Vor 400 Jahren: Die Schlacht im Lohner Bruch

Stadtlohn – Im Sommer des Jahres 1623 – vor 400 Jahren – wälzten sich zwei Heere mit zusammen rund 50.000 Soldaten in kilometerlangen Kolonnen vom Hellweg kommend der niederländischen Grenze entgegen. Zwischen Stadtlohn und Ahaus im Westmünsterland kam es in der sumpfigen Niederung des Lohner Bruchs zu einer Schlacht, bei der Tausende von Männern getötet oder verwundet wurden.

Die Schlacht bei Stadtlohn

Die Schlacht im Lohner Bruch: Kupferstich von 1626 – Foto Wikimedia

Aus Anlass des 400. Jahrestages der Schlacht im Lohner Bruch ist im Landhaus Eichenhof in Stadtlohn eine eindrucksvolle Ausstellung zu sehen. Noch bis zum 28. Oktober ist die Schau jeweils samstags und sonntags von 9:00-18:00 Uhr geöffnet. Gezeigt werden bei der Schau in einem großen Saal des Landgasthofs unter anderem Original-Fundstücke vom Schlachtfeld, historische Kupferstiche und ein eindrucksvolles Diorama im Maßstab 1:72, das mit rund 15.000 handbemalten Zinnfiguren das blutige Geschehen vor 400 Jahren eindrucksvoll nachstellt.

Mit weiteren Veranstaltungen und Aktivitäten erinnert Stadtlohn in diesem Jahr an das historische Ereignis vor 400 Jahren. Auf einer Rad- und Wanderroute sind die Schauplätze des Renaissance-Gemetzels per Pedes oder Pedal zu erkunden. Die neue “Rad-/Wanderroute zur Schlacht bei Stadtlohn” verläuft über 11,5 Kilometer vorbei an 10 Stationen, an denen Infotafeln viele Informationen zur damaligen Schlacht mit Abbildungen von Kupferstichen und Zeichnungen geben.

Vor 400 Jahren

Gedenkstein für die Schlacht vor 400 Jahren an Düwings Dyk bei Stadtlohn – Foto Wikimedia/Günter Seggebäing

Die “Schlacht bei Stadtlohn”, auch “Schlacht im Lohner Bruch” oder “Schlacht am krusen Böhmken” genannt, wurde während des Dreißigjährigen Kriegs am 6. August 1623 zwischen den Truppen des protestantischen Feldherrn Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel und dem Heer der Katholischen Liga unter Graf Tilly zwischen Stadtlohn und Ahaus ausgefochten. Das Gemetzel vor 400 Jahren endete mit einer schweren Niederlage der protestantischen Seite.

Nachdem der Versuch gescheitert war, in Norddeutschland eine neue protestantische Erhebung gegen den katholischen Habsburger-Kaiser zu organisieren, wollte Christian von Braunschweig, im Volksmund auch “der tolle Christian” genannt, mit seinem rund 16.500 Mann starken Heer in die Niederlande ziehen, wo sich sein Dienstherr Kurfürst Friedrich von der Pfalz mit seiner Ehefrau Elisabeth Stuart aufhielten.

Das etwa 22.000 Mann starke Heer der Katholischen Liga unter dem Befehl des Grafen Tilly betrieb eine verfolgungsartig vorangetriebene Offensive und holte am Morgen des 6. August die protestantischen Streitkräfte östlich von Stadtlohn ein, wenige Kilometer vor der niederländischen Grenze.

Für den Wagentross Christians war der Düwing Dyk, der feste Hauptweg durch das ansonsten sumpfig-feuchte Terrain vor Stadtlohn, die einzige verfügbare Strecke über den Fluss Berkel, die er auf der Kalterbrücke überqueren wollte. Wenn man den detaillierten Kupferstichen aus der Zeit glauben darf, haben es einige Wagen auch über die Mühlenbrücke unmittelbar am Nordtor von Stadtlohn versucht. Die anschließende Durchfahrt durch die engen Gassen der Stadt dürfte dann abermals sehr viel Zeit beansprucht haben.

Vor 400 Jahren

Ein Diorama der Schlacht im Lohner Bruch mit rund 15.000 Zinnfiguren ist jetzt in Stadtlohn zu besichtigen – Foto Stadtmarketing Stadtlohn

Das Schlachtfeld lag etwa drei Kilometer nordöstlich von Stadtlohn quer über den Düwing Dyk (etwa auf Höhe des heutigen Hofes Kersting). Die Soldaten der Liga waren zahlenmäßig überlegen und deutlich kriegserfahrener sowie aufgrund der Verfolgungssituation von besserer Moral. Sie überrannten die Braunschweigischen schnell. Das Liga-Heer richtete äußerst schwere Verluste unter seinen protestantischen Gegnern an. Etwa zwei Drittel der von Christian befehligten Soldaten wurden getötet oder gefangen genommen. Die Verluste auf protestantischer Seite waren dermaßen hoch, dass Tillys Truppen nach einiger Zeit auf weitere Angriffe verzichteten.

Bei Einbruch der Nacht erreichte Christian von Braunschweig mit etwa 5.000 Mann die Niederlande. Mehr als 100 Feldzeichen, der Tross und alle Geschütze seines Heeres waren den Truppen der Katholischen Liga in die Hände gefallen.

