NRW Flughäfen: Reicht einer für Westfalen?

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Schon vor der Corona-Krise lief es bei den NRW-Flughäfen eigentlich nur in Düsseldorf rund. Köln und Weeze konnten während der Umbauarbeiten in Düsseldorf dank der Billigflieger stark wachsen – nach der Wiedereröffnung des DUS Airport haben die Landeshauptstädter aber auch in diesem Segment mehr und mehr Kunden auf Kosten der Kölner und der Niederrheiner dazugewonnen.

Flughäfen NRW

Im Flugverkehr gab es in den vergangenen Jahren viele Pleiten – Foto FMO

Bei den westfälischen Flughäfen sah es schon vor Corona mau aus und die Seuche hat die Krise weiter verschärft: Der Paderborn-Lippstadt Airport musste Insolvenz anmelden, und auch beim Flughafen Münster/Osnabrück mehren sich angesichts der gähnenden Leere auf dem Flugfeld und im Terminal und immer neuer Kapitalspritzen von den öffentlich-rechtlichen Eigentümern die Stimmen für ein Ende mit Schrecken statt des gegenwärtigen Schreckens ohne Ende. Der Flughafen Dortmund hält sich bis jetzt vor allem dank osteuropäischer Fluglinien leidlich, muss aber jahr für Jahr von der finanziell nicht gerade auf Rosen gebetteten Stadt Dortmund mit Millionenbeträgen unterstützt werden.

Passagierzahlen Flughäfen NRW

2000200920182019
Dortmund1,1 Mio. (2001) 1,7 Mio. 2,3 Mio.2,7 Mio.
Lippstadt-Paderborn1,4 Mio. 1,0 Mio. 0,7 Mio. 0,7 Mio.
Münster-Osnabrück1,8 Mio.1,39 Mio.1,0 Mio.1,0 Mio.
Düsseldorf16 Mio.17,8 Mio.24,3 Mio.15,5 Mio.
Köln-Bonn6,4 Mio.9,7 Mio.13 Mio.12,4 Mio.
Niederrhein-Weeze
0,2 Mio. (2003)2,4 Mio.1,7 Mio.1,2 Mio.

Der Flugverkehr in Deutschland ist durch den Terroranschlag in New York 2001, die Folgen der globalen Finanzkrise 2007, erhöhte steuerliche Belastungen und jetzt durch die Corona-Krise schwer gebeutelt worden. Das allein kann die westfälische Flughafenmalaise aber nicht erklären. Die Ursachen scheinen struktureller Natur zu sein: „Aufgrund der starken Überschneidung beider Einzugsgebiete konkurriert Münster/Osnabrück insbesondere mit dem Flughafen Dortmund“, konstatierte Sören Gerkensmeyer schon 2007 in einem von der Geographischen Kommission für Westfalen veröffentlichten Artikel. Die beiden Flughäfen liegen nur circa 80 Kilometer voneinander entfernt, genausoweit ist der Weg von Münster/Osnabrück nach Paderborn/Lippstadt und von dort nach Dortmund. Von Paderborn/Lippstadt zum Flughafen Kassel-Calden ist der Weg sogar nur knapp 60 Kilometer weit. Hier wie dort gräbt man sich gegenseitig das Fluggastaufkommen ab und ist gezwungen, mit niedrigen Start- und Landegebühren um Fluggesellschaften zu konkurrieren.

Flughäfen NRW

Trotz Insolvenz soll es am Flughafen Paderborn/Lippstadt weitergehen – Foto Paderborn-Lippstadt Airport

Das Rheinland ist im Vergleich der NRW-Flughäfen besser aufgestellt: Obwohl die Bevölkerungszahl dort ungefähr genauso groß ist wie in Westfalen, gibt es hier nur zwei Flughäfen der ersten Kategorie, Düsseldorf und Köln/Bonn. Dabei ist das Fluggastaufkommen im Rheinland aufgrund der zahlreicheren international tätigen Großunternehmen wesentlich besser als in Westfalen. Und tatsächlich entwickeln sich die Airports in Düsseldorf und Köln/Bonn besser als ihre westfälischen Kollegen – weil sie die kritische Größe haben, die ein Engagement für Fluggesellschaften interessant macht und die Kosten des Flugbetriebs bezogen auf die Fluggastzahl in einen wettbewerbsfähigen Bereich bringt.

Zu viele Flughäfen in Westfalen

Anfang Dezember hat der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal neuen Schwung in die Diskussion über die NRW-Flughäfen gebracht: Er hat vorgeschlagen, dass die Airports Dortmund, Paderborn/Lippstadt und Münster/Osnabrück enger kooperieren und sogar gesellschaftsrechtlich zusammengeführt werden sollten. „Das könnte zum Beispiel unter dem Dach einer Holding geschehen. Danach muss man die Produkte der Standorte bewerten und neu sortieren”, erklärte Westphal gegenüber der Bild-Zeitung. Der Steuerzahlerbund NRW hatte ein ähnliches Konzept bereits im Sommer vorgestellt.

