Paderborn – Die Reichsannalen Kaiser Karls des Großen im Kaiserpfalz-Mseum in Paderborn. Das wichtigste Wort steht am Ende von Zeile 13 auf Seite 66. Hier ist zum ersten Mal das Wort „Westfalen” geschrieben worden.

Die 1.250 Jahren alten Reichsannalen aus der Pariser Nationalbibliothek sind in Paderborn ausgestellt. – Fotos Burkhard Battran
„Auf Latein, aber in vollendeter karolingischer Minuskel”, sagt Museumsleiter Martin Kroker mit Ehrfurcht in der Stimme. Eine 1.250 Jahre alte Handschrift, die doch aussieht wie gedruckt. Im LWL-Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn ist erstmals außerhalb der Pariser Nationalbibliothek dieses Jahrgangsbuch der sogenannten Reichsannalen Kaiser Karls des Großen zu sehen. Das kaiserliche Jahrbuch ist das zentrale Exponat der zentralen Ausstellung zum großen Westfalen-Jubiläum.
Wanderung durch die Geschichte
Am Anfang stand die Niederlage. Die Reichsannalen erzählen, wie Karl der Große den „Engern, Ostfalen und Westfalen“ herbe Verluste zugefügt hat. Die Vernichtung ist zugleich auch die Geburt einer Region und eines Volks aus dem weitläufigen Stamm der Sachsen. Die Ausstellung in Paderborn ist eine Wanderung durch die Geschichte Westfalens von ihrem Beginn bis zur Gegenwart.
Bis zu 80.000 Besucher werden erwartet
Entlang eines aus mumifizierten Heideblumen gesäumten Westfalen-Wanderwegs reihen sich die rund 500 Ausstellungsexponate wie Panorama-Stationen durch die beiden Etagen des LWL-Museums in der Kaiserpfalz. Bis zum 1. März des nächsten Jahres kann die Ausstellung zehn Monate lang täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr besucht werden. Es ist die umfassendste Westfalen-Ausstellung, die es je gegeben hat. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe als Träger der Jubiläumsausstellung erwartet, dass rund 60.000 bis 80.000 Besucher die Ausstellung in Paderborn besuchen werden.
500 kulturelle Schätzen aus Westfalen
Mit der großen Sonderausstellung “775 – Westfalen” feiern der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die LWL-Kulturstiftung das Jubiläum “1250 Jahre Westfalen”. Zwischen rund 500 kulturellen Schätzen aus der Region gehen die Besuchen-den ab Freitag (16.5.) im LWL-Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn auf einer Art “Wanderweg” durch die Geschichte Westfalens. Die Ausstellung (bis 1.3.26) ist der Höhepunkt im Kulturprogramm der LWL-Kulturstiftung zum Jubiläumsjahr.
Facettenreiche Entwicklung der Region

LWL-Direktor Georg Lunemann, Museumsleiter Martin Kroker und LWL-Kulturdezernentin Barbara Rüschoff-Parzinger stellen die Ausstellung in Paderborn vor.
Auf rund tausend Quadratmetern soll die facettenreiche Entwicklung der Region seit der ersten Erwähnung im Jahr 775 anhand von Handschriften, großformatigen Gemälden und archäologischen Funden erlebbar werden. Hochkarätige Exponate aus Belgien, Frankreich, Österreich, den Niederlanden und Deutschland wurden zum Teil erstmals ausgeliehen. KI-generierte Bilder zeigen, wie bekannte und weniger bekannte Westfälinnen und Westfalen ihre Heimat in der Zukunft sehen, Medienstationen laden die Besuchenden zum Mitmachen ein.
Wie die Region Westfalen gemacht wurde
Dr. Georg Lunemann, der Direktor des LWL: “Vor rund 1250 Jahren fiel der Begriff Westfalen das erste Mal als geschriebenes Wort – ein historischer, feierwürdiger Moment für alle in Westfalen und für die, die mit Westfalen etwas verbinden.” Denn 2025 jähre sich die erstmalige Erwähnung der Westfalen in einem Bericht der fränkischen Reichsannalen für das Jahr 775 zum 1250. Mal. “Das ist Grund genug, einen schärferen Blick sowohl von außen wie auch von innen auf Westfalen, seine Geschichte und seine Wandlungen zu werfen. Das Publikum darf hochkarätige Exponate erwarten. Sie zeigen, wie eine Region gemacht wurde und was Westfalen ausmacht. Die meisten Menschen, die hier leben, sind ja irgendwann dazugekommen. Westfalen ist darum schon seit Jahrhunderten so etwas wie ein großes Versuchslabor – spannend zu gucken, was hier entsteht, wie die Menschen hier ihre Probleme anpacken statt sie zu verwalten oder zu vertagen. Das macht Westfalen so interessant.”
Streifzug durch Westfalen
Die Ausstellung in Paderborn soll auch ein geschichtlicher Abriss zur Entwicklung Westfalens sein. “Eine Rückschau auf die Entwicklung unserer Heimat seit dem Jahr 775 muss sein, aber wir wollen auch vom Zeitstrahl abweichen, besondere Perspektiven einnehmen, den Blick in die Zukunft werfen”, so Dr. Martin Kroker, Leiter des LWL-Museums in der Kaiserpfalz. Das werde dem Team vor allem dank der Ausstellungsgestaltung und herausragender Ausstellungsstücke gelingen, erklärte Kroker.
Eine der beiden letzten existierenden Abschriften
Das zentrale Exponat ist eine der beiden letzten existierenden Abschriften der Reichsannalen aus der Pariser Nationalbibliothek. Sie wird nur selten ausgeliehen, weil sie so empfindlich ist. Die Reichsannalen waren Jahrbücher, die am Hof Karls des Großen geschrieben worden sind. Für das Jahr 775 notierte hier ein Schreiber einen Kriegszug der Franken gegen die Sachsen. Die Franken besiegten die Ostfalen, die Engern und – die Westfalen.
Selbst aktiv werden
Die Besuchenden können innerhalb der Ausstellung an Mitmach-Stationen selbst aktiv werden und dank eines Begleitprogramms Westfalens Vielfalt erleben. Neben der Vortragsreihe “Westfälische Welten” erwarten besonders Familien mit Kindern kreative Workshops, Themenführungen, Sonderveranstaltungen und Ferienprogramme. Kroker: “Wir möchten mit der Ausstellung und dem Begleitprogramm alle Westfälinnen und Westfalen aktiv zum Mitfeiern einladen, denn es ist vor allem die Geschichte ihrer Heimat, die hier im Mittelpunkt steht.”
“Neue Perspektiven auf das Westfälische entwirft auch der Begleitband zur Ausstellung. Hier erwarten Interessierte neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur westfälischen Geschichte, zu archäologischen Funden, mittelalterlichen Handschriften, Gemälden und Grafiken”, erklärte LWL-Kulturdezernentin Rüschoff-Parzinger.
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