Kiepenkerl-Blog: Griechenland I – Fringsen und tsiprassen

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Josef Frings war von 1942 bis 1969 Erzbischof von Köln und wurde am 21. Februar 1946 zusammen mit Clemens August Graf von Galen zum Kardinal ernannt. Frings legalisierte in seiner berühmten Silvesterpredigt vom 31. Dezember 1946 den Mundraub mit den Worten:

„Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seiner Gesundheit notwendig hat,
wenn er es auf andere Weise,
durch seine Arbeit oder Bitten nicht erhalten kann.“

Vom fringsen1

Fringsen – mit weichem rheinischen „s“ gesprochen – machte in Deutschland schon bald die Runde. Es galt als Synonym für das illegale Beschaffen von Lebensmitteln und Brennstoffen in großer Not.

In einer vergleichbar empfundenen Notlage sahen sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis. Gleich nach ihrer Wahl machten sie sich daran, die Schuldenuhr neu zu justieren. Von den korrupten und inkompetenten Vorgängerregierungen hatten sie Staatsschulden in Höhe von rund 320 Milliarden Euro übernommen. Die waren durch unsolide Haushaltsführung allein in den letzten fünf Jahren um etwa 270 Milliarden angewachsen. Bei der Suche nach guten Schlagzeilen über den Zustand des Landes musste man bis in die Antike zurück.

Seit Monaten gab es Wechselbäder zwischen unzureichenden Reformvorschlägen, Ablehnungen, Forderungen, Zurückweisungen und Beleidigungen. Durch Tsiprasserei – mit scharfem „s“ gesprochen – wollten sie das Leben der Griechen auf Kosten anderer Euro-Staaten weiter alimentieren. Die Polit-Hasardeure setzten mit ihren Erpressungsversuchen darauf, dass es sich die Eurogruppe nicht leisten kann, ein Mitgliedsland in die Zahlungsunfähigkeit abdriften zu lassen. Am 22. Juni 2016 kam es in Brüssel zum Showdown im Streit um den Schuldenabbau.

Beim Showdown handelt es sich um den abschließenden, entscheidenden Machtkampf zwischen zwei oder mehreren Kontrahenten. Beim Poker bezeichnet der Ausdruck das Aufdecken der Karten – meint aber auch das Aufzeigen der wahren Verhältnisse. Filmreif hatte Tsipras den Showdown als spannungsreichen und effektvollen Höhepunkt des Verhandlungspokers inszeniert. Wie beim echten Zocken mussten die Spieler in Brüssel sofort alle Karten auf den Tisch legen. Im Pot lagen die Staatschulden, die Griechenland im Laufe der Jahre angehäuft hatte und die völlig unzureichenden Sparvorschläge. Zur Gewinnauszahlung kam es nicht mehr.

Am 28. Juni gab die griechische Regierung bekannt, dass die Banken zwischen dem 29. Juni und 6. Juli geschlossen bleiben und führte die Kapitalverkehrskontrolle ein. Auslöser war, dass die Europäische Zentralbank die Notfallkredite für griechische Banken bei 90 Milliarden Euro gedeckelt hatte. Mit Schließung der Banken können Griechen lediglich 60,00 Euro täglich an Bankautomaten abheben. Auslandsüberweisungen sind nur noch für Unternehmen erlaubt. Damit stand das Land am Abgrund, doch die Regierung war mit der Volksbefragung bereits einen Schritt weiter.

In Griechenland bestätigte sich auf tragische Weise: Sparen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört ein Land damit auf, treibt es unaufhaltsam zurück.

 

 

 

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