Schwieriges Verhältnis Rheinland-Westfalen: Um den Haus- und Facharztmangel auf dem Land zu bekämpfen, braucht es eine Medizinische Fakultät für die Universität Bielefeld, da sind sich Armin Laschet von der CDU Nordrhein-Westfalen und Christian Lindner von der NRW-FDP einig. „Das sogenannte Bochumer Modell, bei dem Studierende der Ruhr-Uni Bochum einen Teil ihrer Medizinerausbildung an vier ostwestfälisch-lippischen Kliniken verbringen, wird nicht ausreichen, damit sich der gewünschte Klebeeffekt für die Region einstellt”, so Lindner. Im Hinblick auf die Entwicklung der westfälischen Flughäfen sind beide Politiker unzufrieden mit dem Landesentwicklungsplan der rot-grünen Landesregierung. Sie wollen die hiesigen Flughäfen stärken, zum Beispiel durch eine bessere Anbindung ans Schienennetz.
Am 14. Mai 2017 schreiten die Bürger wieder zur Wahlurne: Der 17. Landtag von Nordrhein-Westfalen wird gewählt. Aus diesem Anlass fühlt Westfalium den Spitzenkandidaten der Parteien mal auf den Zahn und fragt nach, wie sie zu dem Verhältnis Rheinland-Westfalen stehen: Was wollen Sie eigentlich konkret für Westfalen tun? Dafür hat Westfalium den Spitzenkandidaten der derzeit im Landtag vertretenden Parteien sieben Fragen gestellt und 1.000 Zeichen Platz für eine wohlüberlegte Antwort gelassen. Die Antworten kommen von Armin Laschet für die CDU, Sylvia Löhrmann für die Grünen, Christian Lindner für die FDP und – aufgrund einer Erkrankung von Piraten-Spitzenkandidat Michele Marsching – von Daniel Düngel vom Kreisverband Münster der Piraten. Nur ausgerechnet die amtierende NRW-Minister-präsidentin Hannelore Kraft von der SPD hat keine Zeit für die Beantwortung der Fragen finden können … Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Westfalium-Chefredakteur Dr. Wienand Geuking: Kraft kann Westfalen nicht
Lesen Sie nachfolgend im zweiten Teil der vierteiligen Interviewserie mit den NRW-Spitzenpolitiker zum Thema Rheinland-Westfalen, wie die NRW-Politiker zur Einrichtung einer Medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld stehen und wie sie die krisengeschüttelten Regionalflughäfen in Westfalen retten wollen.
Lesen Sie außerdem:
Teil 1/4: Zur “Mittelstandsgeprägten Wachstumsregion Westfalen” und Spitzenforschung
Teil 3/4: Zur Kulturpolitik und zum Autobahnausbau
Teil 4/4: Zum Verbesserungsbedarf der westfälischen Bahnverbindungen
Bei der staatlichen Medizinerausbildung steht das Spiel Rheinland-Westfalen 5 zu 2 zugunsten des Rheinlands. Wie stehen Sie zur Einrichtung einer Medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld?
Laschet: Wir wollen eine Medizinische Fakultät in Ostwestfalen-Lippe ins Leben rufen. Das haben wir in jeder Haushaltsberatung der letzten Jahre mit konkretem Startkapital unterlegt. Nur so kann dem drohenden Hausärzte- und Facharztmangel in dieser Region wirksam und vorbeugend entgegengewirkt werden. Wir wollen die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum verbessern und nachhaltig absichern. Den Medizinernachwuchs in den Kliniken wollen wir stabilisieren und Sorge dafür tragen, dass ärztliches Know-how auch in der Pflege gesichert wird. Die Menschen in ganz Nordrhein-Westfalen haben ein Recht auf gute medizinische Versorgung.
Lindner: Viele junge Menschen verlassen Westfalen und den ländlichen Raum, um in einer großen Stadt zu studieren. Die Erfahrung lehrt, dass die niedergelassenen Ärzte von morgen jedoch meist in der Nähe ihres Studienortes verbleiben möchten. Dies trägt zu einem Ärztemangel auf dem Land bei. Das sogenannte Bochumer Modell, bei dem Studierende der Ruhr-Uni Bochum einen Teil ihrer Medizinerausbildung an vier ostwestfälisch-lippischen Kliniken verbringen, wird nicht ausreichen, damit sich der gewünschte Klebeeffekt für die Region einstellt. Zur Bekämpfung des Ärztemangels auf dem Land und zur Stärkung des Wissenschaftsstandortes Ostwestfalen-Lippe wollen wir deshalb am Standort Bielefeld eine Medizinische Fakultät errichten.
