Blicke auf den Wald

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Westfalen – Eine Gruppenausstellung wird ab 21.04.2013 in der städtischen Galerie Eichenmüllerhaus in Lemgo gezeigt. Am Sonntag den 21.04.13 wird die Ausstellung “Wald” um 11.30 Uhr eröffnet. Drei Künstlerinnen und ein Künstler präsentieren in ihrer jeweils eigenen Handschrift ihre künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema ´Wald`. Es wird so aus vier gänzlich unterschiedlichen Positionen beleuchtet.

Old Story - Foto: Eichenmüllerhaus Lemgo

Old Story – Foto: Eichenmüllerhaus Lemgo

Malerin Keun Woo Lee aus Kiel: Dualität ist ein tragendes Merkmal in den Arbeiten von Keun Woo Lee – sowohl inhaltlich als auch formell. Diese Arbeiten, das sind Zeichnungen mit Ölfarbe, die keinen bestimmten Vorgaben folgen, sondern einem Gefühl entspringen. Dennoch sind sie getragen von einer Suche und somit auch konzeptuell. Und dabei geht es ihr immer wieder um das Ausloten von Grenzen. Zu sehen sind Pflanzen. Aber zu sehen ist vor allem das Nichts dazwischen. Für Lee ist es ein Spiel mit der Grenze zwischen Konkretem und Abstrakten. Dabei stellt sie sich ständig die Frage, wie viel man zeigen und wie viel man weglassen kann, damit der Betrachter die Räume und die Pflanzen gleichermaßen sieht. Und hierbei geht es auch immer um die Dualität von Natur und Kultur. Es sind stille Szenen, die mit Ölfarbe aufgetragen, sich in Pinselführung und Formensprache an asiatischen Tuschezeichnungen orientieren. Die asiatische Tusche ist allerdings einmalig und zu direkt.

Lee benutzt Ölfarbe mit sehr viel Wasser und ist sich dabei durchaus darüber im Klaren, dass dieses Lasieren eine Technik der alten Meister Europas ist. Und so verschwimmt die Grenze zwischen asiatischer und europäischer Tradition sowie zwischen Malerei und Zeichnung. Durch das Zeichnen mit der Lasur passieren oft Dinge, die nicht vorhersehbar sind und den Bildern eine beinahe erstarrte Flüchtigkeit geben. Das Surreale der Bilder wird zudem durch die Reduktion auf eine einzige Farbe unterstrichen. Blaue, rote, grüne aber auch schwarze Linien zeichnen keine blauen oder grünen Pflanzen. Sie zeichnen Stimmungen. Inspirieren lässt Lee sich dabei vor Ort. Zwischen vier und fünf Uhr morgens bevor die Sonne aufgeht, fährt sie in den Wald. Das Licht reicht dann schon aus, um etwas zu sehen aber noch nicht, um alles zu sehen. Je nach Wetter und Lichtverhältnissen sind die Linien, die Zwischenräume und die Umrisse und somit auch das Gefühl  jedes Mal anders. Das asiatische Gefühl möchte sie sich bewahren. Dennoch liegen ihren Arbeiten europäische Landschaften und eine europäische Technik zugrunde. Und hier wird hoffentlich die Vielschichtigkeit in Lees Bildern deutlich, die sich in der Dualität von Kultur und Natur, asiatischer und europäischer Tradition, Malerei und Zeichnung zeigt.

Bildhauer und Maler Ernst Stark aus Bagnolet bei Paris: Ernst Stark zeigt in der Lemgoer Ausstellung seine mehrteilige Arbeit “Bois de Boulogne”. Ernst Stark findet im Chaos der sturmge­beutelten Landschaft des Bois der Boulogne ein offenes, strukturelles Äquivalent zur geschlossenen Oberfläche der Stadtlandschaft. Nur hier, in einem atmosphärisch völlig anders aufgeladenen Umfeld können jene Gefühle Platz greifen, die das städtische Leben weitgehend verdrängt.

