Der Kiepenkerl bloggt: Von Marx und Murks

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Armutszeugnis. Den von der Bundesregierung vorgelegten 4. Armuts- und Reichtumsbericht hätte Marx für ein Armutszeugnis gehalten. Bei gutem Willen und weniger Klientelpolitik müssten Politik und Gewerkschaften dafür sorgen, dass sich die Parameter für eine sozialere Marktwirtschaft in Deutschland deutlich verbessern. Jeder sollte vom Lohn seiner Vollzeitarbeit menschenwürdig leben können und die Schere zwischen Arm und Reich dürfte sich nicht weiter öffnen. Nächstes Jahr kommt der Mindestlohn und gerade sorgt die frische Große Koalition für Aufregung, weil der Rentenbeitrag nicht sinken soll und das Geld stattdessen als Rücklage für Mütter dienen soll … 

Karl Marx (1818-1883)

Marx. Nach der Globalisierung der Wirtschaft und den Auswüchsen der Finanzsysteme hat das Interesse an den ökonomischen und philosophischen Theorien von Karl Marx wieder stark zugenommen. In ihrer Konzeptlosigkeit suchen linke Politiker auch bei Marx nach Lösungsansätzen für die sozialen Probleme unsere Welt. Doch der größte Teil seines Werks ist nur noch von historischem Interesse. Die Geschichte hat sich anders entwickelt, als Marx annahm. Statt zentralisierter Großunternehmen gibt es viel Raum für mittelständische Betriebe und freiberufliche Aktivitäten. Auch die Gesellschaft hat sich nicht in zwei Klassen geteilt, sondern vielfältige Lebensformen entwickelt. Statt des verelendeten Industrieproletariats gibt es unterschiedliche soziale Gruppierungen, die nicht durch gemeinsame Überzeugungen oder Zielperspektiven verbunden sind. Die Motivation zu Klassenkämpfen und Revolutionen ist nicht vorhanden. Die Kommunisten haben bewiesen, dass die beste Theorie nichts wert ist, wenn sie sich in der Praxis nicht bewährt. 

Was vom Werk des Nationalökonomen Karl Marx bleiben wird, ist die kritische Analyse lebensfeindlicher sozialer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sowie das hohe Gerechtigkeitsethos. Zur Montagsdemonstration in Leipzig gab es am 9. Oktober 1989 ein Plakat mit der Überschrift: “Proletarier aller Länder, verzeiht mir!”

Murks. Die ideologischen Grundlagen der real existierenden sozialistischen Staaten bildeten nicht die Theorien von Marx, sondern Lenins Schriften. Es entstanden diktatorische Systeme, die nicht demokratisch vom Industrieproletariat kontrolliert wurden. Auch die Unterdrückung der bürgerlichen Freiheit widerspricht der politischen Auffassung von Marx.

Walter Ulbricht (1893-1973)

Paradebeispiel für die Unfähigkeit, eine Volkswirtschaft erfolgreich zentral zu planen und zu lenken, war die DDR. Es gab keinen Markt, der Angebot und Nachfrage regelte. Innovationen sowie Qualitäts- und Kostenbewusstsein fehlten. Um Vollbeschäftigung zu simulieren, wurden Betriebe und Verwaltungen mit Personal überfrachtet. In Kombination mit einer kostspieligen Sozialpolitik geriet der Staat 1989 nahe an den Bankrott.

Die innenpolitischen Probleme waren gekennzeichnet durch das brutale Vorgehen von Polizei und Staatssicherheit gegen Opponenten. Es hatte sich die Diktatur einer Clique etabliert, die das Reise-, Presse- und Meinungsverbot brutal durchsetzte. Die Unzufriedenheit der Menschen äußerte sich schließlich in Flucht und Massendemonstrationen. Unter dem Druck der Freiheitsbewegung wurde die Berliner Mauer am 9. November 1989 geöffnet. Der Bart war ab. Innerhalb eines Jahres kam es zum Zusammenbruch der SED-Diktatur und zur Auflösung der DDR.

Ärzte aus den USA, aus Russland und der DDR stritten einst über die großen Erfolge ihrer Länder in der Medizin.
Der Amerikaner: Rechter Arm amputiert – heute Tennisweltmeister.
Der Russe: Beinamputation – heute 100-Meter-Weltmeister.
Der DDR-Mediziner: Holzkopf amputiert – heute wächst ihm ein Spitzbart.

Die sozialistische Praxis hat die Grundüberzeugungen von Karl Marx ad absurdum geführt.

Insuffizienz. Die Okkupation der DDR im Rahmen der Wiedervereinigung war keine gute Blaupause für die Einführung demokratischer Strukturen in den zentralstaatlichen Verwaltungen oder für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von volkseigenen Betrieben und Kombinaten. Die Übernahme von volkseigenen Betrieben in Verbindung mit dem Abgreifen von Fördermitteln war ein gigantisches Bereicherungsprogramm für Unternehmer aus dem Westen. Und in der Landwirtschaft wurden volkseigene Flächen aus Junkerhand erst systematisch entwertet und dann an branchenfremde Unternehmer verkauft, die mit Fördermitteln riesige Agrarfabriken schufen. Viele Menschen verloren ihre Arbeit, während ein paar clevere Wessis anstrengungslos zu Wohlstand kamen.

Die Fehler von Besserwessis der zweiten und dritten Garnitur in Führungspositionen und die verbreitete Plattmachermentalität westdeutscher Unternehmen verhinderten die Schaffung blühender Landschaften. Die Aufbauhelfer Ost haben der Vegetation förmlich das Wasser abgegraben – geblieben sind beleuchtete Wiesen.

 

Verzeiht uns die Fehler der Wiedervereinigung.

Wir hätte strategischer planen und genauer hinschauen müssen.

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