Masematte ist eine Geheimsprache, weiß der Kiepenkerl: Masematte ist ein alter Dialekt der Händler, Arbeiter, Gauner und Hausierer, der in den Arbeitervierteln von Münster gesprochen wurde. Der Name geht zurück auf die jiddischen Worte „masso umattan“ und bedeutet Verhandlung.
Der schichtspezifische Sonderwortschatz umfasste etwas über 500 Wörter und wurde in Verbindung mit der ortsüblichen Umgangssprache gesprochen.
Masematte diente der Abschirmung von Außenstehenden im Handel und bei der Abwicklung von Geschäften, sowie gegenüber der Polizei. Die Geheimsprache verdunkelte den wahren Inhalt der Unterhaltungen für Außenstehende.
Masematte wurde vorwiegend von Männern gesprochen und war hauptsächlich bekannt in den münsteraner Stadtgebieten Kuhviertel, Sonnenstraßenviertel, Pluggendorf und „Klein-Muffi“ (Herz-Jesu-Viertel). Viele Bewohner dieser Viertel waren Juden, Sinti und Roma. Sie vermengten das Deutsche mit Vokabeln ihrer eigenen Sprachen – nicht nur, um bei ihrem (nicht immer ganz koscheren) Tun von Fremden nicht verstanden zu werden, sondern auch wegen des besseren Zusammengehörigkeitsgefühls.
Masematte gehört zu den Dialekten des Rotwelschen und ist seit 1870 in schriftlichen Quellen belegt. In ihrer ursprünglichen Funktion ist es seit dem Zweiten Weltkrieg wegen der Verfolgung und Ermordung der Sprechenden und der Zerstörung ihrer Stadtviertel weitgehend verschwunden.
Bis in die 1960er Jahre wurde Masematte noch im Kreis von Bauarbeitern als lebendige Sprache gesprochen.
Folgende Masemattewörter haben sich bis heute im alltäglichen Sprachgebrauch der Münsteraner eingenistet und sind zum umgangssprachlichen Allgemeingut geworden:
jovel (gut, prima)
schofel (mies, schlecht)
kneistern (schauen, wahrnehmen)
Knies (Ärger)
koscher (geeignet, zugelassen)
meimeln (regnen, es meimelt)
Leeze (Fahrrad)
Seeger (junger Mann)
Kaline (junges Mädchen)
Lowine (Glas/Flasche Bier)
Patte (Geldbörse)
Schickermann (schicker betrunken Mann)
Beis (Haus)
Schontebeis (Klohäuschen/Toilette)
Kabache (Bude)
Koten (Kind)
Plinte (Hose)
Laumalocher (fauler Arbeiter)
Zaster (Geld)
Zinken (Nase)
Brassel (Ärger)
Häufig fallen in der Unterhaltung unbemerkt Worte wie Leeze, Patte, meimeln oder Maloche. So halten viele Menschen das Masematte am Leben, ohne es zu wissen.
Da Masematte schon früher eher eine gesprochene als geschriebene Sprache war, blieb in Münster ein eng begrenzter Wortschatz lebendig.
Durch die Kombination einzelner Worte lassen sich ganz einfach neuzeitliche Begriffe in Masematte übertragen:
Alarmanlage („Bunkenbremse“ = Bunke Ganove, Bremse)
Ampelkoalition („Kimmelfigine“= Kimmel dreier, figine Theater)
Autobahn („Tackostrehle“= tacko schnell, Strehle Straße)
Bank („Balachesenbeis“ = Balachesen Geld Beis Haus)
Computer („Multimänglowierer“= Multi mehrfach, mänglowieren bewerkstelligen)
E-Bike („Schmackesleeze“ = Schmackes Kraft/Energie, Leeze Fahrrad)
Einkaufswagen („Bickerwuddi“ = bicken kaufen, Wuddi Wagen/Auto)
Euro („Multiknete“ = Multi mehrfach, Knete Geld)
Fitnessstudio („Schmackeskabache“ = Schmackes Kraft/Energie, Kabache Raum)
Geldautomat („Schotterschucker“ = Schotter Geld, schucken geben)
Homeoffice („Beismaloche“ = Beis Haus/Zuhause, maloche arbeiten)
Krankenhaus („Chaulebeis“ = chaule krank Beis Haus)
Outsourcing („Malochenexport“ = malochen arbeiten, Export Ausfuhr)
Parkhaus („Woddibeis“ = Woddi Auto, Beis Haus)
Schnellimbissbude („Tackoachilkabache“ = tacko schnell, achilen essen, Kabache Bude)
Schuldenbremse („Malmenkapore“ = Malme Arbeit Kapore Deckel)
SUV („Schummwuddi“ = schumm groß/fett, Woddi Auto) oder
(„Kalinenpanzer“ Kaline Frau Panzer)
Vegetarier („Boselauloneachiler“ = Bose Fleisch laulone nicht achiler Esser)
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