Münster – Wie Künstler in ihrer Arbeit mit ihrem Lehrer korresponideren, zeigt die Galerie Michael Nolte im Rahmen ihrer gegenwärtigen Ausstellung „Hermann-Josef Kuhna – Farbuniversen“. Das Werk des Strukturalisten und langjährigen Münsteraner Akademieprofessors Kuhne wird im Kontext der Arbeiten seiner Meisterschüler präsentiert. Die Ausstellung wird am 28. September eröffnet und ist bis zum 31. Oktober zu sehen.
Mit Gleb Bas, Hugo Boguslawsky, Min Clara Kim, Lars Reiffers und Gan-Erdene Tsend haben wir Künstler ausgewählt, die einerseits eine Verinnerlichung der Lehren ihres Lehrers zu erkennen geben, die anderseits aber auch alle bereits ihren eigenen, stilistischen wie künstlerischen Weg eingeschlagen haben. So verspricht dieser Dialog zwischen Lehrer und seinen Schülern einen spannenden Einblick in das kreative Klima und die Innovationsdynamik unserer Münsteraner Kunstakademie.
Die Ausstellung will zeigen, dass sich alle Künstler eine eigenständige Bildsprache erarbeitet haben, die auf den Lehren Kuhnas aufbaut, die aber in ihrer Bildform und ihren Inhalten individuell von den einzelnen Künstlern weiterentwickelt wurden.
Die Malerei Prof. Hermann-Josef Kuhnas ist gekennzeichnet von der Kraft einer reinen Farbmalerei, die in All-Over-Strukturen die Leinwand in schwingenden und pulsierenden Farbverläufen rhythmisiert und dynamisiert. Dabei nutzt der Künstler und Lehrer seine sehr präzisen und genauen Kenntnisse von der Farbe, ihren Wirkungen und Interaktionen sowie seinen äußerst akribischen und geduldigen Malprozess, um damit ganz bestimmte Empfindungen, Erlebnisse oder Zustände auszudrücken.
Diese Auffassung von und dieser Umgang mit Farbe als Darstellungsinstrument phänomenologischer und psychologischer Zustände ist das, was der 1979 in Murun (Mongolei) geborene Künstler Gan-Erdene Tsend für seine Kunst weiterentwickelt hat. Auch benutzt er die Maltechnik – das Auftragen der Farbe, schichtweise, Punkt für Punkt auf die Leinwand – um damit in seiner Landschaftsmalerei die atmosphärischen Farb- und Lichtstimmungen und die wirkenden Kräfte in der Natur seiner mongolischen Heimat darzustellen. Als eigenständige Bilderfindung ist die Idee der »Spiegelung« anzusehen, mit der Tsend die innere, geistige Vorstellungswelt in einer gespiegelten Wasserfläche visualisiert.
Min Clara Kim knüpft an die präzise und sorgfältige Arbeitsweise des Meisters und an dessen Spiel mit poetisch-lyrischen Bildtiteln als zusätzliche Kommunikationsebene des Werkes an. Dabei setzt die 1966 in Seoul geborene Südkoreanerin ihre Motive (Porträts und in asiatische Seidenstoffe eingepackte Gegenstände) schablonenartig auf einen meist weißen und schattenlosen Hintergrund in Szene. So schweben sie scheinbar Ort- und Zeitlos in einem neutralen, undefinierten Raum. In ihrer entmaterialisierenden Schattenlosigkeit verortet die Künstlerin sie in ein transzendentes, geistig-ideelles Zwischenreich.
Der Einfluss Kuhnas lässt sich bei dem 1980 in Kiew geborenen Gleb Bas vor allem in der komplexen und kontrastreichen Kompositionsstruktur beobachten sowie in den Wortspielen bei seinen Bildtitulierungen. Dabei wählt der Meisterschüler Kuhnas seine Motive aus den unterschiedlichsten Quellen (wie Zeitungen und Magazine, Nachrichten, Werbung) aus, separiert sie und setzt sie anschließend in neue Kontexte. Durch diese Form der Verfemdung, der De- und Rekontextualisierung erzeugt er neue narrative Relationen und verbindet die verschiedensten Erzählstränge miteinander. Schreckliche Kriegsnachrichten oder Bilder von Naturkatastrophen verbinden sich mit Banalen oder ästhetisch Schönem. In seinen Bildern reflektiert Gleb Bas so die Auswirkungen und Veränderungen unserer heutigen Gesellschaft, die durch die massive Bilderflut und durch die zunehmende Medialisierung unseres Lebens ausgelöst werden.
Im Werk Lars Reiffers zeigt sich der Einfluss Kuhnas am klarsten im Absolutheitsanspruch der Farbe, mit dem der erst 34-Jährige (geb. 1978 in Engelskirchen) seine Bildthemen in einem brillanten Kolorismus inszeniert. Dabei greift Reiffers barocke Motive, wie z. B. Blumenstillleben, auf und transportiert sie virtuos in das Hier und Jetzt. Indem er seine Sujets in starker Vergrößerung malt und sie häufig an den Bildrändern überschneidet, entfalten sie eine grazile, fast heroische Monumentalität. In ihrer verführerischen Sinnlichkeit zelebriert der Künstler in seinen Werken das in voller Blüte stehende Leben.
Auffällig bei diesen Meisterschülern Kuhnas ist, dass sich alle – im Gegensatz zu ihrem Lehrer – der gegenständlichen Malerei verpflichtet haben. Hugo Boguslawski dagegen gehört zu den Meisterschülern Kuhnas, deren Arbeiten noch am stärksten abstrakte Züge aufweisen, obwohl sie sich immer aus gegenständlichen Elementen (wie Blätter, Gräser und andere florale und geologische Motive) generieren. Was den ehemaligen Kunst- und Biologiestudenten dabei besonders mit seinem Lehrer verbindet ist das Interesse an botanischen Fundstücken und Fossilien sowie die narrativ aufgeladenen Titel, mit denen er seinen Bildern eine zusätzliche Dimension verleiht.
Boguslawski selektiert die spezifische Struktur seiner Motive und filtert damit das Elementare aus ihnen heraus. Mittels dieser Art der Abstrahierung oder auch Neucodierung strukturiert er die Leinwand. Seine Kompositionen erinnern in ihrem strukturellen Aufbau nahezu an Baupläne biologischer Organismen oder geologischer Formen.
Galerie Michael Nolte /Hafenweg 15 / 48155 Münster Telefon 0251 – 44809
www.galerie-nolte.de
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