In den Jahren 1834 bis 1838 verarbeitete Annette von Droste-Hülshoff die Niederlage des Christian von Braunschweig in dem Versepos “Die Schlacht im Loener Bruch 1623”, das sie in ihrer Sammlung “Gedichte 1838” veröffentlichte. Hier Auszüge des fast 50 Seiten langen Gedichts:

‘S ist Abend, und des Himmels Schein
Spielt um Westphalens Eichenhain,
Gibt jeder Blume Abschiedskuß,
Und auch dem Weiher linden Gruß,
Der ihm mit seinen 5 blanken Wellen
Will tausendfach entgegen schwellen.
Am Ufer Wasserlilien stehn,
Und durch das Schilf Gesäusel gehn,
Wie Kinder, wenn sie, eingewiegt,
Verfallen halb des Schlafes Macht,
Noch einmal flüstern: »Gute Nacht!«
Es ist so still; die Ebne liegt
So fromm, in Abendduft gehüllt,
Der Wittwe gleich in Trauer mild,
Die um sich zieht den Schleier fein,
So doch nicht birgt der Thränen Schein.
Am Horizont das Wolkenbild,
Ganz, wie ihr Sinnen, zuckend Licht,
Das bald sich birgt, bald aufwärts bricht,
Phantastisch, fremd, ein Traumgesicht.
Seh ich dich so, mein kleines Land,
In deinem Abendfestgewand:
Ich meine, auch der Fremdling muß
Dir traulich bieten Freundesgruß.

Und sieh, es steigt am Wolkensaum,
Noch scheu und neblig wie ein Traum,
Es schwillt und wirbelt in der Luft,
Und nun wie Bienenschwarm gescheucht
Es stäubend aus einander fleucht:
Ich sehe Arme, Speeres Wucht,
Ich sehe Nahen, sehe Flucht,
Und gleich entfernten Donners Grollen
Hör’ ich es leise zitternd rollen.

Es war im Erntemond, ein Tag
Gleich diesem auf der Landschaft lag,
Wo Windes Odem, süß und reg’,
Hielt mit den Zweigen Zwiegespräch,
Der letzte einer langen Reihe,
Voll Glaubenswuth und Todesweihe,
Da, ach! um Lehren, liebereich,
Gefochten ward den Wölfen gleich.
‘S war eine thränenschwere Zeit
Voll bittrer Lust und stolzem Leid,
Wo schwach es schien den Todten klagen,
Wo so verwirrt Gesetz und Recht,
So ganz verwechselt Herr und Knecht,
Daß selbst in diesen milden Tagen,
Da klar und friedlich jeder Blick,
Nicht Einer ist, so möchte sagen:
Der ward allein um Schuld geschlagen,
Und der allein durch Mißgeschick.
Das Recht, es stand bei jedem Hauf,
Und schweres Unrecht auch vollauf,
Wie sie sich wild entgegen ziehn,
Hier für den alten Glauben kühn,
Und dort für Luther und Calvin.

Es rollt der Rhein die dunklen Wogen,
Durch brandgeschwärzter Trümmer Graus;
Da ist kein Schloß, kein niedres Haus,
Das nicht, vom Wetter schwer umzogen,
Von Freund und Feinde gleich geplagt,
Dem Wurf der nächsten Stunde zagt.
O Tilly, deine blut’ge Hand
Hat guter Sache Schmach gespendet!
Wohin dein buschig Aug’ sich wendet,
Ein Kirchhof wird das weite Land.
Ständ’ nicht so mild in deiner Näh’,
Ein Pharus an ergrimmter See,
Der fromme Anholt, dessen Wort
So gern den Irren ruft zum Port
Und mag den Strandenden geleiten,
Du wärst ein Fluch für alle Zeiten!
Doch wo der tolle Braunschweig sengt,
Da ist die Gnade gar verdrängt,
Wenn, des Corsaren Flagge gleich,
Sein Banner weht im Flammenreich,
Sein Banner, rothen Blutes helle,
Mit »TOUT POUR DIEU ET TOUT POUR ELLE!«
Die Kirchen ihres Schmuckes baar,
Die Priester am Altar erschlagen,
Sie können ohne Worte sagen,
Daß hier der tolle Herzog war.
So diese stille Gegend auch
In ihrem Abendfriedenhauch;
Sie ruht, doch wie in Schreck erstarrt,
Und todtbereit des Schlages harrt.

Vor 400 Jahren

Die Rad-/Wanderroute zur Schlacht bei Stadtlohn ist gut 12 Kilometer lang – Foto Stadtmarketing Stadtlohn

Anlässlich des 360. Jahrestages der Schlacht errichtete der Heimatverein Stadtlohn einen Gedenkstein am Düwing Dyk. 2013 wurde ein Diorama des Schlachtgeschehens vor 400 Jahren mit rund 15.000 Figuren und einer Größe von zwölf Quadratmetern angefertigt. Die Schlacht und ein Teil der Stadt wurden in einer originalgetreu nachgebildeten Landschaft im Maßstab 1:72 dargestellt. Bei den Figuren handelt es sich um individuell gegossene Zinnfiguren sowie um eine speziell aufgelegte Serie von Figuren aus Kunststoff. Sämtliche Figuren wurden in Handarbeit bemalt und selbst Bäume und Gebäude wurden als Einzelexemplare gestaltet.

Nach der Schlacht wütete der Krieg noch weitere 25 Jahre, bis 1648. In diesem Jahr stand Westfalen erneut im Mittelpunkt der europäischen Politik. In Münster und Osnabrück wurde der Westfälische Frieden geschlossen, der das Ende des Dreißigjährigen Krieges besiegelte.

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