Johanna Love: Zeichnen im Garten der unendlichen Zeit

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Johanna Love. Zeichnen im Garten der unendlichen Zeit: Kunstprojekt und Sonderausstellung im Museum Kloster Bentlage vom 7. Mai bis zum 30. Juli zu den Bentlager Reliquiengärten.

Johanna Love: Zeichnen im Garten der unendlichen Zeit

Steinlithographie 2023 – Foto Johanna Love

Zum Kulturerbe Westfalens gehören die „Bentlager Reliquiengärten“ – zwei spätmittelalterliche Altäre aus dem ehemaligen Kreuzherrenkloster in Rheine, die sich seit über 500 Jahren fast ununterbrochen an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort befinden. Sie sind eine Besucherattraktion des Museums und zugleich ein wichtiges Zeugnis mittelalterlicher Spiritualität.

Als Kombination von Paradiesgarten und Kalvarienberg verweisen die von Zisterzienserinnen sorgsam mit textilen Blüten, Pailletten und Korallen geschmückten Reliquien auf die christliche Heilsgeschichte und die Vorstellung vom himmlischen Paradies. Sie bestärkten die früheren Bewohner des Klosters darin, ihr Leben auf ein höheres Ziel hin auszurichten.

Johanna Love: Zeichnen im Garten der unendlichen Zeit

Bentlager Reliquiengarten – Foto Rheine

Die Künstlerin Johanna Love, Dozentin für Druckgrafik am Camberwell Arts College und der Universität Brighton, lernte die Bentlager Reliquiengärten 2018 im Rahmen eines Druckgrafik-Symposiums kennen. Ihr besonderes Interesse gilt seit Jahren dem Thema Staub, mit dessen materiellem und immateriellen Potential sie sich beschäftigt. Staub ist für Johanna Love eine Art Archiv, nutzbar, um sich mit der Geschichte und der unaufhaltsamen Vergänglichkeit von Materie zu befassen.

In der aktuellen Ausstellung sind bis zu einem Meter große Zeichnungen und Lithografien sowie farbige Laserschnitte zu sehen. Alle Werke basieren auf winzigen, für das bloße Auge kaum wahrnehmbaren Proben von Reliquienstaub aus den Bentlager Reliquiengärten. In London hat Johanna Love diese Proben im berühmten Museum for Natural History elektronenmikroskopisch untersuchen lassen.

Johanna Love: Zeichnen im Garten der unendlichen Zeit

Dust Zeichnung – Foto Johanna Love

Mittels dieser Technologie wurde Unsichtbares sichtbar, die Struktur des Staubes erstmals erkennbar. Die eher nüchternen, wissenschaftlichen Aufnahmen „übersetzte“ Johanna Love anschließend in eine eigene Bildsprache und kreierte Räume, in die die Betrachter eintreten können, um sich mit Gedanken über den Lauf der Zeit zu beschäftigen.

Johanna Love ist zugleich die erste Stipendiatin eines neuen Stipendiums zur Förderung der druckgrafischen Kunst am Kloster Bentlage das zukünftig jährlich vergeben werden soll. Dieses privat finanzierte Stipendium ermöglichte der Künstlerin sowohl die konzentrierte Arbeit in der Druckwerkstatt von Kloster Bentlage als auch die Realisierung großformatiger Lithografien in der Pariser Dependance der Deb Chaney Editions, New York. So verbindet dieses wohl einzigartige Kunstprojekt drei europäische Orte und schafft zugleich einen spannenden Brückenschlag von der Gedankenwelt des Mittelalters zu einem zeitgenössischen Diskurs über Erfahrung und Wahrnehmung.

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