Mensch und KI arbeiten zusammen

Mensch und KI arbeiten zusammen: Bundesminister Heil prämiert Forschungskonzept, das kooperative Zusammenarbeit von Mensch und Künstlicher Intelligenz verbessern möchte.

Mensch und KI arbeiten zusammen

In der Feldstudie sollen unter anderem Smartwatches zum Einsatz kommen, die von Beschäftigten getragen werden und Daten im Arbeitsprozess erfassen – Foto Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Der vermehrte Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt bringt neue Herausforderungen mit sich. An der FH Bielefeld untersucht Prof. Dr. Thomas Süße, wie sich chronischer oder akuter Stress in der Mensch-KI-Interaktion nachhaltig vermeiden lässt. Dafür arbeiten Mensch und KI zusammen. Die Projektidee wurde nun vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgezeichnet.

Am Schreibtisch gibt der Computer Tipps für effizienteres Arbeiten und nach Feierabend erinnert die Smartwatch daran, dass unser Trainingsziel für den Tag noch nicht erreicht ist. Im Internet assistiert uns die virtuelle Beraterin, die dann doch nicht genau versteht, was wir brauchen. Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt unsere Arbeits- und Privatwelt immer mehr. Nicht selten reagieren wir darauf mit Stress, weil wir überfordert sind von den zusätzlichen
Ansprüchen, die die Technik zunehmend an uns stellt.

Mensch und KI arbeiten gut zusammen

Prof. Dr. Thomas Süße lehrt Personal und Organisation am Campus Gütersloh der FH Bielefeld und leitet das Projekt “Konstruktive Mensch-KI-Kooperation” – Foto Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Im Projekt „Konstruktive Mensch-KI Kooperation“ untersucht Prof. Dr. Thomas Süße von der Fachhochschule (FH) Bielefeld gemeinsam mit Partnern aus
Hochschulen und Praxis, wie sich dieser Stress vermeiden lässt. Der Ansatz: Mensch und Ki arbeiten zusammen. KI stärker aus der Perspektive des Menschen denken, nicht umgekehrt. In dem Projekt sollen daher unter anderem Smartwatches eigesetzt werden, um den Stresslevel von Beschäftigten im Arbeitsalltag messen zu können und Ursachen für Stress besser verstehen zu können.

Auszeichnung bei der Civic Innovation Plattform
Mit der Idee war das Projektteam jetzt erfolgreich beim Ideenwettbewerb der Civic Innovation Platform (CIP), einem Projekt der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Die Plattform möchte dazu beitragen, Menschen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft miteinander zu vernetzen, um mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz neue Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und Bedarfe zu entwickeln.

Insgesamt 25 Ideenskizzen wurden am 10. März im Rahmen einer virtuellen Preisverleihung von Bundesminister Hubertus Heil ausgezeichnet. Laut Heil
zeigen die Projekte, dass aus technischem Fortschritt auch sozialer Fortschritt folgen könne. Dafür müssten zunächst aber auch Ängste gegenüber Künstlicher Intelligenz abgebaut werden.

Menschenzentrierte KI-Einbindung
Eine Ansicht, die auch Prof. Süße teilt: „KI kann vieles im Arbeitsalltag erleichtern und unter anderem auch einen wichtigen Teil zur Betriebsgesundheit leisten, wenn wir sie bewusst einsetzen. Wir dürfen nicht die gleichen Fehler wie zu Beginn der digitalen Transformation machen, wo Technik oft am Menschen vorbei entwickelt und eingesetzt wurde. KI und Mensch müssen stärker Hand in Hand arbeiten und lernen,“ so der Professor für Personal und Organisation am Campus Gütersloh der FH Bielefeld. Im Projekt werden dafür Kernkompetenzen aus der Wissenschaft mit Erfahrungen von Partnern aus der Wirtschaft gebündelt,  um den praxisnahen „down to earth“ Ansatz konsequent zu verfolgen.

