Shakespeare trifft Pott im Mondpalast

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Shakespeare trifft immer auf Interesse: Nach dem großen Erfolg von „Ronaldo und Julia“ zeigt der Mondpalast von Wanne-Eickel nun ein weiteres Stück frei nach Shakespeare – und natürlich mit einer gehörigen Portion Ruhrgebietskolorit. „Othello, der Schwatte von Datteln“ versetzt die Zuschauer nicht nach Venedig, sondern auf einen Wanner Wochenmarkt in den 1950er Jahren.

Shakespeare trifft

Die Liebe zwischen Mona (Alma Gildenast. hinten links) und Marcello (Dirk Emmerich, hinten rechts) sorgt auf dem Wanner Wochenmarkt für Furore. Mittendrin ist Cassius (Heiko Büscher, Mitte), dem eine Liaison mit Mona angedichtet wird – Foto Mondpalast

Als dort der italienische Südfrüchte-Händler Othello (Dirk Emmerich) einen Stand aufmacht, halten die restlichen Marktbeschicker recht wenig von dem Exoten, dessen Apfelsinen sie als große Konkurrenz zu ihrem treudeutschen Angebot fürchten. Dass Marcello auch noch ausgerechnet mit Mona (Alma Gildenast), der Tochter des Kartoffelhändlers, anbändelt, stößt nicht nur bei ihrem Vater, sondern vor allem beim Müllmann und Kriegsveteranen Jakob Groschinsky (Martin Zaik) auf  Unmut. Dieser fädelt daraufhin eine Intrige ein und macht Marcello gehörig eifersüchtig auf den Gelegenheitsarbeiter und Amateur-Boxer Cassius (Heiko Büscher), dessen angebliche Liaison mit Mona noch nicht ganz beendet sein soll. Das entscheidende Indiz, ganz getreu dem Shakespearschen Vorbild, ist dabei auch hier ein verloren geglaubtes Taschentuch …

Wenn Shakespeare auf Ruhrpott trifft, ist die Fallhöhe mitunter ganz schön hoch – Foto Monpalast

Mondpalast-Stammautor Sigi Domke hat der Tragödie Shakespeares einen komödiantischen Anstrich verpasst, der sich nicht nur aus der überzogenen Darstellung des Ruhrgebietskolorit ergibt. Stattdessen machen seine Figuren keinen Hehl aus ihrer Ähnlichkeit zu den Vorbildern („Othello – ich meine: Marcello!“) und beziehen sich mit ihren Lebensweisheiten immer wieder explizit auf Shakespeare. Eine ganz besondere Rolle nimmt da die Figur der Schnecke (Ute Schütgens) ein, die so etwas wie den Wochenmarkt-Narr verkörpert. Wie so oft liegen ausgerechnet in ihren scheinbar verrückten und zusammenhangslosen Aussagen die größten Wahrheiten. Dass ihr verstörter mentaler Zustand auf ein Kriegstrauma zurückgeht, verleiht der Komödie einen Hauch Nachdenklichkeit. Dem gegenüber steht jedoch die völlig deplatzierte Hitler-Parodie eines uniformierten Marktbesuchers (ebenfalls gespielt von Ute Schütgens), bei der einem das Lachen fast im Hals stecken bleibt. Erfrischend dagegen ist die Allwissenheit der Figuren, die sie immer wieder das Heute kommentierend in die Zukunft blicken lässt („Diese temperamentvollen Italiener! Kein wunder, dass Sie in den nächsten 60 Jahren 60 Regierungen haben werden – und dann so einen Bunga-bunga-Präsidenten.“). Ob sich dies durch das ständige Wiederholen abnutzt oder erst recht an Witzigkeit gewinnt, hängt wohl vom Humor des Zuschauers ab. Ähnlich ist das beim Regionalkolorit, das den Dialekt des Ruhrgebiets bis ins klischeehafte überzieht („Emmi, komma bei misch bei!“). Doch wer dies schon bei „Ronaldo und Julia“ mochte, wird es bei „Othello, der Schwatte von Datteln“ lieben.

Shakespeare trifft

Ob es wohl ein Happy-End gibt für Mona und Marcello? – Foto Mondpalast

Ob die Liebe zwischen Marcello und Mona schlussendlich ein ähnlich tragisches Ende nimmt wie in der Vorlage oder ob es für die beiden Liebenden doch eine Zukunft gibt, findet man bei einem Besuch des Stücks am besten selber raus. „Othello, der Schwatte von Datteln“ feiert heute, am 28. März, Premiere und ist noch bis Mitte Juni im Mondpalast von Wanne-Eickel zu sehen. Karten sind erhältlich ab 16,50 Euro.

Mondpalast von Wanne-Eickel, www.garantiert-stratmann.com

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