Nieheimer Flechthecke für die Landesgartenschau

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Eine Nieheimer Flechthecke wird von mehr als 40 Studierenden für die Landesgartenschau gepflanzt. Das Kulturerbe bekommt ihren Platz in Sichtweite des karolingischen Westwerks.

Nieheimer Flechthecke für die Landesgartenschau

Die Studierenden Lara Beckmann und Maren Haida pflanzen die Felchtheck für die Landesgartenschau an – Foto LGS

Es sind lebendige Zäune, die auf dem Gelände der Landesgartenschau 2023 Höxter im Weserbogen entstehen. Im 25 Kilometer entfernten Nieheim hat die Flechthecke eine jahrhundertelange Tradition. Seit 2018 ist sie sogar als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Etwa 40 Studierende der Technischen Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) haben jetzt unweit von Schloss Corvey Nieheimer Flechthecke als grüne Einfriedigung gepflanzt. „Wir bekommen also ein Kulturerbe am Welterbe Corvey“, freut sich LGS-Geschäftsführerin Claudia Koch.

Nieheimer Flechthecke für die Landesgartenschau

Experten für die Nieheimer Flechthecke beraten die Studierenden – Foto LGS

Etwa 350 große Heckenpflanzen der Nieheimer Flechthecke bringen die Erstsemester nahe des NaturGartenForums in die Erde. Es werden insgesamt drei verschiedene Heckentypen mit einer Gesamtlänge von 160 Metern angelegt. „Seitens der Hochschule freuen wir uns sehr, dass wir so ein tolles Projekt wie eine original Nieheimer Flechtecke realisieren können“, sagt Jessica Gabler, Ökologin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung. „Für die Studierenden und angehenden Landschaftsarchitekten ist das Lehre zum Anfassen und Lehre, die im Gedächtnis bleibt.“ Das sei ein wichtiges praktisches Element neben den theoretischen Grundlagen.

Die Haselnuss-, Weißdorn- und Ahorn-Pflanzen sind schon seit über einem Jahr in einer Baumschule für diesen Zweck gezogen worden. „Die Ruten haben schon eine Höhe von zweieinhalb bis drei Metern“, berichtet Flechthecken-Fachmann Ulrich Pieper aus Nieheim. Die Länge wird auch benötigt, schließlich sollen sie im Frühling schon in der speziellen Nieheimer Technik geflochten werden.  Pieper und seine Helfer vom Heimatverein und der TH OWL wollen zum einen die traditionelle Nieheimer Flechthecke aus Haselnuss zeigen, aber auch zwei sogenannte Kreuzhecken aus Weißdorn oder Ahorn. „Die ähneln einem Jägerzaun.“

Nieheimer Flechthecke für die Landesgartenschau

Studierende arbeiten am Weserbogen – Foto LGS

Es geht darum, den Gartenbesitzern zur Landesgartenschau unterschiedliche Arten von Hecken als Anschauungsobjekt zu bieten. „Vor Weißdorn schrecken viele wegen der Dornen zurück, doch er blüht schön im Frühling und trägt Früchte im Herbst“, erläutert der Nieheimer Stadtheimatpfleger. Dagegen könnte die Ahornhecke mit schönem Blatt punkten.

Flechthecken bilden einen grünen Wall und haben einen hohen ökologischen Wert, weil zahllose Vögel darin brüten können und sie vielen weiteren Tieren Lebensraum, Schutz und Nahrung bieten – zum Beispiel Rebhühnern, Reptilien oder Hasen. „Auch wenn Hecken Arbeit machen und Platz brauchen – sie binden aber sehr viel vom Klima-schädlichen CO2“, betont Ulrich Pieper.

Zur LGS wird er immer freitags mit seinem Team in Höxter vor Ort sein. Die Flechthecken-Fachleute machen regelmäßig Angebote beim „Bunten Klassenzimmer“. „Die Gartenschau-Besucher können die Flechttechnik selbst ausprobieren“, sagt Ulrich Pieper. Drei bis vier Mitglieder des Heimatvereins  werden also regelmäßig in Höxter präsent sein und über die Pflanzung, Pflege und Vorzüge der Flechthecke zu informieren, auch die Studierenden der heimischen Hochschule sind eingebunden.

Für Jessica Gabler ist es schon etwas Besonders, dass die Studierenden ihr erlerntes und erlebtes Wissen zur historischen Knotentechnik, Ökologie und Kultur dieses immateriellen Kulturerbes an die Besucherinnen und Besucher der Landesgartenschau weitergeben können. „Auf diese Weise tragen sie dazu bei, dass das Wissen über diese schöne und nachhaltige Art, Flächen zu trennen, nicht verloren geht“, sagt Jessica Gabler. Die Landschaftsarchitekten von Morgen könnten Flechthecken bei zukünftigen Planungen berücksichtigen.

Die Nieheimer Flechthecke war auch bereits Thema in Abschlussarbeiten von Studierenden der Landschaftsarchitektur. Julius Dickmann hat in seiner Masterarbeit einen Vorschlag erarbeitet, mit dem man ein nachhaltiges Pflegekonzept für die Hecken entwickeln kann. „Fasziniert hat mich an den Nieheimer Flechthecken, dass dies ein beeindruckendes Handwerk mit einer langen Historie ist, das aber leider in Vergessenheit zu geraten droht“, sagt er. Nachhaltigkeit, Artenschutz und der Einsatz heimischer Gehölze – all das sei mit den Hecken gegeben und sollte geschützt und weiterverfolgt werden. Julius Dickmann arbeitet übrigens inzwischen auf der Landesgartenschau – als Bauleiter für das beauftragte Unternehmen GaLaBau Lippe GmbH aus Lage-Hagen ist er derzeit in Höxter im Einsatz.

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