Lügen ex cathedra? – fragt der Kiepenkerl

Sind Lügen ex cathedra möglich, sinniert der Kiepenkerl. Wenn der Papst in seiner Eigenschaft als Kirchenlehrer etwas ex cathedra verkündet, dann ist das so wahr und unerschütterlich wie der Sonnenaufgang.

Lügen ex cathedra? - fragt der Kiepenkerl

Auch der Vatikan spielt nicht immer eine rühmlich geschweige denn eine vorbildliche Rolle – Foto Pixabay

Ob das auch für einen emeritierten Papst gilt, der sich zu einem eigenen Verstoß gegen das 8. Gebot äußert, ist unwahrscheinlich. In diesem Fall ist das bedeutungslos, denn die Beichte macht es Katholiken einfach. Sie haben die Möglichkeit, sich in der Beichte durch einen Priester von allen Sünden – auch den Lügen – reinwaschen zu lassen. Zur Aufklärung, den Beichtvater des Emeritus zu befragen, wäre sinnlos, denn er ist durch das Beichtgeheimnis zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Der niederländische Forscher und bekennende Katholik Gerard Verschuuren beschäftigt sich seit Jahren mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Religion.

Lügen ex cathedra? - fragt der Kiepenkerl

In dem Gutachten der Münchner Kanzlei Westphal Spilker Wastl zum sexuellen Missbrauch im Bereich der Erzdiözese München und Freising werden dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Vorwürfe aus seiner Zeit als Kardinal aus dem Bistum gemacht – Foto Pixabay

Er schreibt, dass nicht der Priester Sünden vergibt, sondern Gott selbst. Ein Geistlicher ist dabei nur der Mittler. Der Katechismus sagt dazu: „Gott allein kann Sünden vergeben” und verweist auf Mk. 2,7. Danach hat Jesus die Kraft, Sünden zu vergeben, an seine Jünger mit den Worten weitergegeben: „Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen, denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.” Die Beichte ist ein Zeichen der Gnade Gottes und bietet jedem Gläubigen die Möglichkeit, eine Zerrüttung in der Beziehung zu Gott aufzuheben.

Verschuuren ergänzt, dass man den Beichtakt nicht unterschätzen sollte: Denn es erfordere viel Demut, die eigenen Sünden zu bekennen und sich damit selbst einzugestehen, Fehler gemacht zu haben. Die Beichte ist auch keine Einladung, neue Sünden zu begehen, sondern die Möglichkeit, noch einmal von vorne anzufangen. Wie allerdings mit Katholiken umgegangen werde soll, die die Beichte in dieser Weise gebrauchen, sagt der Wissenschaftsphilosoph nicht.

In dem Gutachten der Münchner Kanzlei Westphal Spilker Wastl zum sexuellen Missbrauch im Bereich der Erzdiözese München und Freising werden dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Vorwürfe aus seiner Zeit als Kardinal aus dem Bistum gemacht. Diese Vorwürfe hat der Emeritus in einer 82-seitigen schriftlichen Stellungnahme zurückgewiesen.

Von 1977 bis 1982 war Joseph Ratzinger Erzbischof von München und Freising. In diese Zeit fällt die Aufnahme von Pfarrer H. aus Essen. Dieser war bereits dort aktenkundig wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen. In Bayern sollte er in Therapie. Kurz nach dem Wechsel wurde er bereits wieder in der Gemeindeseelsorge eingesetzt. Es kam erneut zu sexuellen Übergriffen an Kindern und Jugendlichen.

Der renommierte Kirchenrechtler Thomas Schüller wurde in einer ARD- Sendung „Brennpunkt” zu den Lügen deutlich: „Er hat eindeutig gelogen.” Denn Benedikt hatte zunächst betont, dass er an der Sitzung im Jahr 1980 nicht teilgenommen habe, in der beschlossen wurde, dass ein Priester, der im Bistum Essen Jungen missbraucht hatte, nach Bayern versetzt werden sollte.

Im achten Gebot heißt es: „Du sollst nicht lügen“. Genau das hat Benedikt der XVI. in seiner Stellungnahme zum Missbrauchsgutachten aber getan, wie er jetzt selbst einräumte. Damit argumentiert er, wie ein Angeklagter im Strafprozess: „Nur das zugeben, was ohnehin bekannt ist.“

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, sprach hinsichtlich der Vorwürfe von einem „desaströsen Verhalten” und erwähnte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den emeritierten Papst Benedikt XVI. „Vertuscht und verdeckt wurde lange genug”, so der Limburger Bischof mit Blick auf das Münchner Gutachten.

Eine unglückliche Rolle spielte in dem Zusammenhang Erzbischof Georg Gänswein. Er ist Kurienerzbischof der römisch-katholischen Kirche und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI.

Gänswein hat den Katholiken nicht reinen Wein, sondern „Gänsewein“ eingeschränkt. Gänsewein ist im Volksmund die scherzhafte Bezeichnung für natürliches Trinkwasser.

In seiner Stellungnahme zur Erläuterung der gegen den Papst erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit der Versetzung von Pfarrer H. aus Essen nach Bayern, führte er aus: „Die falschen Angaben in der Stellungnahme des Papstes seien ein Malheur seiner Mitarbeiter gewesen.“ „Ja, eine kleine Gruppe von qualifizierten Leuten hatte Benedikt geholfen, dann gab es diesen Fehler und leider ist der niemandem aufgefallen“, sagte Gänswein: „Es bleibt der Fakt, dass ein Fehler und eine Lüge zwei unterschiedliche Dinge sind.“

Benedikt hat in einem veröffentlichten Brief bereits den Fehler bedauert und sich gegen den Vorwurf der Lüge gewehrt. Zugleich bat er die Opfer um Entschuldigung, die in seiner Diözese sexuellen Missbrauch durch Geistliche erfahren hatten.

Die Entscheidungen des Leitungsgremiums in der Erzdiözese Bistum München und Freising fielen offensichtlich im Rahmen von Urformen der Spieltheorie.

Die Spieltheorie ist eine mathematische Methode, die das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen ableitet, in denen der Erfolg des Einzelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt. Der Begriff „Spieltheorie” beruht darauf, dass am Anfang der mathematischen Spieltheorie den Gesellschaftsspielen wie Schach, Mühle, Dame etc. große Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

In der Erzdiözese gab es drei Varianten der Spieltheorie:

Priesterpuzzle

Es ist darauf zu achten, dass vom Puzzle der Pfarrstellen kein Teil verlorengeht.

Priestermühle

Priester können als unbefleckte Mühlesteine zwischen den Pfarreien hin- und hergeschoben werden.

Blinde Kuh

Die Feststellung der Spieler lautet in dem Kinderspiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst.“ Das Personalkarussell in der Leitungsebene wurde folgendermaßen praktiziert: „Ich sehe was, was du nicht sehen willst.“

Bei der überfälligen Aufklärung pädophiler Straftaten könne man an das Spiel „Fang den Hut“ (das Birett) denken.

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