Bibelforschung feiert in Münster drei Jubiläen

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Bibelforschung feiert in Münster drei Jubiläen: Hundert Exponate zeigen historische und überraschende Funde aus der Editionsarbeit: Das Institut für Neutestamentliche Textforschung (INTF) wird 65 Jahre alt, die Hermann-Kunst-Stiftung 60 Jahre und das Bibelmuseum wird 45 Jahre.

Bibelforschung feiert in Münster drei Jubiläen

Kustos Dr. Jan Graefe, Prof. Dr. Holger Strutwolf, Direktor des Bibelmuseums, und Johannes Claßen (Wissenschaftliche Hilfskraft) präsentieren den Katalog zur Jubiläumsausstellung (v.l.) – Foto Uni MS – Brigitte Heeke

Wie ein wichtiges Fundament für Bibelübersetzungen entsteht, das können Besucherinnen und Besucher des Bibelmuseums in der Jubiläumsausstellung „Kritische Analyse heiliger Texte“ nachvollziehen und sich Meilensteine auf diesem Weg anschauen.

Das Institut für Neutestamentliche Textforschung (INTF) wird in diesem Jahr 65 Jahre alt, die Hermann-Kunst-Stiftung, die dessen Forschung fördert, 60 Jahre und das Bibelmuseum 45 Jahre. Die Schau ist vom 21. Mai bis 29. September im Bibelmuseum der Universität Münster an der Pferdegasse 1 zu sehen: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr sowie jeden zweiten Freitag im Monat von 10 bis 22 Uhr. Sonntags findet ab 15 Uhr eine offene Führung statt. Der Eintritt ist frei. Am Eröffnungstag (21. Mai) ist das Museum von 19 bis 22 Uhr geöffnet.

Bibelforschung feiert in Münster drei Jubiläen

Die handschriftlichen Jeremia-Anmerkungen von Martin Luther aus dem Jahr 1530 sind ein besonderes Highlight in der Jubiläumsausstellung im Bibelmuseum – Foto Uni MS – Brigitte Heeke

Bibelforschung zum anschauen: Gut hundert Exponate beleuchten die Geschichte der drei Institutionen und der neutestamentlichen Textforschung. Ein Highlight, das aus konservatorischen Gründen nur drei Monate zu sehen sein wird, sind die handschriftlichen Jeremia-Anmerkungen von Martin Luther aus dem Jahr 1530. Die Ausstellung spannt einen Bogen über fast 2000 Jahre Geschichte des „Buchs der Bücher“: von einem Faksimile des Codex Sinaiticus, der ältesten erhaltenen Abschrift des Neuen Testaments aus dem 4. Jahrhundert, und Papyrifragmenten des 3. und 4. Jahrhunderts, die erstmals zusammen in Münster zu sehen sind, bis hin zu aktuellen Bibelausgaben.

Dabei wird auch die wissenschaftliche Arbeit des INTF beleuchtet: Rund 5.000 Handschriften sind in Datenbanken des INTF fotografisch dokumentiert und wissenschaftlich bis ins kleinste Detail erfasst. So gelang es, mit dem „Nestle-Aland“ und später auch dem „Greek New Testament“ (GNT) zwei Handausgaben zu entwickeln, die international in Forschung und Lehre genutzt werden und zu Markenzeichen des Instituts wurden. Die seit 1997 veröffentliche „Editio Critica Maior“, die bis zum Jahr 2030 abgeschlossen sein soll, ist eine wesentlich ausführlichere Ausgabe, die alle wichtigen Lesarten und Varianten auflistet, vor allem für die Forschung.

Hintergrund zur Bibelforschung

Der Text der Bibel hat sich im Laufe von zwei Jahrtausenden immer wieder gewandelt, beispielsweise aufgrund neuer archäologischer Funde. Das Institut für Neutestamentliche Textforschung (INTF) der Universität Münster bemüht sich seit 65 Jahren, den griechischen Urtext zu rekonstruieren und damit eine verlässliche Grundlage für Glauben, Forschung und Ausbildung zu schaffen. Die von ihm heraus gegebenen kritischen Ausgaben des „Nestle-Aland“ und des „Greek New Testament“, basierend auf der „Editio Critica Maior“, sind das überkonfessionelle Fundament für Bibelübersetzungen weltweit.

Bibelforschung aktuell: Das Institut für Neutestamentliche Textforschung (INTF) dokumentiert und erforscht die Geschichte der Überlieferung des Neuen Testaments in seiner griechischen Ursprache. Hauptziel ist es, erstmals in Kenntnis des gesamten heute verfügbaren Materials ein Bild von der Textgeschichte zu gewinnen und auf dieser Basis den Ausgangstext der neutestamentlichen Überlieferung zu rekonstruieren. Wichtigstes Hilfsmittel ist die am Institut entwickelte Coherence-Based Genealogical Method (CBGM), ein EDV-gestütztes Verfahren zur Ermittlung des ursprünglichsten griechischen Textes im Neuen Testament. Zahlreiche Datenbanken, beispielsweise eine vollständige Erfassung aller bekannten griechischen Originale im „New Testament Virtual Manuscript Room“ (NTVMR), ermöglichen Wissenschaftlern in aller Welt den freien Zugang zur Materialbasis, um eigene Forschungsfragen zu klären.

Das dem Institut angeschlossene Bibelmuseum erzählt die Geschichte der Bibel – von ihren handschriftlichen Anfängen bis heute. Möglich wurde die Arbeit von Institut und Bibelmuseum nur durch die großzügige Unterstützung der Hermann Kunst-Stiftung für neutestamentliche Textforschung. Gegründet wurde sie 1964 auf Initiative von Bischof Hermann Kunst, dem ersten Bevollmächtigten des Rats der Evangelischen Kirche bei Bundesregierung. Sie sorgte nicht nur dafür, dass die Stiftung mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet wurde. Hermann Kunst überließ dem INTF auch seine wertvolle Privatsammlung mit neutestamentlichen Handschriften, Inkunabeln und frühen Bibeldrucken. Sie bildete den Grundstock für das 1979 eröffnete Bibelmuseum. Unterstützt wird das INTF in seiner Bibelforschung bis heute von der Hermann Kunst-Stiftung sowie von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste, die die Arbeitsstelle „Novum Testamentum Graecum – Editio Critica Maior“ finanziert.

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