Bois de Boulogne - Foto: Eichenmüllerhaus Lemgo

Ernst Stark: Bois de Boulogne – Foto: Eichenmüllerhaus Lemgo

So ist der mit einem Rosenbouquet schwer beladene Holzsarg der Mutter keineswegs ein Sonderling, sondern auf emotionaler Ebene integraler Bestandteil der auf hohen Sockeln installierten Landschaftsansichten, ebenso wie das noch leere Grab des Vaters. Deshalb tauchen Totenköpfe und Särge auf, lassen sich Analogien­reihen wie Baum – Körper – Mensch – hl. Sebastian knüpfen, können jene fünf Aststümpfe eines gefällten und geteilten Baumstammes zu fünf, durch das gemeinsame Schicksal verbundenen Brüdern werden, denen auch die “La Chapelle” genannte Formation aus Gewachsenem und Zerstörtem keinen Schutz mehr bieten wird. Kurz, es ist die Imagination, also ein bildhaft-anschauliches Denken, das Natur zur Landschaft werden lässt. Die entscheidenden Merkmale sind also in der Art der Zuwendung durch einen fühlenden und empfindenden Betrachter zu suchen. Erst durch eine „freie“, genießende Anschauung ohne praktische Absichten lassen sich die Gegebenheiten vor der Stadt wie Berge, Wälder, Felder und Flüsse als Landschaft begreifen. Ursprung der Landschaft ist somit nicht die Natur, sondern das sinnlich begreifende Subjekt. In der so gebildeten “Landschaftsvorstellung” ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit von Selbst und Welt maßgebend und bestimmend. (Andreas Bee)

Künstlerin Susanne Walter aus Bielefeld: Für Susanne Walter sind ein Abbild, eine Figur, ein Körper lediglich ein Bestandteil von Kunst. Ihr sichtbarster Ausdruck. Doch die in Bielefeld lebende Künstlerin stellt auch die Frage, wie viel die Alltäglichkeit, das Weltverständnis, wie viel ein eigenes Leben zu leben zur Kunst beitragen kann. Denn das Kunstwerk steht nicht am Ende einer Idee. Sondern die Kunst steckt mitten drin im Leben. Ihre so genannten woodcuts, von Hand gefertigte Oberflächendrucke von Baumstümpfen, entstehen vor Ort im Wald, auf dem Motiv. Seit 2009 verbindet sie auf diese Weise ein klassisches Druckverfahren mit der Tradition des Pleinairs und ihrem persönlichen Landschafts- oder Naturerleben. Diese woodcuts sind authentische Charakterstudien. Sie bilden, über winklige hölzerne Podeste gespannt, einen Kanon aus Porträts, in denen der Unbill der Natur, die Macht der Elemente und manch zarter Zufall Spuren hinterlassen haben. (Stefan Skowron, Kunsthistoriker, Aachen 2011)

Wald Hartha - Foto: Eichenmüllerhaus Lemgo

Sabine Wenzel fotografiert Wald Hartha – Foto: Eichenmüllerhaus Lemgo

Fotografin Sabine Wenzel aus Berlin: Sabine Wenzel fotografierte von 2006 bis 2011 Waldlandschaften an verschiedenen Orten Deutschlands. Das Licht provoziert den „entscheidenden Augenblick“. Ein Meer aus unterschiedlichsten Blau-, Grün-, Rot und Orangetönen ist intensiv und irritierend zugleich. „Helles Licht verleiht dem Wald eine geradezu blühende Pracht. Es entfalten sich starke und zugleich differenzierte Farben – ein Spektrum wie in kaum einem impressionistisches Gemälde“ (Zitat: KLAUS HONNEF). Aber hinter den standhaften Baumstämmen verbirgt sich so manch ein Geheimnis. Der Wald ist in Wenzels Fotografien ein eigener Kosmos. Kein Abbild der Natur im herkömmlich dokumentarischen Sinne. Die Fotografin transzendiert die Gegenständlichkeit der Motive. Sie sucht beim Fotografieren das Wesen des Waldes, seine symbolische und psychologische Dimension und bildet auch ihre Gefühlswelt ab. Das Zitat von Wolfgang Niedecken „Der Wald ist meine Kirche“ wird hier nachvollziehbar. Durch eine spezielle Kameratechnik wirken die Bilder gemäldeartig. Es sind mystische, kraftvolle Bilder entstanden, die dem Betrachter Raum lassen für seine Phantasie und für seine Emotionen.

Die Ausstellung ist zu sehen bis zum 19.05.2013, Do.-So. jeweils 10-18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Städtische Galerie Eichenmüllerhaus / Braker Mitte 39 / 32657 Lemgo
Telefon 05261 –  89396
eichenmuellerhaus.lemgo.net/

 

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