Anna Boghiguian im MGKSiegen

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Ausstellung „Manchmal trifft die Gegenwart unerwartet auf die Vergangenheit“ im MGKSiegen – das Museum für Gegenwartskunst Siegen präsentiert die erste monografische Museumsausstellung von Anna Boghiguian (*1946 Kairo, EG) in Deutschland. Eröffnungstage sind am 3. September von 18 bis 21 Uhr am 4. September von 11 bis 18 Uhr. Am Freitag stehen eine Videoeinführung und ein Kunst Guide zur Verfügung, am Samstag findet ein Gespräch mit Anna Boghiguian statt.

Anna Boghiguian, Woven Winds. The Making of an Economy – Costly Commodities, 2016, Ausstellungsansicht, MGKSiegen, Courtesy E. Righi Collection, © die Künstlerin, Foto: Philipp Ottendörfer

Anna Boghiguian, Woven Winds. The Making of an Economy – Costly Commodities, 2016, Ausstellungsansicht, MGKSiegen, Courtesy E. Righi Collection, © die Künstlerin – Foto Philipp Ottendörfer

Die ägyptisch-kanadische Künstlerin armenischer Herkunft untersucht in ihren Arbeiten die Auswirkungen von historischen, ökonomischen und politischen Ereignissen. Aus einer sehr persönlichen Perspektive und tief verwurzelt in der Literatur beschäftigt sich die vielreisende Künstlerin mit Menschen, Kulturen, Orten und großen Verbindungslinien der Welt. Ihre nomadischen Erfahrungen übersetzt Boghiguian in Künstlerbücher, Zeichnungen, Malereien, Collagen und Installationen.

In der Ankündigung heißt es: Die Ausstellung „Manchmal trifft die Gegenwart unerwartet auf die Vergangenheit“ im MGKSiegen liefert anhand von wegweisenden Rauminstallationen in zwölf Räumen einen umfassenden Überblick zum Werk von Anna Boghiguian. Erstmals präsentiert sie zudem zwei neue Werkgruppen, die sich mit dem Bau des Suez-Kanals und der Zeit der Spanischen Grippe beschäftigen.

„From the Palace to the Ditch“ (2021) besteht aus einer Serie vorwiegend schwarzweißer Zeichnungen auf Ingres-Papier. Auf etwa 40 Blättern beschäftigt sich Boghiguian mit der Geschichte des Suezkanals, den europäischen Interessen an dessen Bau und den späteren Protagonisten des Betriebs. Boghiguian geht zurück auf die seit dem 16. Jahrhundert bestehenden Ideen einer Meerverbindung. Beginnend mit der ersten Konzession 1854 an den französischen Diplomaten Ferdinand de Lesseps durch den ägyptischen Gouverneur Muhammad Said, der Gründung einer internationalen Suezkanal-Gesellschaft, über den stetigen politischen Widerstand Großbritanniens und dessen Besetzung Ägyptens 1882, bis hin zur Konvention von Konstantinopel 1888. Diese gilt bis heute und garantiert allen Nationen freie Durchfahrt von Handels- und Kriegsschiffen in Friedens- und Kriegszeiten. Boghiguian untersucht den Suezkanal als Gegenstand internationalen Handels. Seine globale Bedeutung wurde erst im März 2021 durch die Suezkanal-Blockade erneut sichtbar.

Die zweite Arbeit „Egos and mirrors“ (2021) besteht aus großformatigen Papierschnitten und widmet sich der Zeit der Spanischen Grippe und ihrem Einfluss auf die Weltpolitik im Rahmen der Pariser Friedenskonferenz vor etwa 100 Jahren. Die Infektion von US-Präsident Woodrow Wilson, der am wichtigsten Punkt der Verhandlungen körperlich geschwächt war, hatte schwerwiegende Folgen auf die Treffen der vier Siegermächte. Frankreich, Großbritannien, Italien und die USA diskutierten über die Bedingungen für das Deutsche Reich, das als Kriegsverlierer von den Verhandlungen ausgeschlossen war. Die Ergebnisse mündeten unter anderem im Friedensvertrag von Versailles, der vom Deutschen Reich als zu hart empfunden wurde und schließlich auch die internationalen Wirtschaftsbeziehungen destabilisieren sollte. Vor einer spiegelnden Fläche präsentiert Boghiguian ausgewählte Szenen und Figuren dieser Zeit, welche die Gegenwart unmittelbar auf die Vergangenheit treffen lassen.

Boghiguian gilt als eine der interessantesten Gegenwartskünstlerinnen unserer Zeit. Sie hat in den letzten zehn Jahren regelmäßig in internationalen Museen und Kunstinstitutionen ausgestellt, nahm unter anderem an der dOCUMENTA 13 in Kassel teil und erhielt 2015, zusammen mit anderen armenischen Künstlerinnen und Künstlern, den Goldenen Löwen für ihren Beitrag im armenischen Pavillon auf der 56. Biennale di Venezia. Daneben wurden ihre Werke auf den Biennalen von Sharjah (2011), Istanbul (2015), Santa Fe (2016) und Sydney (2019) sowie der Manifesta 13 in Marseille (2020) gezeigt. Ihre Arbeiten waren weltweit in großen Einzelausstellungen zu sehen, zuletzt im SMAK, Gent (2020), Tate St. Ives (2020), dem New Museum, New York (2018), dem Museum der Moderne, Salzburg (2018), Castello di Rivoli, Turin (2017) und Carré d’Art, Nîmes (2016).

„Anna Boghiguian. Manchmal trifft die Gegenwart unerwartet auf die Vergangenheit“ im MGKSiegen wird kuratiert von Thomas Thiel und entsteht in Zusammenarbeit mit dem mit Institut Valencià d’Art Modern (IVAM), Valencià, wo die Ausstellung im Anschluss gezeigt wird. Begleitend zu den Ausstellungen erscheint im Frühjahr 2022 eine umfassende Monografie zum Gesamtwerk von Anna Boghiguian, welche das Museum für Gegenwartskunst Siegen, das Institut Valencià d’Art Modern (IVAM) in Valencià und das Stedelijk Museum voor Actuele Kunst (S.M.A.K.) in Gent gemeinsam herausgegeben.

Gefördert wird wird die Ausstellung vom Ministerium für Kunst und Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Ausstellung ist Teil von Kanadas Kulturprogramm als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2020/21 und wird unterstützt durch die Botschaft von Kanada.

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