Das Raster zur Strukturierung der Gesellschaft in Alpha- Omega-Typen entwickelten Verhaltensforscher aufgrund von Beobachtungen im Hühnerstall. Dort hüpft das Alpha-Huhn abends als erstes auf die Schlafstange, um den angestammten Platz einzunehmen. Zum Schluss erwischt Omega das letzte Plätzchen und schwebt in ständiger Gefahr herunterzufallen. Wenn das Lieblingshuhn eines Tages geschlachtet wird, richtet sich die Aggression weiterhin gegen Omega. Alle hacken darauf ein, ohne dass sich Omega zur Wehr setzen darf.
Die Parallelen zur Unternehmenshierarchie sind unverkennbar. Auch dort reagiert sich die Führungsmannschaft an Omega ab, sobald die Frustration über Fehler ein Ventil braucht. Manager erweisen sich als Gewohnheitstiere, wenn die Konjunktur an Fahrt verliert. Dann handeln sie intuitiv nach der Devise: Personal reduzieren, Gemeinkosten senken und Kapazitäten abbauen. Auch wenn die Budgetziele in Gefahr geraten, agieren Manager mit der strategischen Weitsicht eines balzenden Auerhahns. Bei Statthaltern amerikanischer Unternehmen treten die Alpha-Veranlagungen besonders deutlich hervor, wenn sie sich anschicken, die langfristigen Unternehmensstrategien dem kurzfristigen Ziel der Gewinnkontinuität zu opfern.
Germanisten weisen etymologisch im Manager eindeutig den Nager aus der Spezies der Säugetiere nach. Das ist nicht verwunderlich, denn einige herausragende Eigenschaften dieser Gattung charakterisieren auch unauffällige Führungskräfte. Die größte Ähnlichkeit besteht ohne Zweifel mit dem Goldhamster. Der ist kaum lernfähig, nicht besonders geschickt, weder aggressiv noch zutraulich. Er ist bekannt für die regelmäßige Teilnahme an der Truppenverpflegung und strampelt sich in der betrieblichen Tretmühle ab – ohne sichtbare Erfolge. Bleibt nur anzumerken, dass er gut aussieht und nur selten stört.
Die Verjüngung der Goldhamsterpopulation erfolgt durch natürliche Auslese. In der Praxis läuft bei diesem Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel kaum etwas ohne die Einschaltung eines Outplacement-Beraters oder eins Headhunters. Für den Außenstehenden ist nur schwer nachvollziehbar, warum der in Unternehmen A erfolgreich „outgeplacete“ Manager durch die Vermittlung eines Headhunters im Unternehmen B wieder zu einem spektakulären Karrieresprung ansetzen kann. Vielleicht erfordert dieser Aufstieg einen Hang zum Dilettantismus, denn in der Wortbedeutung wird der Dilettant als Liebhaber einer Sache charakterisiert, dessen Leistungsfähigkeit keiner Bewertung unterliegt. In der Wirtschaft erweist sich Dilettantismus gelegentlich als Erfolgsfaktor, wenn er die Routine durch unkonventionelle Ideen beflügelt.
Als Hauptursache für unternehmerische Fehlleistungen gilt der betriebliche Erbdilettantismus. Gemeint ist, dass ausrangierte Manager mit Posten im Aufsichts- oder Beratergremium belohnt werden. Dort schweben sie als Ei des Damokles über der Realität, was die notwendige Erneuerung betrieblicher Strukturen mehr behindert als fördert. In diesen Fällen erweist sich über kurz oder lang die Wirkung als Vergeltung der Ursache.
Von einem gewissen Alter schließt sich der unternehmerische Geist. Spätestens ab diesem Zeitpunkt lebt der Gebrechens-Manager von seinem intellektuellen Fett. Britische Soziologen sprechen dann vom „man ager“. Nach dieser Interpretation handelt es sich um einen in die Jahre gekommenen besseren Herrn, der vorwiegend auf dem Golfplatz anzutreffen ist oder das große Geschäft im Club erledigt. Im Digital-Zeitalter resultieren seine Schwierigkeiten nicht aus dem Mangel an Informationen, sondern aus der Insuffizienz, bedeutsame und belanglose auseinanderzuhalten.
Dem Man-ager verleiht eine gesunde Mischung aus mangelndem Praxisbezug und Gedächtnislücken die Abgeklärtheit für überraschende Lösungsvorschläge, die nicht zum Problem passen. Darüber hinaus besitzt der Man-ager eine Vorliebe fürs Detail, denn er kümmert sich nur um das, was er überschaut – das ist häufig nicht viel. Schließlich scheint es verlockender, im Umfeld einer verklärten Vergangenheit und der vertrauten Gegenwart zu leben, als sich mit der ungewissen und vermutlich feindlichen Zukunft auseinanderzusetzen.
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