Der Kiepenkerl bloggt: Von Geldwechslern und Investmentbankern

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Viele Anleger, die in der Bankenkrise große Teile des Vermögens verloren haben, erinnern sich an ihren Religionsunterricht: Nach der Überlieferung des Johannes-Evangeliums vertrieb Jesus die Geldwechsler mit einer Geißel aus Stricken, als er sie im Vorhof des Tempels sitzen sah. Dabei stieß er ihre Tische um und verschüttete das Geld der Wechsler unter anderem mit den Worten: „Ihr habt aus dem Tempel eine Räuberhöhle gemacht.“

Auch Franklin D. Roosevelt verlangte: „Wir müssen die Geldwechsler von ihren hohen Sitzen im Tempel der Zivilisation vertreiben. Wir müssen den uralten Wahrheiten wieder Geltung verschaffen. Das Anbauen, Produzieren, Verwalten, Erfinden von Dingen muss wieder einen höheren Status haben und ein höheres Entgelt einbringen als das, was Finanzfachleute auch immer tun mögen.“

Mit Einführung des Euro sind die Geldwechsler und die Wechselstuben bei uns aus dem Straßenbild verschwunden. Ihren Platz haben Investmentbanker auch in den Neuauflagen der Bibel eingenommen. Dort werden ihnen zwar nicht mehr die Tische umgeworfen. Man vertreibt sie aber von ihren Bildschirmen in den Handelssälen und kappt ihre Netzzugänge. Doch um das Geld der Nachfolger von Judas Iskariot „verschütten“ zu können, müssen die Fahnder erst auf die Bahamas fliegen oder in andere Steuerparadiese fahren. Die Räuberhöhlen der modernen Geldwechsler befinden sich auch nicht mehr in den Vorhöfen von Tempeln, sondern in Büropalästen an der Themse oder am East River.

Ende 2013 hat sich die Deutschen Bank auf Druck amerikanischer Behörden im Streit um „faule“ Hypothekenkredite mit den Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac auf die Zahlung von 1,4 Milliarden Euro Schadenersatz geeinigt. Deutsche Sparer fragen sich verärgert: „Wann machen Gerichte in Deutschland endlich so viel Druck, dass die Deutsche Bank und die anderen Geldinstitute für den Schaden aufkommen, den Provisionshaie und Geldvernichter hierzulande mit dem Verkauf von „Schrottpapieren“ und windigen Beteiligungen angerichtet haben?“

Die Narben der Finanzkrise sind noch nicht verheilt, da zocken die Geldhäuser schon wieder wie eh und je. Nicht, dass ihnen die Anleger erneut hochspekulative Papiere aus der Hand reißen. Nein, sie verlagerten ihre Raubzüge auf den von wenigen Banken dominierten Handel mit Währungen, Rohstoffen und Zinsprodukten. Im Mittelpunkt stand zunächst die Manipulation des Libor. Das ist der täglich festgesetzte Zinssatz, zu dem Banken am Markt von anderen Banken Geld aufnehmen beziehungsweise angeboten bekommen.

Ein exklusiver Kreis globaler Institute hat über Jahre die Libor-Zinssätze manipuliert und sich an den Gewinnen bereichert. Zum Kartell der feinen Gesellschaft zählten: Deutsche Bank, UBS, Citibank, Barclays, J. P. Morgan und HSBC. Inzwischen verhängte Joaquín Almunia als oberster EU-Wettbewerbshüter gegen die Finanzkonzerne eine Geldbuße in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Davon entfielen allein auf die Deutsche Bank 725 Millionen Euro.

Die EU-Kommission glaubt, dass Banken auch durch Absprachen im Geschäft mit Kreditversicherungen und am Währungsmarkt gewaltige Summen verdient haben. Am Gold- und Silberpreis sollen sie ebenfalls herum-menglowiert haben. Das bedeutet in Masematte, dem münsterischen Ganovenslang, so viel wie austricksen, mitmischen oder durchmogeln. Sollte sich der Verdacht der Kommission bestätigen, würden die Strafen im zweistelligen Milliardenbereich liegen.

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