Stalag 326 – Ausstellung in Herne

Herne – Stalag 326 bei Stukenbrock war während des Zweiten Weltkrieges mit über 300.000 durchgeschleusten sowjetischen Kriegsgefangenen das größte “Stammlager” dieser Art im Deutschen Reich. Das “Russenlager” war zentrale Drehscheibe für die “Versorgung” mit Zwangsarbeitern auf Bauernhöfen und Fabriken in Westfalen und im Rheinland. Auf dem nahegelegenen Ehrenfriedhof sowjetischer Kriegsopfer sind Tausende Tote begraben.

stalag 326

Mahnmal für ermordete sowjetische Kriegsgefangene in Schloss Holte-Stukenbrock – Foto Wikimedia/Tsungam

Die Studioausstellung “Überleben!” im LWL-Museum für Archäologie in Herne zeigt bis zum 26. Mai Fundstücke und Untersuchungsergebnisse zur gruseligen Geschichte des Gefangenenlagers in der Senne.

Überleben! ist Teil der aktuellen Sonderausstellung “Modern Times” über archäologische Funde der Moderne in dem Herner Museum. “Die zirka 75 Funde und Fundkomplexe, darunter über 1.000 Erkennungsmarken der Häftlinge, zeugen eindrucksvoll vom Schicksal der Menschen, die hier während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert waren – und von ihrem Kampf ums Überleben”, erklärt dazu  LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger. “Wir wollen die Erinnerung an die Geschichte von Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit in der NS-Zeit wach halten und damit ein Zeichen setzen in Zeiten, da der Krieg nach Europa zurückgekehrt ist.” Aus diesem Grund soll in den nächsten Jahren auf dem ehemaligen Lagergelände ein Dokumentationszentrum und eine Gedenkstätte entstehen.

Stalag 326

Mit eingeritzten Verzierungen markierten die Gefangenen in Stalag 326 ihr Aluminium-Feldgeschirr – Foto LWL/ S. Brentführer

“Eine Herausforderung für die LWL-Archäologie für Westfalen bildet sicherlich die Masse an Funden, ihre Aufbewahrung und Konservierung, darunter allein ein Berg von über 1.000 Schuhen aus der sogenannten Nachnutzungszeit des Lagers”, führt LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind weiter aus. Ab Anfang April 1945 internierte die US-Armee auf dem 400.000 Quadratmeter großen Gelände für kurze Zeit deutsche Kriegsgefangene. 1946/47 nutzten die Briten das Lager zur Internierung von ranghohen Nationalsozialisten und Kriegsverbrechern. Im Anschluss wurden in den Unterkünften Flüchtlinge und Vertriebene untergebracht. Seit 1970 befindet sich auf dem ehemaligen Lagergelände ein Polizeiausbildungsinstitut.

Mit den Studioausstellungen wollen die LWL-Archäologen einzelne Aspekte ihrer Arbeit stärker herausstellen. Museumsleiterin Dr. Doreen Mölders: “Da wir uns in der Sonderausstellung ‘Modern Times’ nicht nur nationalen, sondern auch internationalen Bodendenkmälern widmen, haben wir uns entschieden, mit einzelnen Studioausstellungen zusätzlich regionale Schwerpunkte zu setzen.” So könne man den Besuchenden den archäologischen Standort Westfalen-Lippe in all seinen Facetten näher bringen. “Nach der Studioausstellung zu den Kriegsendphaseverbrechen im Arnsberger Wald zeigen wir wieder eine Schau, die aufwühlt. Berührende Funde in der aktuellen Studioausstellung gibt es viele, besonders hervorzuheben ist sicherlich das Alugeschirr mit den teilweise sehr persönlichen Ritzzeichnungen der Gefangenen.” Das können Namen und Daten sein oder Landschaften. Mölders: “Weil Essgeschirr so essentiell für das Überleben war, wird es nach dem Tod häufig weitergenutzt und von den Kriegsgefangenen mit neuen Zeichnungen überschrieben.”

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Im LWL-Museum für Archäologie in Herne geht es in klimatisierten Räumen durch die Geschichte Westfalens – Foto LWL

Außerdem zeigt das LWL-Museum für Archäologie und Kultur in der Studioausstellung Objekte, die der “Förderverein Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne e. V.” zur Verfügung stellt. Dabei handelt es sich um selbst hergestellte kunsthandwerkliche Gegenstände wie einen Holzteller, ein Strohkästchen oder ein Gemälde. Mölders: “Sie stammen von Kriegsgefangenen, die aufgrund ihrer künstlerischen oder handwerklichen Fähigkeiten beauftragt wurden, entsprechende Gegenstände für die Nationalsozialisten herzustellen. Nur so konnten sie ihr Überleben sichern.”

LWL-Museum für Archäologie und Kultur, www.lwl-landesmuseum-herne.de

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