Lyrikertreffen Münster: Der feine Klang der Sprache

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Münster – Vor über 30 Jahren wurde das Lyrikertreffen Münster aus der Taufe gehoben, heute ist es eines der wichtigsten Kulturfestivals der Stadt: Der Poetenkonvent im Theater Münster hat sich zu einem weithin beachteten Forum für internationale Gegenwartslyrik entwickelt. Vom 23. bis 26. Mai versammelt es in Lesungen und Werkstattgesprächen gleichermaßen Prominenz wie junge, spannende Stimmen. Inzwischen zieht das Treffen der Poeten Kreise über europäische Grenzen hinaus – 2013 reichen sie bis nach China und in die Karibik.

Preisträger Derek Walcott - Foto: Lyrikertreffen Münster

Preisträger Derek Walcott – Foto: Lyrikertreffen Münster

Die Ouvertüre des Treffens umfasst “Lied, Song, Mélodie und Canción”: Vertonte Lyrik stimmt in acht europäischen Sprachen in einem Begrüßungskonzert auf das Dichtertreffen ein. Am Schlusstag vergibt die Stadt Münster ihren Preis für Internationale Poesie an den 1930 auf St. Lucia geborenen Derek Walcott – 1992 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet – und dessen deutschen Übersetzer Werner von Koppenfels für den Gedichtband “Weiße Reiher”.

Diese bundesweit einmalige Auszeichnung – 1993 erstmals verliehen und lange europäisch orientiert – ist seit zwei Jahren weltumspannend ausgerichtet. “Die Kunst des Übersetzens bleibt oft im Schatten. Ohne diesen Transfer hätte die Weltkarte der Poesie indes viele weiße Flecken”, so Kulturdezernentin Dr. Andrea Hanke zur Bedeutung des Poesiepreises. “Gerade diese Übersetzungen von einem Kulturkreis in den anderen, sind für das Verständnis von Welt von unschätzbarem Wert.” Nicht zuletzt für die junge Generation: Erneut werden in Münster viele Dichter zu Gast in Schulen sein.

124588VAuch der thematische Strang “Chinesische Lyrik” spiegelt den globalen Blick auf Sprache und Sprachräume, auf Kultur, Politik und Gesellschaft. In Münster zu Gast Wang Jiaxin (Peking), ein in viele Sprachen übersetzter Autor und Professor für Poetik, der zu den einflussreichsten Lyrikern Chinas zählt. Er trifft auf seinen Landsmann Yang Lian, dem das Regime einst die Staatsbürgerschaft entzog und der nach dem Verbot seiner Bücher im Exil in London und zurzeit im Wissenschaftskolleg Berlin lebt. “Gedichte aus einem Land, das nicht nur zur führenden Wirtschaftsmacht herangewachsen ist, sondern auch als – umstrittene – Kulturnation zusehends Aufmerksamkeit findet“, so begründet Hermann Wallmann, Vorsitzender des Literaturvereins und Künstlerischer Leiter des Lyrikertreffens, seine Auswahl. Mit dem Schriftsteller Wolfgang Kubin präsentiert ein ausgewiesener China-Kenner die beiden Autoren zusätzlich auch in einem Werkstattgespräch; zugleich ist Kubin mit eigener Lyrik beim Treffen vertreten.

Ursula Krechel – 2012 mit dem Deutschen Buchpreis (“Landgericht”) als beste Erzählerin des Jahres gekürt – gibt mit ihrer Lesung Beispiele aus ihrem lyrischen Werk, das mit “Gedankenlyrik” nur unzureichend erfasst ist. Ähnliches gilt für die als eine der größten Begabungen der jungen Literaturszene gefeierte Nora Bossong. Für “schwerelose Artistik” (Hermann Wallmann) stehen Olga Martynova und Jan Wagner, dessen “virtuoses Spiel mit drei verschiedenen lyrischen Subjekten” in der Tradition eines Fernando Pessoa stehe. Fast schon „Altmeisterliches“ präsentiert Durs Grünbein, der gerade erst 50 Jahre alt geworden und Träger der renommiertesten Literaturpreise ist.

Nora Gomringer knüpfte in ihren USA-Jahren enge Kontakte zur Performance-Poesie-Szene. Sie hat sich einen Namen in der Slam Poetry gemacht und verkörpert die Verbindung zwischen dem Lyrikertreffen und dem vorangestellten Programm “Poetry“ (ab 23. April). Kulturamtsleiterin Frauke Schnell: “Der Ausdruckskraft der Poesie begegnen wir mit sinnlichen Impulsen auch aus anderen Genres.“ Das wiederkehrende Motiv des “Übersetzens” spiegele sich beim Lyrikertreffen in verschiedenen Facetten, so Schnell, zum Beispiel mit Gedichten in der Musik oder im Tanz nach historischen Textvorlagen.

Das „in memoriam“ ist traditioneller Programmpunkt beim Lyrikertreffen und gilt 2013 dem Werk von Thomas Kling. An den mit nur 47 Jahren verstorbenen Dichter und „Performancekünstler“ erinnern Marcel Beyer, Norbert Wehr und Ulrike Janssen. Zurück zum Anfang geht der Exkurs „Vom Leben der Texte“. Autor Kurt Drawert wird über das Wagnis und das Handwerk des Schreibens berichten.

Info: Lyrikerinnen und Lyriker: Nora Bossong, Nora Gomringer, Durs Grünbein, Ursula Krechel, Wolfgang Kubin, Olga Martynova, Jan Wagner, Derek Walcott, Wang Jiaxin, Yang Lian. Übersetzer: Werner von Koppenfels.

Moderatoren: Hans-Jürgen Balmes (S. Fischer-Verlag) und Hermann Wallmann (Literaturverein).

Ein ausführliches Programmheft liegt vor in der Münster Information, Stadthaus 1.

Theater Münster / Neubrückenstraße / 48143 Münster
Telefon 0251 – 59 09 100
www.lyrikertreffen.muenster.de

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