Eigenkapital ist etwas für Gaukler meint der Kiepenkerl

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Das Eigenkapital ist ein recht unbestimmter und dehnbarer Begriff und sagt nicht viel – meint der Kiepenkerl. Er ist eher etwas für Gaukler.

Eigenkapital ist etwas für Gaukler meint der Kiepenkerl

Mit der Bewertung von eigenen Immobilien kann man sich sehr gut Kredite “ergaunern” – das haben die Finanzjongleure wie Donal Trump, René Benko und andere gemeinsam – Foto Pixabay

Der Wunsch nach verlässlichen Daten über künftige Entwicklungen und Konsequenzen alternativen Handelns ist so alt wie die Menschheit. In der Antike bedienten sich die Großen dieser Welt der Orakel von Delphi und Didyma. Beide waren für die Zweideutigkeit ihrer Sprüche bekannt. Jeder Auftraggeber wusste das und stellte sich darauf ein.

Anders verhält es sich bei den Orakeln der Neuzeit. Die Wirtschaftsprüfer, kreditgebenden Banken und Wirtschaftsforschungsinstitute nehmen – gestützt auf die internen oder externen Daten – für sich in Anspruch, verlässliche Aussagen über die künftige Entwicklung machen zu können.

Beim Wetterbericht lässt sich die Qualität solcher Weissagungen täglich nachprüfen. Dagegen profitieren Wirtschafts-Orakel vom oder leiden unter dem Timelag – je nach Involviertheit.

Im Dunstkreis solcher Offenbarungen fördern Weissager ganz erstaunliche Daten zutage. Zum Beispiel die Eigenkapitalquote von deutschen oder internationalen Unternehmen. Allerdings weiß häufig kaum jemand was das Eigenkapital genau, was das ist. Dafür kennt man die Quote aber auf die Nachkommastelle genau.

Der Mangel an Eigenkapital wird häufig als typisch deutsche Krankheit diagnostiziert. Man sieht darin die Folgen zweier verlorener Weltkriege, der Währungsreform und der Inflation.

Doch viel häufiger geht es um den Einfallsreichtum von Fonds oder Investoren, Banken oder Anlegern, die über einen undurchdringlichen Dschungel von Firmengeflechten und ominösen Startups über die tatsächliche Eigenkapitalausstattung zu täuschen.

Wirecard AG

Die Wirecard AG mit Sitz in Aschheim war bis zur Insolvenz ein deutscher Zahlungsabwickler und Finanzdienstleister. Wirecard bot weltweit Lösungen für elektronischen Zahlungsverkehr, Risikomanagement sowie Herausgabe und Akzeptanz von Kreditkarten an.

Aufgrund des rasanten Aufstiegs verdrängte Wirecard 2018 sogar die Commerzbank aus dem DAX und war somit in der Topliga der deutschen Finanz-Firmen, deren Jahresabschlüsse von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernest & Young testiert waren.

Recherchen der Financial Times ergaben im Frühjahr 2019, dass Scheinhandel mit Tochterfirmen in Asien den Umsatz und die Gewinne künstlich nach oben katapultiert hatte. Dabei wurden angeblich Zahlungen mit Unternehmen abgewickelt, die bereits seit Jahren nicht mehr existierten.

Daraufhin wurde die Vorlage des Jahresabschlusses mit einer kaum nennenswerten Eigenkapitalquote verschoben, denn in der Bilanz fehlten 1,9 Milliarden Euro. Laut Wirecard befand sich dieses Geld auf Konten von zwei Banken auf den Philippinen. Diese bestritten allerdings jegliche Geschäftsbeziehung mit Wirecard.

Es stellte heraus, dass die Finanzunterlagen dieser Konten durch Wirecard gefälscht worden waren. Daraufhin stürzte die Aktie endgültig ab. Eine Woche später meldete Wirecard Insolvenz an.

Jan Marsalek, Nummer zwei im Vorstand, verschwand mit dem Geld vermutlich nach Moskau.

 René Benko 

Bei Benkos Firmenimperium handelt es sich um ein Schneeballsystem, das vor allem über Zuschreibungen von Immobilienwerten funktioniert. Dadurch hatte sich der Wert seiner Immobilien in der Bilanz der österreichischen Signa Holding GmbH 1921 auf 20 Mrd. Euro verdoppelt. Mit dem nominell erhöhten Eigenkapital wurden zusätzliche Kredite von Banken ergaunert, für die Benko weitere Objekte erwarb. Schließlich drehe sich das Karussell bei Europas größtem privaten Immobilienkonzern immer schneller. Statt zu konsolidieren kaufte Benko 2022 die britische Kaufhausgruppe Selfridges und startete im Januar 2023 gegen alle Vernunft noch den 950 Mio. Euro teuren Bau des Elbtowers in Hamburg.

Als frische Gelder für die Finanzierung der Bauprojekte ausblieben, meldete die österreichische Signa Holding Insolvenz an. Das stürzte eine Tochterfirma nach der anderen in die Insolvenz.

Auch die Signa Prime, das Immobilien-Filetstück der Unternehmensgruppe, meldete Insolvenz in Eigenverantwortung an. Geschäftspartner und Investoren hatten offenbar das Vertrauen in Benkos Geschäftspolitik verloren. Dadurch geriet auch die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof trotz eines staatlichen Zuschusses in Höhe von 680 Mio. Euro aus dem Wirtschafts-Stabilisierungsfonds in den Insolvenzstrudel.

Für alle Fälle hat René Benko vorgesorgt, denn er hat es strikt vermieden, mit seinem privaten Milliardenvermögen zu haften.

Donald Trump

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump ist der prominenteste Gaukler, der sein Vermögen und seine Eigenkapitalquote deutlich überbewertet hat.

Inzwischen ist er von der New Yorker Generalstaatsanwältin angeklagt, weil er sein Immobilienvermögen um mehr als 3 Mrd. Dollar höher angegeben hat, um an bessere Konditionen bei Krediten und Versicherungsprämien zu kommen. So spielt man mit seinem Eigenkapital.

Die Strafe soll mindestens 250 Mio. Dollar betragen. Für Trump und seine Kinder geht es auch um ein Geschäftsverbot im US-Bundesstaat New York. Unklar ist, ob Trump bei einer Verurteilung auch Immobilien wie seinen berühmten New Yorker Trump Tower verkaufen muss.

Bei seinem persönlichen Auftritt vor dem New Yorker Gericht hat Trump den kreditgebenden Banken und seinen Buchhaltern die Schuld für die aufgeblasenen Immobilienwerte in seinen Bilanzen gegeben. Er sagte, dass er sich nicht um die Details gekümmert habe und dass die Immobilienpreise in New York nur schwer zu quantifizieren seien.

Der ehemalige Trump-Anwalt Michael Cohen erklärte dazu, dass die Vermögenswerte oft höher bewertet wurden, um Trump „weiter oben in der „Forbes-Liste“ der reichsten Menschen der Welt zu platzieren. Im Prinzip seien die Zahlen frei erfunden, so Cohen, und sie seien auch regelmäßig die Grundlage für Geschäfte mit der Deutschen Bank gewesen.

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