Münster – Gemälde der bekannten Tiermalerin Annette Isfort zeigt die Ausstellung “Wilde Artgenossen”im Foyer der Raphaelsklinik in Münster vom 20. September bis zum 19. November. “Es ist als hätten wir den Tieren den Krieg erklärt”, sagte Dr. Jörg Bockow bei seiner Laudatio während der Ausstellungseröfnung. “Ihnen wird systematisch ihre Lebensgrundlage entzogen. Sie werden aus ihrem angestammten Lebensraum vertrieben, ihnen wird nachgestellt, sie werden verstümmelt und gejagt, geschächtet und geschlachtet. Ihnen wird das Fell über die Ohren gezogen. Sie landen als Braten auf dem Tisch oder Steak auf dem Teller.”
Die Raphaelsklinik wurde am 10. Juli 1908 unter der Trägerschaft der Clemensschwestern in unmittelbarer Nähe ihres Mutterhauses, dem Clemenskloster eröffnet. Sie besaßen zu jener Zeit bereits etwa 100 Jahre Erfahrung in der Krankenpflege, arbeiteten jedoch unter fremder Regie in unterschiedlichen Einrichtungen. Mit der Gründung der Klinik konnten sie somit erstmals ihr Wissen in einem eigenen Krankenhaus anwenden. Seit einigen Jahren veranstaltet die heute zur Alexianer-Stiftung gehörende Raphaelsklinik, die zu einem der besten Krankenhäuser in Westfalen gehört, regelmäßig Kunstausstellungen im Eingangsbereich ihres denkmalgeschützten Hauptgebäudes aus den 20er Jahren. Unter anderem wurden hier schon Acrylfarbe-Bilder von Anja Helfen, Fotografien von Christoph Brandl, Arbeiten von Ralf Schindler, Bilder der Malerin Olga-Maria Klassen, quadratische Landschaftsgemälde von Rainald Papen, Cartoons von Jörg Hartmann und Tierbilder von Dieter Schiele gezeigt. Auch Lesungen zum Beispiel mit dem Kabarettisten Christoph Tiemann finden in dem Innenstadt-Krankenhaus zwischen den belebten Einkaufstraßen Salzstraße und Ludgeristraße regelmäßig statt. Das Kunstprogramm im Krankenhaus wird nicht nur von externen Besuchern gerne als Ergänzung zum Shopping-Besuch in Münsters Innenstadt genutzt, sondern ist auch für die Beschäftigten und vor allem die Patienten in der Raffaelsklinik eine echte Bereicherung des Klinik-Lebens, die auch in medizinischer Hinsicht positive Effekte hat.
Tiere haben es aktuell auf unserer Erde nicht gut. Egal ob als Wildtier oder Nutztier. Es gibt kaum mehr natürliche Lebensräume, wo man sie in Ruhe lässt. Selbst in Naturparks und Reservaten sind sie vor Wilderern und Wilddieben nicht sicher. Überall sind sie in ihrem Dasein bedroht. Jährlich verschwinden rund 58.000 Tierarten für immer von der Erde. Und die Rote Liste der bedrohten Wildtiere wird immer länger.
Das alles sind keine guten Zeichen. Es sind Vorboten einer unheilvollen Entwicklung. Die Warnung steht im Raum: Wenn wir nicht ganz schnell radikal etwas ändern, dann wird unsere Erde eines Tages unbewohnbar wie der Mond!
Die Künstlerin Annette Isfort hat Tiere und damit die bedrohte Kreatur zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit genommen. Dabei orientiert sie sich mit ihren Motiven nicht an der „Roten Liste“, sondern sie folgt ihren eigenen Vorlieben und ihrer persönlichen Faszination. Deswegen sehen wir neben typischen Wildtieren vor allem heimische Tierarten.
Annette Isfort ist Malerin, die ihre Kunst der Natur, vor allem den Geschöpfen unseres Planeten widmet. Sie kommt aus Ochtrup im Westmünsterland, wo sie lebt und arbeitet. Annette Isfort nimmt Partei – für Tiere, für alle Lebewesen auf dieser Welt. Zu Lande, zu Wasser und in den Lüften. Für alles, was da kreucht und fleucht, was schwimmt, taucht und auf zwei, vier oder mehr Beinen durch die Gegend saust.
