Dortmunder U – hier braut sich was zusammen

Dortmund – Es ist umstritten, es ist teuer, aber es hat die größte Stadt Westfalens im deutschen Kultur-Ranking weit nach vorne gebracht – das Dortmunder U, auch U-Turm genannt, jetzt “Zentrum für Kunst und Kreativität“. Seit 2010 sind die sieben Etagen des prägnanten Industriebaus aus den 20er Jahren die Heimstätte mehrerer Dortmunder Kultureinrichtungen. Im obersten Stockwerk mit der 15 Meter hohen „Kathedrale“ bietet ein Restaurant mit Dachterasse überwältigende Ausblicke ins Ruhrgebiet, bis zu den Bergen des Sauerlands. Das sechste Stockwerk steht für wechselnde Ausstellungen ohne feste Zuordnung zur Verfügung, in den Etagen fünf und vier ist seit Oktober 2010 das Museum Ostwall zuhause. Im dritten Stockwerk fördert der “Hartware Medienkunstverein” innovative Kulturprojekte, Etage zwei wird vom Zentrum für Kulturelle Bildung genutzt, im ersten Stock ist das “Zentrale Forschungsinstitut für Bewegtbildstudien” der Fachhochschule Dortmund zuhause und im Erdgeschoss wurde “European Centre for Creative Economy” (ECCE) und das RWE Forum mit einem Kinoraum für ca. 200 Personen eingerichtet.

In den Jahren 1926/1927 wurde das mächtige Gebäuder als Gär- und Lagerkeller der Dortmunder Union Brauerei am westlichen Rand der Dortmunder Innenstadt gebaut. Der Name ist abgeleitet von dem 1968 auf dem Hauptturm aufgebrachten und 2008 komplett restaurierten Firmenzeichen der Brauerei: ein vierseitiges, neun Meter hohes, vergoldetes und beleuchtetes „U“ nach einem Entwurf des Architekten Ernst Neufert. Nach der Verlagerung des Brauereistandorts 1994 blieb von den Betriebsgebäuden nur dieser unter Denkmalschutz stehende Gebäudeteil stehen. Die Stadt Dortmund erwarb 2007 das Areal und ließ das bis dahin leer stehende „Dortmunder U“ als Leuchtturmprojekt der Kulturhauptstadt Europas – RUHR.2010 zum Zentrum für Kunst und Kreativität umbauen. Gründungsdirektor war Andreas Broeckmann, der 2011 an die Universität Lüneburg wechselte. 2017 übernahm der Kunstwissenschaftler und Generaldirektor des Centraal Museum in Utrecht, der Niederländer Edwin Jacobs, die Leitung des U, ebenso die Leitung des im U beheimateten Museums Ostwall.

Dortmunder U – vom Brauhaus zum Kulturpalast

Der 70 Meter hohe Gewerbebau ist bautechnisch ein Hochhaus. Der scheinbar entgegengesetzt zu seiner vertikalen Ausrichtung als Kellerhochhaus, Kühlhaus und Gär- und Lagerkeller bezeichnete Komplex wurde nach Plänen des auf Brauereigebäude spezialisierten Dortmunder Ingenieurs und Architekten Emil Moog gebaut. Mit der neuen Produktionsstätte – hier wurde das Bier noch in offenen, verfliesten Becken vergoren – konnte die Brauerei auch an ihrem beengten, citynahen Standort ihren Ausstoß steigern. 1929 wurden zum ersten Mal mehr als eine Million Hektoliter Bier erzeugt. Die Dortmunder Union Brauerei war zeitweise die größte Brauerei Westdeutschlands.

Das mehrteilige Gebäude wurde als Stahlbetonbau erbaut und steht auf 40 Pfeilern. Die architektonische Handschrift wird an dem reinen Funktionsbau in dem zweistufigen, gitterförmigen Aufbau auf dem Hauptturm sichtbar. Nach Recherchen des Filmemachers Adolf Winkelmann, der nach Umbau zum „Zentrum für Kunst und Kreativität“ darin seine „Fliegenden Bilder“ installierte, habe der Architekt in den Zierstützen Scheinwerfer anbringen lassen, die den funktionslosen Aufbau bereits als „Lichtskulptur“ ausgeleuchtet hätten.

