Künstlerinnen beschäftigen sich mit Aberglaube

Westfalen – Was hat ein zeitgenössisches Ei auf einem dreibeinigen Stuhl mit dem Orakel von Delphi zu tun? Warum soll eine schwarze Katze, die von links kommt, Pech bringen? Das LWL-Museum für Archäologie in Herne zeigt ab dem 17. Mai 250 Exponate zum Thema “Aberglaube. Moderne Kunst trifft archäologische Funde”. In der Sonderausstellung (bis 1.11.) gehen Kunst und Archäologie eine Symbiose ein, wenn sich die Ausstellungsvitrinen mit Moderner Kunst und archäologischen Artefakten füllen.

Die Grenzen von Glaube und Aberglaube verschwimmen nicht nur in der Figur des Merkur, der als ursprünglich römischer Gott auch bei den Germanen Gefallen fand. - Foto: LWL/Schmidt

Die Grenzen von Glaube und Aberglaube verschwimmen nicht nur in der Figur des Merkur, der als ursprünglich römischer Gott auch bei den Germanen Gefallen fand. – Foto: LWL/Schmidt

Menschen beschäftigen sich seit jeher mit dem Unerklärlichen, das zwischen Glaube und Aberglaube vielfältige Formen annimmt – ob als Religion oder als magische Rituale Verschwimmende Grenzen zwischen persönlichem und religiösem Glauben, Fehlglauben, und oft heiteren Vermengungen von Lebensweisheiten und Missverständnissen interessieren die Ausstellungsmacherinnen Ines Braun und Iris Stephan. Die Künstlerinnen aus Köln überschreiten Grenzen, schauen hinter die Alltagsfassaden des Widernatürlichen und gehen mit künstlerischen Mittel dem Aberglauben auf den Grund.

Orakelstäbchen waren bei den Römern beliebte Instrumente, um in Kontakt zu den Göttern zu treten. Ihre Faszination haben sie bis heute nicht verloren, wie die Sonderausstellung "AberGlaube" im direkten Vergleich mit der Modernen Kunst zeigt. - Foto: LWL

Orakelstäbchen waren bei den Römern beliebte Instrumente, um in Kontakt zu den Göttern zu treten. Ihre Faszination haben sie bis heute nicht verloren, wie die Sonderausstellung “AberGlaube” im direkten Vergleich mit der Modernen Kunst zeigt. – Foto: LWL

Dass die Germanen beispielsweise durchaus flexibel in der Ausrichtung ihrer Glaubensausrichtung waren, zeigt ein archäologischer Fund aus Beelen im Kreis Warendorf. Die Ausgräber entdeckten dort wertvolle Kultobjekte eines germanischen Hofes, eine Statuette des Merkur, die mit Ohr- und Schläfenringen aus Silber und Gold behängt war. Die Gottheit der römischen Eroberer sah dem von den Germanen ebenso verehrten wie gefürchteten Wotan ähnlich. Also fand die Figur kurzerhand auch in ihrem Heiligtum ihren Platz.

Früher saß die griechische Priesterin auf dem Dreifuß. In der Sonderausstellung "AberGlaube" zeigt in der modernen künstlerischen Fassung des Orakels von Delphi das Ei die Zukunft an. - Foto: LWL/Stephan

Früher saß die griechische Priesterin auf dem Dreifuß. In der Sonderausstellung “AberGlaube” zeigt in der modernen künstlerischen Fassung des Orakels von Delphi das Ei die Zukunft an. – Foto: LWL/Stephan

Die Künstlerinnen nehmen archäologische Aspekte wie diese und antworten mit ihrer eigenen Interpretation. Etwa wenn sie ein Ei auf einem dreibeinigen Stuhl platzieren und damit auf das Orakel von Delphi anspielen. Die Priesterin des berühmten griechischen Heiligtums saß auf einem Dreifuß über einer Erdspalte, geriet von dem Gas, das dort herausquoll, in Trance und prophezeite höchst rätselhafte Dinge. Tatsächlich sprach wohl weniger der Gott Apollon aus ihr, sondern schlicht die Folgen des Sauerstoffmangels. Das Ei auf dem Dreifuß spricht hier eine eigene Sprache.

Mit dem Göttlichen kommunizierten die Menschen seit jeher. So auch mittels Orakelstäbchen aus Bronze, die ebenfalls in Beelen entdeckt wurden. Die Germanen baten mit ihrer Hilfe die Götter bei wichtigen Fragen um Rat. Die Stäbchen wurden geworfen und ihrer jeweiligen Anordnung eine entsprechende Bedeutung zugewiesen. Oder man zog ein in der Hand verborgenes Stäbchen und das Zeichen auf dem Kopfende traf eine womöglich wesentliche Entscheidung. Wie solche Weissagungen aus zeitgenössischer Sicht interpretiert werden, zeigen Ines Braun und Iris Stephan mit Orakelbildern als Malerei auf Leinwand, in Kunst übersetzten Bauernregeln oder kleinen Wandvitrinen, die Orakelpriester in den Blick nehmen.

Auch der Eintritt ist so ungewöhnlich wie die Ausstellung. Anstelle eines festen Betrages kann jeder selbst entscheiden, wie viel ihm oder ihr dieser Besuch wert war – mit einem ganz persönlichen Beitrag im “Wunschbrunnen”. Während des Ausstellungszeitraums gibt es zudem ein vielseitiges Begleitprogramm – von Führungen über Vorträge bis hin zur Künstlerwerkstatt.

Außergewöhnliche Wege beschreitet die Ausstellung “Aberglaube” auch bei der Herstellung des Begleitbuches. Wer möchte, kann den Druck interaktiv unterstützen: Auf der Plattform “Startnext” können Fans die Publikation mitfinanzieren und bekommen dafür “Dankeschöns”.

LWL-Museum für Archäologie / Europaplatz 1 / 44623 Herne

Telefon 02323 – 94628-0

www.lwl-landesmuseum-herne.de

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