Kiepenkerl-Blog: Droht den Maltesern ein Aus wie den Templern?

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Die Malteser wurden 1064 zunächst als „Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes von Jerusalem“ in Jerusalem gegründet und 1099 als Orden anerkannt. Erst seit der Übersiedlung auf die Insel Malta im Jahr 1530 trägt der Orden den Namen „Souveräner Malteser Ritterorden“.

Bild links: Malteser Ritterorden, gegründet 1099; Bild rechts: Templer Ritterorden, gegründet 1118, aufgelöst 1312

Heute stellt sich die Frage, ob den Maltesern mit der stolzen Vergangenheit jetzt die Auflösung durch Papst Franziskus droht, wie 1312 dem übermächtigen Orden der Tempelritter durch Papst Clemens V. auf dem Konzil im südfranzösischen Vienne? Heute wie damals geht es um Macht und Einfluss alter Herren, strittige Personalien und viel Geld. Aber auch um einen Richtungsstreit, der die katholische Kirche zu zerreißen droht. Lediglich die Diskussion über Kondome ist neu. Alle Beteiligte hoffen jedoch, dass sich die Probleme durch eine Reformation der Malteser beheben lassen.

Doch schön der Reihe nach. Auslöser für die aktuellen Spannungen war die Verteilung von Kondomen zwischen 1989 und 2014 in verschiedenen Entwicklungsländern. Großkanzler Albrecht Freiherr von Boeselager war als dritthöchster Würdenträger verantwortlich für die humanitäre Abweichung vom katholischen Verhütungsverbot. Deshalb wurde er nach dem Einschreiten durch den Heiligen Stuhl am 6. Dezember 2016 entlassen. Die fadenscheinige Begründung für den Rauswurf war allerdings, dass er gegen das Gehorsamsgelübde des Ordens verstoßen habe, weil er sich geweigert hatte, die Hintergründe für eine mysteriöse Spende über 120 Millionen Schweizer Franken an die Ritter zu erläutern.

Der Papst wollte durch sein Eingreifen das eigenwillige Treiben im Orden beenden. Doch der neue Großkanzler Fra‘ John Critien betonte in einem Schreiben an die Ritter, dass der Orden mit der päpstlichen Kommission nicht zusammenarbeiten könne, um „die Souveränität des Ordens gegen Initiativen zu beschützen, die eindeutig darauf gerichtet sind, seinen souveränen Charakter in Frage zu stellen oder zu beschneiden.“ Daraufhin griff Papst Franziskus durch. In einer Privataudienz forderte er den Großmeister Matthew Festing zum Rücktritt auf. Der Ordenschef kam dieser Aufforderung nach.

Die Begründung für den Paukenschlag ist nach einem Bericht in ZEIT ONLINE ein Kampf der Kulturen, wie er nach der durch Papst Franziskus ausgelösten Liberalisierungswelle in vergleichbarer Weise auch außerhalb des Ordens ausgetragen wird. Beim Streit im Orden geht es zudem um die richtige Balance und das rechte Verständnis von Katholizität, Tradition, Dogma und Verkündigung. Doch mit der Entsendung des Hardliners Raymond Leo Kardinal Burke, den der Papst vom Vorsitz des höchsten Vatikangerichts abberufen und in den Orden der Wohltäter zwangsversetzt hatte, erwies er sich einen Bärendienst. Aufgabe des spirituellen Botschafters war es, die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Rittern zu pflegen und religiöse Vorkommnisse nach Rom zu melden. Doch er spaltete mehr, als zu versöhnen.

Franziskus unterschätzte bei seinem Eingriff zwei Faktoren. Zum einen, dass der katholische Orden mit Hilfsdiensten in der ganzen Welt aktiv ist und in beispielhafter Weise seiner Forderung nach einer „Kirche der Armen“ entspricht. Er hätte ahnen können, dass viele im Orden mit der Nominierung Burkes nicht glücklich waren, unter ihnen von Boeselager. Im Rauswurf von Großmeister Festing erkennen manche eine Art Wiedergutmachung für den entlassenen Großkanzler von Boeselager, dessen Amtsenthebung gleichzeitig annulliert wurde.

Aus Rom verlautet zudem, dass dem Papst als ehemaligem Jesuiten die faschinghafte Ausstattung der adligen Führungsriege ein Dorn im Auge ist. Schwarze Hosen mit goldenen Borden, weiße Handschuhe, rote Jacken mit goldenen Schulterstücken, Schärpen und Säbel passen nicht in die Zeit der dienenden Kirche.

Der Orden hat heute international circa 13.500 überwiegend adlige Mitglieder. Den weltweiten Hilfsdiensten der Malteser gehören 100.000 Hilfskräfte und Freiwillige an, die sich um Arme und Kranke kümmern. Ein so wichtiger Teil der Gesellschaft kann nicht von der Bildfläche verschwinden wie die Tempelritter im 14. Jahrhundert. Eine Lösung wäre die Überführung der Hilfsdienste in eine Konzernstruktur und die Reduzierung des Ordenseinflusses auf den eines Aufsichtsrates. Der würde sich aus dem Tagesgeschäft heraushalten und nur auf Sicht raten. Schließich werden die katholischen Krankenhäuser inzwischen auch kommerziell geführt, während die Orden allenfalls begleitend im Hintergrund wirken.

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