Mensch und Ki in guter Kooperation

Das Projekt “Konstruktive Mensch-KI-Kooperation” wurde beim Ideenwettbewerb der Civic Innovation Platform (CIP), einem Projekt der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ausgezeichnet – Foto Patrick Pollmeier/FH Bielefeld

Als Projektleitung koordiniert Prof. Süße das Projekt gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Dr. Maria Kobert. Weitere wissenschaftliche Unterstützung erhält die FH Bielefeld durch Forschende der Universität Hohenheim und der FOM Hochschule Münster. Die Start-Ups AiZUBU und ARTiTEX bringen ihre Erfahrungen aus der Entwicklung und Implementierung von KI in Betrieben mit ein: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer könnten dabei beispielsweise Smartwatches tragen, um Daten im Arbeitsprozess zu erfassen. Die intelligenten Uhren könnten dann erkennen, in welchen Situationen in der Zusammenarbeit mit KI akute Stresssymptome auftreten. Dadurch werden konkrete Auslöser für sogenannte „Fehlbeanspruchungen“ in der Mensch-KI-Kooperation identifiziert. Anhand der Ergebnisse wollen die Forschenden schließlich Empfehlungen aussprechen, wie sich KI möglichst menschenzentriert gestalten und einsetzen lässt.

Mit der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld und dem Unternehmen youCcom sind außerdem erfahrene und vernetzte Transferpartner für die professionelle Verbreitung der Erkenntnisse mit im Boot. Sie sollen die Ergebnisse zum Beispiel in Form von Schulungen an Mitarbeitende, Führungskräfte oder Personalabteilungen weitergeben und somit nachhaltige Rahmenbedingungen schaffen, um KI menschenzentrierter in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Mensch und Maschine müssen voneinander lernen
Ein wesentliches Problem im Einsatz von Künstlicher Intelligenz sieht Prof. Süße darin, dass diese überwiegend noch vor dem echten Praxiseinsatz mit Informationen gefüttert wird. Welche Folgen das mit sich bringen kann, zeigte sich 2014 bei Amazon, als eine KI geeignete Bewerberinnen und Bewerber auswählen sollte: Durch die Daten, mit denen die Künstliche Intelligenz gefüttert wurde, lernte diese, dass in der Technikbranche mehr Männer arbeiten und schlussfolgerte, dass Bewerbungen von Männern zu bevorzugen seien. Prof. Süße: „Genau an der Stelle muss man der KI systematisch Rückmeldung geben können und ihr mitteilen, dass das Geschlecht keinen entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung haben sollte. Und schon stünden wir im konstruktiven Diskurs mit der KI. Dieser gemeinsame Lernprozess macht die Technik folglich menschenzentrierter, freiheitlicher und nich einengend, sondern die menschlichen Fähigkeiten ergänzend.“ Dafür müssen Menschen zunächst allerdings besser befähigt werden, reflektierter mit der KI umzugehen, und ein Feedback geben, das die Technik auch verarbeiten kann.

Für den zukünftigen Diskurs mit KI muss der Mensch offen sein für die Zusammenarbeit mit der digitalen Kollegin, so Süße: „Für den Arbeitsplatz bedeutet
das, dass Beschäftigte die Impulse der Künstlichen Intelligenz konstruktiv aufnehmen und als Unterstützung eigener fortlaufender Lernprozesse interpretieren müssen.“ Das ist nicht immer einfach: „Wenn ein Mitarbeiter lange in einem Betrieb arbeitet und auf einmal eine KI vorgesetzt bekommt, die ihm vermeintlich seinen Job erklärt, kann auch das chronischen oder akuten Stress auslösen“, meint Süße. Im Projekt sollen dafür konkrete Maßnahmen entwickelt werden, die Menschen zu einer nachhaltigen und effektiven Zusammenarbeit mit der KI befähigen. Süße: „Wir wollen zu einem ganzheitlichen Verständnis von KI beitragen, Ängste nehmen und Menschen dabei unterstützen, ihren Platz in einer modernen Welt zu finden.“

Über die Civic Innovation Platform:
Die Civic Innovation Platform ist ein Projekt der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Grundlage
des Projektes ist die Nationale Strategie für Künstliche Intelligenz der Bundesregierung, in der sich diese u. a. dazu verpflichtet, Künstliche Intelligenz „verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert“ zu entwickeln und zu nutzen und „im Rahmen eines breiten gesellschaftlichen Dialogs und einer aktiven politischen Gestaltung […] ethisch, rechtlich, kulturell und institutionell in die Gesellschaft“ einzubetten. In diesem Sinne zielt das Projekt auf eine breite, sektorübergreifende gesellschaftliche Aneignung und Gestaltung der Technologie zum Nutzen des Allgemeinwohls.

 

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