt.

Westfalium: Der Markt für Brot und Backwaren ist seit einigen Jahren in Bewegung. Wir beobachten eine Differenzierung, weitere Konzentration und einen Verdrängungswettbewerb. Die Zahl der Selbst- bedienungs- und Billigbäckereien nimmt zu. Namhafte Bäckereien und Konditoreien verschwinden vom Markt. Wie will CIBARIA unser täglich Brot zukünftig backen?

Kappler: Noch ist nichts spruchreif, aber es gibt Pläne. Wir schauen optimistisch in die Zukunft. An diesem Standort können wir nicht weiter wachsen. Hier sind wir an unsere Kapazitätsgrenzen angelangt. Wenn wir unseren Vertrieb erweitern wollen, dann brauchen wir eine neue Produktionsstätte. Mehr möchte ich derzeit noch nicht verraten.

Westfalium: Wo können Kunden Vollkornbrote von CIBARIA kaufen?

Kappler: Wir haben in der Bremer Straße unsere einzige Filiale. Darüber hinaus gehen zwei Drittel unserer Produktion an Wiederverkäufer wie Hofläden, Biogeschäfte oder in die Filialen der Super-Bioladen-Kette. Wir selbst stehen mit unserem Marktstand auf 18 Märkten und bieten unsere Backwaren dort direkt an.

Westfalium: Im Vaterunser, dem wichtigsten Gebet des christlichen Glaubens, lautet eine Fürbitte „Unser täglich Brot gib uns heute“. Was bedeutet diese Zeile für Sie?

Kappler: Brot ist ein Lebensmittel mit einer hohen Symbolkraft. Die Betonung liegt für mich auf „Leben“. Brot steht für satt werden. In Europa ist Brot das Grundnahrungsmittel Nummer eins. Übrigens knüpfen wir mit unserem Firmennamen bewusst daran an. CIBARIA ist Lateinisch und es heißt: Nahrung und Wegzehrung.

CIBARIA Ökologisch-biologische Vollkornbäckerei GmbH, Bremer Str. 56, 48155 Münster, Tel. 0251/67547, www.cibaria.de

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