Annette Isfort liebt die Natur. Wann immer es geht, bewegt sie sich draußen in der Natur und beobachtet heimische Tiere, studiert minutiös ihre Verhaltensweisen und Bewegungen, damit sie in ihrer Kunst ein lebendig-beseeltes Zeugnis von ihnen abgeben kann. Nicht zuletzt ist ihre Tierliebe der Ausgangspunkt einer unübersehbaren Parteinahme.
Aber Annette Isfort malt deswegen keine provokanten Plakate, sie schreibt keine anklagenden Slogans oder Pamphlete, sie agitiert nicht politisch. Annette Isfort rückt ganz unprätentiös Tiere in den Fokus und lädt den Betrachter ein, auf ihren Bildern auf eine Entdeckungsreise zu gehen und sich berühren zu lassen. Dabei lässt ihre Malweise Raum für die Fantasie des Betrachters. Auf jeder Leinwand erarbeitet sie sich ihr Motiv. Wenn man als Betrachter genau hinsieht, dann wird einem auffallen, Annette Isfort wählt einen bestimmten Ausschnitt und sie sucht nach einer Komposition. So wie die Künstlerin Tiere malt und inszeniert werden die Betrachter diese niemals in der Natur sehen. Ausgangspunkt ist in den meisten Fällen eine Fotografie, aber die Dramatisierung entspringt ihrer künstlerischen Inspiration.
Ihr geht es eben nicht darum, die Wirklichkeit detailreich abzubilden oder zu imitieren, wie es die Fotografie möglich werden lässt und ihr geht es auch nicht darum die Wirklichkeit zu überhöhen wie es dies beispielsweise der Photorealismus erlaubt. Annette Isfort lässt den Betrachter stattdessen direkt vis-a-vis und in Augenhöhe Tieren begegnen.
Ihre Bilder erreichen das Herz des Betrachters, weil sie ein kunstvolles Spiel mit figurativen und abstrahierenden Elementen treibt. Ihre Gemälde sind aufgeladen und dramatisch gerade da, wo sie Tiere vor einen abstrahierten Hintergrund setzt und mit Farbe sowie Strukturen unsere Gefühle erreicht. Dieser Arbeitsprozess ist aufwändig und zeitraubend.
Viele ihrer Gemälde entstehen in kleinen Schritten, die zusammengenommen über Wochen und Monate gehen können. Manchmal lässt sie eine Arbeit für Wochen ruhen, ehe sie erneut daran geht und weitermalt. Zudem nutzt die Künstlerin verschiedene Maltechniken, die zusammen erst die gewollte Wirkung erzeugen. Da werden Acrylfarben eingesetzt und Ölfarben, ja selbst inzwischen sehr seltene Kaseinfarben kommen bei ihr zum Einsatz. Alle sie dienen dazu, das Motiv gewissermaßen ins rechte Licht zu rücken.
Da schwingt ein Hase vor rotglühendem Untergrund seine Läufe, so dass er scheinbar vor einem gewaltigen Feuer oder einer todbringenden Explosion um sein Leben rennt. Ein Rudel Wölfe tritt aus dem undurchsichtigen Grau eines Nebels hervor und fordert den Betrachter auf, genauer hinzusehen und die im Dunst verborgenen restlichen Mitglieder des Rudels zu entdecken.
Eine besondere Begegnung entsteht, wenn sich gewissermaßen unsere Blicke mit denen der abgebildeten Geschöpfe kreuzen. Annette Isfort legt auf die Augen allergrößten Wert. Von ihnen geht der besondere Zauber ihrer Bilder aus. Ein zerzauster Marabu scheint uns da mit seinem Blick zu durchdringen, so als wollte er uns einem Methusalem oder einem weisen Philosophen gleich von seinen Erfahrungen und unserer gemeinsamen Vorgeschichte berichten. Diesem Blick kann man sich kaum entziehen. Oder schauen Sie sich den Hasenkopf einmal genauer an, der sie auf dem flach geschnittenen Format anblickt. Der Hase hat seine Ohren flach an seinen Körper geklappt. Hören braucht er offenbar in diesem Moment nicht mehr. Er hat uns als Betrachter gewissermaßen als seine Verfolger und Häscher im Blick. Er verharrt in einer Art Schockstarre. Seine aufgerissenen Augen nehmen jede unserer Bewegungen wahr. So sieht Todesangst aus.
