Der Kiepenkerl bloggt: Sterbehilfe

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Die große Koalition plant ein Verbot von Sterbehilfevereinen. Gut, dass diesen Organisationen das Handwerk gelegt wird. Doch damit ist das Problem nicht gelöst. Es muss dringend geklärt werden, ob und auf welche Weise sich Ärzte an einem assistierten Suizid beteiligen dürften.

© Nic Frank_Flickr

Foto: Nic Frank via Flickr.com

Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage sind 77 Prozent der Bevölkerung dafür, dass Ärzte Sterbehilfe leisten dürfen – 17 Prozent sprachen sich dagegen aus. Eine Gruppe von Politikern der schwarz-roten Koalition hat deshalb ein Positionspapier für ein Gesetz zur Sterbehilfe vorgelegt. Danach soll es Ärzten künftig unter bestimmten Umständen möglich sein, sterbenskranken Menschen einen Suizid zu ermöglichen. Erwartungsgemäß wird der Gesetzesentwurf von großen Teilen der Ärzteschaft abgelehnt.

Zurzeit gibt es bei der Sterbehilfe eine Grauzone, die auch über Begriffe wie aktive Sterbehilfe, begleiteter Suizid, passive Sterbehilfe oder indirekte Sterbehilfe nur unzulänglich beschrieben ist. In diesem Dschungel muss Klarheit für Patienten und Angehörige geschaffen werden. Wegschauen und verdrängen sind die falschen Alternativen.

Durch die Fortschritte in der Medizin und der Apparatemedizin werden Menschen immer älter und können häufig nicht mehr in Ruhe sterben. Noch unsere Großeltern wurden ohne künstliche Gelenke und Penizillin bettlägerig, bekamen eine Lungenentzündung und starben. Andere erlagen ohne Blutverdünner oder moderne Medikamente einem zweiten Herzinfarkt. Und überteuerte Krebstherapien verlängerten das Leben häufig nur um wenige Tage und Wochen – ohne Rücksicht auf die Lebensqualität.

Medizinische Leistungen stehen zunehmend im Kraftfeld von Patient/Angehörigen – Arzt – Gericht. Die rechtlichen Folgen einer Behandlung oder Nichtbehandlung führen zur Aufblähung der Krankheitskosten. Kein Wunder, dass Ärzte lieber überweisen, statt sich später vor Gericht für die unterlassene Einholung einer Facharztmeinung verantworten zu müssen. So schreitet der Überweisungs- und Behandlungsaktionismus ungehindert fort. Aufschlussreich ist in dem Zusammenhang eine Umfrage im Verwandten- und Bekanntenkreis von Ärzten. Sie ergab, dass in diesem Umfeld deutlich weniger künstliche Gelenke eingesetzt wurden, und die Überweisungshäufigkeit wesentlich geringer war als im Durchschnitt der Bevölkerung.

Im Wettlauf gegen den Tod darf der alte Mensch nicht sterben, selbst wenn er das ausdrücklich wünscht. Gesetzlich erlaubte Suizidhilfe wäre auch ein wirkungsvolles Mittel gegen die „letzte Reise“ in die Schweiz oder in die Niederlande. Der Suizidtourismus beweist, dass in Deutschland das Bedürfnis nach einem selbstbestimmten Tod und die Möglichkeiten dazu weit auseinanderklaffen.
Für den Weg zum Tod kann es keine Leitlinien geben. Doch am Ende des Lebens ist die Patientenverfügung für den Arzt eine wichtige Entscheidungshilfe. Präzise Formulierungen für den Einsatz lebensverlängernder Maßnahmen schützen ihn vor rechtlichen Auseinandersetzungen mit Angehörigen. Auch die Frage der Palliativmedizin sollte eindeutig geregelt sein.

Palliativmedizin sorgt am Lebensende dafür, dass unheilbar Kranke nicht unnötig leiden oder durch sinnlose Maßnahmen zur Lebensverlängerung gequält werden. Sie bietet keine Krankheitsbehandlung, sondern lindert nur die Krankheitssymptome und ermöglicht einen schmerzfreien und würdevollen Tod. Palliativmedizin ist häufig die menschlichere Alternative zum Suizid! Durch sie wird der Hausarzt nicht überflüssig, sondern in eine kollegial gestaltete Behandlung einbezogen.

 

 

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