Auf den Spuren des ostwestfälischen Platt

Westfalen – Wieviel Platt ist noch übrig in der ostwestfälischen Umgangssprache? In einem auf 17 Jahre angelegten Projekt wollen Sprachforscher die noch existierenden Dialekte im Westen Deutschlands vor ihrem Aussterben dokumentieren und in einer digitalen Landkarte festhalten. In Ostwestfalen begibt sich Prof. Dr. Doris Tophinke von der Universität Paderborn mit ihrem Team auf die Spuren der Mundart und deren Veränderungen über die letzten zwei Generationen.

Prof. Dr. Doris Tophinke ist Professorin im Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn und Vorstandsmitglied der Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens im Landschaftsverband Westfalen-Lippe.

Prof. Dr. Doris Tophinke ist Professorin im Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Paderborn und Vorstandsmitglied der Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens im Landschaftsverband Westfalen-Lippe.

Besonders zum Ostwestfälischen gibt es bislang kaum Untersuchungen, vor allem über die Verwendung und das Verschwinden des Platt ist wenig bekannt: „Ostwestfalen gehört zu dem großen Sprachgebiet, in dem ursprünglich Niederdeutsch, auch Plattdeutsch genannt, gesprochen und geschrieben wurde. Schon im 16. Jahrhundert hat das Niederdeutsche seine Geltung als Schriftsprache verloren, als Alltagssprache hat es sich aber in den ländlichen Regionen neben dem Hochdeutschen bis in die Nachkriegszeit gehalten. Und Spuren finden sich bis heute“, erklärt Doris Tophinke. Die Forscherin vermutet, dass mit der Modernisierung des Alltags und des Berufslebens nach dem Zweiten Weltkrieg das Platt zunehmend auch aus den Dörfern verschwunden ist. „Die Menschen sind zum Arbeiten in die Städte gegangen und wollten auch Karriere machen. Das war mit dem Plattdeutschen nicht zu machen. Irgendwann haben sie dann auch aufgehört, die Sprache an ihre Kinder weiterzugeben.“

Niederdeutsche Mundarten in Westfalen: Ostwestfälisch gehört wie Münsterländisch und Südwestfälisch zu den westfälischen Dialekten, die unter anderem dadurch bestimmt sind, dass „Rüe“ statt „Hund“ gesagt wird.

Niederdeutsche Mundarten in Westfalen: Ostwestfälisch gehört wie Münsterländisch und Südwestfälisch zu den westfälischen Dialekten, die unter anderem dadurch bestimmt sind, dass „Rüe“ statt „Hund“ gesagt wird.

Heute ist die Umgangssprache noch durchsetzt mit einzelnen Dialektwörtern, aber um die letzten Sprecher des Niederdeutschen zu befragen, muss das Forscherteam sich beeilen. „Die Studie ist jetzt wirklich dringlich. Wenn das Potenzial dieser alten Kultursprache schon in der gesprochenen Sprache verloren gegangen ist, wollen wir es wenigstens gut dokumentieren.“ Zunächst folgt jetzt Recherchearbeit: Pro ausgesuchter Gemeinde sollen jeweils drei bis fünf Personen der über 70-Jährigen und der 30- bis 40-Jährigen interviewt werden. Das Projektteam zieht dann mit Mikrofon und Aufnahmegerät los, in einem Fragebogen werden bestimmte Wörter und Sätze abgefragt. Die Studienteilnehmer erzählen auch eine kurze, freie Geschichte, die aufgenommen und anschließend eins zu eins verschriftlicht wird.

Die Forschungsmethoden seien bereits in den schon gut untersuchten süddeutschen Dialekträumen erprobt worden, erklärt Doris Tophinke. Ähnlich wie dort soll ein Dialektatlas entstehen, der Dialektwörter und Redewendungen erfasst. Die Forschungsergebnisse werden für weitere wissenschaftliche Projekte und für die interessierte Öffentlichkeit auf einer digitalen Landkarte abgebildet, die auch Hörproben zugänglich macht.

Insgesamt umfasst das Projekt Dialektforschung an über 1250 Ortspunkten in ganz Nordrhein-Westfalen sowie in Teilen Niedersachsens und von Rheinlandpfalz. Sprachforscher von den Universitäten Münster, Bonn und Siegen untersuchen die Dialekte in ihren jeweiligen Sprachräumen. Zusammen erhalten sie für ihr Vorhaben eine Förderung von 8,1 Millionen Euro von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.

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