Löhrmann: In NRW gibt es keinen Ärztemangel insgesamt, aber zu wenige Allgemeinmediziner im ländlichen Raum. Deshalb wollen wir die Allgemeinmedizin an den Hochschulen stärken und die allgemeinmedizinische Praxis stärker im Studium verankern. Außerdem wollen wir mehr Lehrkrankenhäuser und -praxen im ländlichen Raum für die Nachwuchsförderung gewinnen und unser Anreizprogramm für eine Ansiedlung von Allgemeinmedizinern im ländlichen Raum fortsetzen. Mit dem Hochschulpakt wird die Zahl der Medizinstudienplätze in NRW um durchschnittlich rund 200 zusätzliche Plätze pro Jahr ausgebaut. In Ostwestfalen-Lippe beginnen nun jedes Jahr 60 Studierende ihre klinische Medizinausbildung, nachdem sie den vorklinischen Teil an der Universität Bochum absolviert haben. Eine weitere Medizinische Fakultät in NRW würde mindestens eine Milliarde Euro kosten und Betriebskosten von rund hundert Millionen Euro jährlich nach sich ziehen. Das würde am Hausarztmangel wenig ändern, da sich nur wenige Absolventen für eine allgemeinmedizinische Weiterbildung entscheiden.
Düngel: Sehr positiv! Bielefeld und OWL sollen mit engagierten Kooperationspartnern vor Ort weiterhin starke Gesundheitsregion bleiben. Dank der Piraten konnten bereits zusätzliche Studienplätze für Mediziner in Minden geschaffen werden, nachdem im Jahr 2013 im Landtag über den Ärztemangel im ländlichen Raum debattiert worden war. Die Landesregierung sah damals zunächst keine neuen Ausbildungskliniken in OWL vor. Erst durch den Vorschlag, das Johannes Wesling Klinikum Minden zu beteiligen, wurde dann der Standort Minden berücksichtigt. Genauso sollte es jetzt auch mit dem Standort Bielefeld geschehen. Wir brauchen mehr Allgemeinmediziner und Spezialisten, wie sie in Bielefeld ausgebildet werden.
Zwei von drei westfälischen Flughäfen befinden sich in der Krise, während die Flughäfen Düsseldorf und Köln-Bonn – nicht zuletzt aufgrund ihrer guten Anbindung an das Schienennetz – im Jahr 2016 Rekorde in Sachen Passagierzahlen verzeichnen konnten. Das Mißverhältnis Rheinland-Westfalen ist unübersehbar. Wie wollen Sie verhindern, dass Westfalen im Flugverkehr abgehängt wird?
Laschet: Vor wenigen Tagen musste ich von München nach Westfalen und bin nach Paderborn-Lippstadt geflogen. Ich war froh, dass ich nicht über Köln oder Düsseldorf musste. Für viele Urlaubsflieger in Westfalen ist immer eine Anreise quer durch das Land nötig, obwohl der Flughafen vor der Tür liegt. Auch das provoziert Staus. Beim Thema Flughäfen haben wir fast sieben Jahre politischen Stillstand hinter uns. Die Landesregierung hat keinerlei Initiativen beim Thema Luftfahrt umgesetzt. Das letzte Luftverkehrskonzept Nordrhein-Westfalen ist bereits 2010 ausgelaufen. Es stammt aus dem Jahr 2000 und fußt auf einer Datenlage aus 1990er Jahren. Ausgerechnet auf diesem völlig veralteten Konzept beruht die Einteilung von Flughäfen im neuen Landesentwicklungsplan. Das ist unseriös, denn der Luftverkehr hat sich rasant verändert. Wir wollen ein Luftverkehrskonzept erarbeiten, damit alle Flughäfen, auch die westfälischen, eine gesicherte Planungsgrundlage haben.
Lindner: Wir wollen den Luftverkehrsstandort NRW insgesamt sichern und ausbauen. Dazu brauchen wir leistungsfähige Flughäfen auf internationalem Niveau, die zusammen mit den Regionalflughäfen die flächendeckende Anbindung des Landes an den Luftverkehr gewährleisten. Klar ist für die FDP: Die westfälischen Flughäfen brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen wie die im Rheinland. Die von der rot-grünen Landesregierung im Landesentwicklungsplan vorgenommene Unterteilung in landesbedeutsame und regionalbedeutsame Flughäfen lehnen wir ab. Sie ist vollkommen willkürlich und schränkt die Entwicklung der Flughäfen Paderborn/Lippstadt und Dortmund massiv ein. Für die weitere Entwicklung des Flughafens Münster/Osnabrück wäre eine bessere Anbindung an das Schienennetz von großer Bedeutung.
Löhrmann: Es gibt keinen wirtschaftlich arbeitenden Regionalflughafen in NRW. Die Luftverkehrsbranche konzentriert sich zunehmend auf international relevante Flughäfen. Die Regionalflughäfen in NRW können möglicherweise weiterhin für den Urlaubsverkehr bedeutsam bleiben. Eine verkehrliche Vernachlässigung von Westfalen erkennen wir dabei nicht. Der Ausbau von Regionalflughäfen ist in der Vergangenheit gescheitert und hat auch keine Zukunft.
Düngel: Die Piraten lehnen dauerhafte Subventionen für Regionalflughäfen ab, wenn die Flughäfen es nicht schaffen, eigenwirtschaftlich und unternehmerisch tätig zu sein. Die Landesregierung und der Bund sollten allerdings dann für den Transport bei wichtigen alternativen Verkehrswegen wie der Bahnstrecke Münster-Lünen nicht auf der Bremse stehen.
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