Dortmunder U

Das Dortmunder U – ein hochkarätiges Kulturzentrum – Foto Hannes Woidich

m Januar 2008 wurde ein Umbau des Gebäudes zu einem Zentrum der Kreativwirtschaft beschlossen. Das Dortmunder U wurde als das Dortmunder Leuchtturmprojekt in den Rahmen der RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas aufgenommen. Am 26. Februar 2008 genehmigte die Landesregierung NRW die Umbaupläne. Das Projekt sollte insgesamt 46 Millionen Euro kosten, davon wurden 50 Prozent aus EU-Mitteln, 20 Prozent aus Mitteln des Landes NRW und 30 Prozent aus Mitteln der Stadt Dortmund bestritten. Die Planung und Ausführung der Umnutzung erfolgte durch das Dortmunder Architekturbüro Gerber Architekten unter der Gesamtleitung von Eckhard Gerber.

Die sieben Geschosse wurden im Frontbereich durchbrochen, so dass eine offene Kunst-Vertikale im Inneren dem Besucher die Dimensionen des Gebäudes offenbart und ein Zugang zu den einzelnen Ebenen gegeben ist. Die angebauten Erker, an der Westseite über drei Geschosse, im vierten Stock als sogenannte „VIP-Lounge“ und im Norden als zweigeschossige Bibliothek, sorgen für zusätzlichen natürlichen Lichteinfall. Eine Aussichtsterrasse, Gastronomie und Veranstaltungs- bzw. Ausstellungsräume machen eine vielfältige Nutzung möglich. An den Eingangsbereich wird sich, als Verbindung zum projektierten Stadtquartier, eine überdachte Piazza anschließen.

Als erstes sichtbares Zeichen der Sanierung wurde am 19. Dezember 2008 das auf dem Gebäude befindliche Wahrzeichen der Öffentlichkeit übergeben. Um 16.07 Uhr wurde das neu mit 554 Gramm Blattgold belegte Dortmunder U durch den damaligen Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer und den Architekten Eckhard Gerber illuminiert.

554 Gramm Blattgold für das Dortmunder U

Nicht nur die Ausstellungen im Museum Ostwall und im Hartware Medienkunstverein machen einen Besuch des Dortmunder U lohnenswert, auch die “Kunst am Bau” ist vom feinsten: Im Treppenhaus ist die “Kunstvertikale Neun Fenster in der Vertikalen” zu sehen, außerdem werden seit Mai 2010 drei Stationen der Installation “Fliegende Bilder” von dem als Film- und Fernsehmacher bekannten Adolf Winkelmann im Dortmunder U gezeigt. Auf der Außenseite der Station an der Dachkrone sind, in einer extra für den U-Turm entworfenen Technik, 1,7 Mio. lichtstarke Outdoor-LEDs, die auf 6.000 LED-Lamellen sitzen (pro Lamelle etwa 200 LEDs), montiert und an den jeweiligen Tag und Stunde angepasste Videokunst zeigen. Die Leuchtleistung ist in der Nacht weniger intensiv eingestellt als am Tag. Die Bilderuhr auf der Dachkrone läuft täglich von 6:00 Uhr morgens bis Mitternacht. In der Zwischenzeit ist auf jeder Seite die aktuelle Uhrzeit zu sehen. Jeder Tag hat sein eigenes Motiv. Zum Sonnenuntergang zeigen sich die Erinnerungen an die Motive der letzten zwei Tage, da erfahrungsgemäß auswärtige Gäste in der Stadt zu dieser Zeit den U-Turm zu sehen bekommen. Brieftauben erscheinen von montags bis freitags immer zur vollen Stunde, am Wochenende sind es weiße Tauben. Bei Heimspielen von Borussia Dortmund sind schwarz-gelbe Kickerfiguren zu sehen. An speziellen Tagen (Weihnachten, Siegen des in Dortmund beheimateten Ruder-Achters, Terror-Anschlägen etc.) werden besondere Videos aufgespielt. Rund um die Uhr sind zwei Mitarbeiter im ersten Stock des U-Turms damit beschäftigt, die Videoinstallation zu überwachen und zu steuern. Die Stromkosten in Höhe von etwa 80.000 Euro jährlich werden von der Stadt übernommen.  Zu Füßen des Gebäudes entwickelt sich entlang der Rheinischen Straße durch die kreativen Impulse, die von den Nutzern des Gebäudes ausgehen, ein neues Stadtquartier. Im Osten entsteht der Platz von Buffalo, benannt nach einer Partnerstadt Dortmunds.

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