Wewelsburg zeigt unbekannte Objekte

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Wewelsburg –  Das Kreismuseum Wewelsburg beteiligt sich erstmalig am Tag der Provenienzforschung mit einer Veranstaltung zur Sammlung Rothberger. Wie kommen Objekte in die Erinnerungs- und Gedenkstätte und welche Geschichten erzählen sie? Diesen Fragen wird am Mittwoch, den 10. April um 19 Uhr, bei einem Rundgang durch die Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“ anhand ausgewählter Stücke nachgegangen. Im Anschluss werden bislang nicht gezeigte Objekte und Kunstwerke vorgestellt. Dabei wird die Bedeutung der Provenienzforschung herausgestellt und die Herkunft sowie der Erwerbshintergrund der vorgestellten Objekte beleuchtet.

Sammlung Rothberger

Zum Tag der Provenienzforschung bietet das Kreismuseum Wewelsburg einen Rundgang mit Werkstattgespäch an.  – Foto Kreismuseum Wewelsburg

2022 hat das Kreismuseum Wewelsburg ein bronzezeitliches Griffzungenschwert an die Erben des ursprünglichen Besitzers restituiert und in einem zweiten Schritt angekauft. Das Schwert stammte aus der Sammlung des aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie Wiens stammenden Moritz Rothberger. Dieser hatte 1939 seine bedeutende Sammlung vor- und frühgeschichtlicher Objekte unter Zwang versteigern müssen. Diese Sammlung wurde durch die SS ersteigert und auf die Wewelsburg gebracht. In dieser Sammlung befand sich auch das angesprochene Schwert. Neulich wurden durch einen ehemals in Wewelsburg lebenden älteren Herrn Münzen und ein bronzezeitliches Tüllenbeil an das Museum übergeben. Als Kind hatte er diese Funde im Schutt der Wewelsburg gefunden. Wie sich nun herausstellte, war das von ihm übergebene Beil ebenfalls ursprünglich Teil der Sammlung Rothberger.

Treffpunkt für die rund 90-minütige Veranstaltung ist die Erinnerungs- und Gedenkstätte. Die Teilnahme ist frei, aufgrund der begrenzten Plätze wird eine Platzreservierung (Online-Ticket) auf wewelsburg.de empfohlen.

356 antike Objekte seiner Sammlung versteigert

Am 7. und 8. Februar 1939 versteigerte das Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin die Sammlung von Moritz Rothberger. Nach seiner Ausbildung zum Schneider und Kaufmann führte Moritz Rothberger seit 1900 mit seinen Brüdern Alfred und Heinrich das renommierte Kaufhaus „Jacob Rothberger“ am Wiener Stephansplatz.  Daneben baute er eine umfangreiche Sammlung vor- und frühgeschichtlicher und antiker Objekte sowie zeitgenössischer Malerei und Plastik auf. Bei der Auktion im Februar 1939 wurden 356 vor- und frühgeschichtliche sowie antike Objekte seiner Sammlung versteigert. Teil dieser Auktion war auch das Griffzungenschwert. Die SS erwarb Rothbergers Sammlung. Die Objekte wurden nach der Auktion nach Wewelsburg geschafft, wo sie von dem dortigen SS-Archäologen Wilhelm Jordan (1903 – 1983) angenommen und katalogisiert wurden.

Staatsgeschenke, Raubkunst und vorgeschichtliche Funde

Himmler sah die Wewelsburg als eine Art Aufbewahrungsort für Kunstschätze und Wertgegenstände an, vor allem im Laufe des Krieges. Dementsprechend wurden immer wieder Staatsgeschenke, Raubkunst und vorgeschichtliche Funde in die Wewelsburg verbracht und dort gelagert. Darunter befanden sich auch die Objekte der Sammlung Rothberger. Die verschiedenen SS-Sammlungen wurden kriegsbedingt größtenteils 1944/45 in das zwei Kilometer entfernte ehemalige Kloster Böddeken ausgelagert. Nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen im April 1945 wurden diese Bestände teils in alliierte Depots abtransportiert, teils geplündert.

Auch die archäologische Sammlung der SS litt unter verschiedenen Verlagerungen sowie der Sprengung der Wewelsburg durch die SS am 31. März 1945 und nachfolgenden Plünderungen. Ein Teil der Objekte wurde im Brandschutt wieder aufgefunden und entweder durch offizielle Stellen verwahrt oder gelangte durch Finder in private Hände. Nur noch wenige Stücke der ehemaligen archäologischen SS-Sammlung befinden sich heute in den Beständen des Kreismuseums. Einzelne Objekte sind in den Besitz des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Paderborn übergegangen.

Arbeitskreis Provenienzforschung

Der Arbeitskreis Provenienzforschung e.V., der seit 2000 aus einem internationalen Netzwerk aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Experten und Expertinnen besteht, hat aufgerufen sich mit der Erforschung der Herkunft bzw. des unrechtmäßigen Entzugs von Kulturgütern zu beschäftigen. Der Arbeitskreis ist seit 2014 als eingetragener Verein organisiert. Zu den zentralen Aufgaben gehören die fachliche Unterstützung der Provenienzforschung in allen ihren Tätigkeitsfeldern und die Förderung des interdisziplinären Austausches. Inzwischen hat der Arbeitskreis über 500 Mitglieder.

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