Inspirierende Kompositionen ergeben sich, wenn Annette Isfort Tiere auf fossil wirkendem Hintergrund erscheinen lässt. Eine kleine Eidechse windet sich über einem versteinerten Ammoniten. Diese Fossilien und paläontologischen Chiffren sind nicht realistisch. Sie entspringen der Fantasie der Künstlerin. Solche scheinbar versteinerten Kreaturen hat es nämlich niemals gegeben.
Isfort verweist damit auf die Entwicklungsprozesse des Lebens und spannt den Bogen aus der Vorzeit bis zur Gegenwart. Die Geschöpfe sind die Grundlage unserer Existenz. Jahrtausende haben wir mit ihnen – durchaus gleichberechtigt – die Erde bevölkert. Sicherlich hat es auch in den paradiesischen Zuständen Wildtiere und Räuber gegeben, die gab und gibt es im immerwährenden Kampf um Ressourcen, um Land, Wasser und Nahrung. Aber zu keiner Zeit hat eine einzelne Art sich derart zerstörerisch über die Erde erhoben wie der Mensch. Der schickt sich inzwischen an, die Erde komplett Untertan zu machen, ihr alle Ressourcen zu entreißen und sie genau damit als Lebensraum für alle zu zerstören.
Annette Isfort wurde 1949 in Ochtrup geboren. Die Freude am Experimentieren mit Farben und das Interesse an Kunst und der Natur bereiteten ihr den Weg für ihr heutiges Schaffen. Annette Isfort ist Autodidaktin. In Seminaren, Workshops und im regen Austausch mit Künstlerkollegen haben sich ihre Fähigkeiten schnell weiterentwickelt. Heute ist die Malerei ihre Profession. Auslandsaufenthalte in Italien, Russland, Schweden und England beeinflussten ihre künstlerische Entwicklung.
Es ist mehr als 30 Jahre her, dass sie erstmals ihre Gemälde auf einer Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Inzwischen war sie gewissermaßen auf der ganzen Welt mit ihren Arbeiten in Ausstellungen vertreten. Es ist eine beeindruckende Liste zusammengekommen: Moskau, Östhammar in Schweden, Minneapolis USA, Venhuizen in den Niederlanden, Wausau USA, auf Schloss Ohadra in der Tschechoslowakei, in Boschenhoof, Enrum und Enschede bei unseren niederländischen Nachbarn und gerade erst in Brüssel. Als Tiermalerin ist sie bekannt und hat einen Namen.
Tiermalerei ist ein eigener Gattungsbegriff. Sie hat eine eigene Entwicklung genommen, die, betrachtet man nur einmal die zurückliegenden 100 Jahren, von allen künstlerischen Moden und Trends kaum angefochten und nur wenig berührt worden sind. Tiermaler bleiben bei ihrem Sujet, auch in Zeiten des Abstrakten, der Popart und des Informel. Annette Isfort ist aufgefallen ist, dass es derzeit eine Art Renaissance der Tiermalerei gibt. Auf Messen und Ausstellungen tauchen immer häufiger wieder Arbeiten auf, die Tiere zeigen und zum Thema haben.
Und wenn Kunst auch so etwas wie der Spiegel unserer Wahrnehmung, unserer Aufmerksamkeit und unserer Denkweise ist, dann steckt im Wandel der künstlerischen Sprache – also der Darstellung der Tiere in der Kunst – so etwas wie ein Wandel des Bewusstseins.
Das Verhältnis von Mensch und Tier hat in den vergangenen 100 Jahren einen heftigen Knacks bekommen. Der Mensch benutzt die Natur, beutet sie aus, anstatt mit ihr in Einklang, in einem ökologisch vertretbaren Verhältnis zu leben. Neuerlich werfen Tierschutz und Tierethik Fragen auf, die eine neue Sichtweise auf Lebewesen und deren Lebensrecht fordern. Wir müssen Tiere wieder neu wahrnehmen. Nichts anderes will uns Annette Isfort mit ihren Gemälden sagen. (Dr. Jörg Bockow)
Raphaelsklinik Münster / Loerstraße 23 / 48143 Münster
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