Eine Zusammenlegung der Verwaltung wird aber kaum ausreichen, um die westfälischen Flughäfen kostendeckend betreiben zu können, denn die Fixkosten für den Betrieb eines Flughafens sind massiv, große Ersparnisse und ein attraktiveres Angebot sind nur durch die Aufgabe eines oder mehrerer Standorte zu erreichen. Also künftig nur noch ein oder zwei Flughäfen für uns in Westfalen? In der Westfalium-Frühlingsausgabe 2018 wurde dieses Thema bereits eingehend beleuchtet. Zwei Konsolidierungsmöglichkeiten bieten sich an:

  1. Münster/Osnabrück und Lippstadt/Paderborn werden als Verkehrsflughäfen aufgegeben und Dortmund wird ausgebaut
  2. Dortmund wird als internationaler Airport aufgegeben und Münster/Osnabrück sowie Lippstadt/Paderborn werden ausgebaut. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile

Viele Argumente sprechen für Variante 1. Die Misere in Paderborn/Lippstadt ist offensichtlich – auch wenn die Fortführung des Südostwestfalen-Airports in der Insolvenz gerade gerichtlich abgesegnet wurde, ist die Zukunft des Flughafens auf der Bürener Hochebene alles andere als gesichert.

FMO-Kritiker melden sich zu Wort

Der Flughafen Münster/Osnabrück leidet auch unter den Auswirkungen der Corona-Krise – Foto FMO

In Münster ist es nicht viel besser. Viele nicht mehr existierende deutsche Fluglinien haben eines gemeinsam: Kurz vor ihrem Verschwinden verstärkten sie ihr Engagement am Flughafen Münster/Osnabrück. Anfang der Nuller-Jahre erkor die City-Air den Flughafen als Homebase – 2004 ging die Fluggesellschaft in die Insolvenz. Auch die Zusammenarbeit mit der deutschen British Airways-Tochter DBA endete mit dem Exitus dieser Fluggesellschaft. Air Berlin hatte in Münster/Osnabrück zeitweise sieben Flugzeuge stationiert und flog in enger Taktung sein Drehkreuz in Berlin-Tegel und die großen Ferienziele am Mittelmeer an. 2017 wehte die Berliner Luft nicht mehr, die Airline stellte den Geschäftsbetrieb ein. Gastspiele von Turkish Airlines und den Fluggesellschaften OLT Express oder Flybe waren von kurzer Dauer.

Flughäfen NRW

Die ungarische Wizz Air sorgt in Dortmund für Passagiere – Foto Dortmund Airport

Am dritten „großen“ westfälischen Flughafen in Dortmund sieht es besser aus: Die ungarische Wizz Air sorgt mit günstigen Flügen nach Osteuropa für Flugbewegungen und -gäste. Durch die Lage am Ostrand des bevölkerungsreichen Ruhrgebiets, die Nähe zum Kamener Autobahnkreuz und die zentrale Lage in Westfalen haben die Dortmunder gute Karten im westfälischen Airport-Vergleich.

Münster/Osnabrück und Paderborn/Lippstadt schließen?

Der Dortmunder Erfolg der vergangenen Jahre ist jedoch teuer erkauft: Die ohnehin klamme Stadt Dortmund hat allein in den Jahren 2012-2017 rund 80 Millionen Euro Subventionen in ihren Airport gepumpt. Außerdem sind die Ausbaumöglichkeiten in Dortmund begrenzt – schon jetzt gibt es Bürgerproteste wegen Fluglärm. Nachtflüge sind in Dortmund schwerlich möglich. In Münster-Osnabrück und Lippstadt-Paderborn gibt es weniger Beschränkungen; ine ordentliche Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr – zum Beispiel die Verlängerung des Rhein-Ruhr-Express RRX bis zu den Terminals  – könnte die beiden Airports auch für Fluggäste aus dem Ruhrgebiet attraktiv machen. Gewichtige Argumente für Variante 2.

Bahn-Anbindung ist entscheidend

So oder so: Wenn Westfalen in Zukunft im Wettbewerb der NRW-Flughäfen bestehen will, muss vor allem die Verzahnung mit dem Bahnnetz verbessert werden. Alle drei Flughäfen sind heute nur mit dem PKW oder mit Zubringerbussen erreichbar – die beiden rheinischen Flughäfen haben dagegen ihre eigenen Bahnstationen, an denen sogar ICE-Züge halten. Viele Westfalen können sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller in Düsseldorf oder Köln/Bonn als an den westfälischen Airports. Teure Bahnanschlüsse sind politisch schwer durchzusetzen, aber nötig, wenn Flughäfen wettbewerbsfähig sein sollen. Es gibt einiges zu tun für die westfälische Politiker, wenn sie verhindern wollen, dass die Region in Sachen Flugverkehr abgehängt wird: Zuerst einmal müssen sie ein tragfähiges Entwicklungskonzept für den Flugverkehr in der Region entwickeln. Und dann müssen sie den politischen Druck aufbauen, der die öffentlichen Mittel fließen lässt, die für die erfolgreiche Umsetzung dieses Flugverkehrskonzepts nötig sind.

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