Installation verändert den Raum

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Westfalen –  Der gewaltige Trog des Schiffshebewerks Henrichenburg ist ein nüchterner Raum aus Stahl, 70 Meter lang, von Ingenieuren konstruiert und in erster Linie funktional. In den kommenden Monaten verwandelt sich dieser technische Ort in eine poetische Landschaft. Im Trog des Industriedenkmals stellt die international renommierte Keramikerin Young-Jae Lee 108 große Schalen auf.

Young-Jae Lee mit einer ihrer Schalen im Trog des Schiffshebewerks Henrichenburg. Foto: LWL / Hudemann

Young-Jae Lee mit einer ihrer Schalen im Trog des Schiffshebewerks Henrichenburg. Foto: LWL / Hudemann

“Vessels” heißt ihre Installation, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vom 24. März bis 16. Juni 2013 in seinem Industriemuseum in Waltrop zeigt. Der englische Begriff ist in der Übersetzung doppeldeutig – er steht gleichermaßen für Gefäße wie für Schiffe. “Es wird spannend sein zu sehen, wie die Installation die Wahrnehmung dieses von Ingenieuren konstruierten technischen Raums verändert”, erklärt Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker.

Er hatte die 1951 in Seoul geborene Künstlerin im September 2011 eingeladen, das Schiffshebewerk Henrichenburg zu besuchen. “Sofort faszinierte sie der in das Stahlgerüst eingespannte Trog, weil er Form, Rhythmus und Struktur hat, aber zugleich unprätentiös ist. Er wurde ja von Ingenieuren erdacht, die vor allem die Funktionalität der Anlage im Blick hatten”, so der Museumsleiter.

Schalen aus der Installation „Vessels“ von Young-Jae Lee im Schiffhebewerk Henrichenburg. Foto: LWL / Hudemann

Schalen aus der Installation „Vessels“ von Young-Jae Lee im Schiffhebewerk Henrichenburg. Foto: LWL / Hudemann

Das Atelier von Young-Jae Lee liegt auf dem Gelände der Zeche Zollverein in Essen. Dort leitet sie außerdem seit 1987 die Keramische Werkstatt Margarethenhöhe. Diese Manufaktur geht auf eine Stiftung von Margarethe Krupp aus dem Jahr 1924 zurück und wurde in ihrer Anfangszeit von Bauhauskünstlern geprägt. Young-Jae Lee fasst ihre meisterhaft gearbeiteten Schalen und Vasen zu großen Ensembles zusammen. Ihre Installationen waren unter anderem bereits in der Pinakothek der Moderne in München und im Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin zu sehen.

 Foto: LWL / Hudemann

Foto: LWL / Hudemann

Schon länger plante Young-Jae Lee, eine neue Werkgruppe zu schaffen. Dabei sollte es sich um flache Schalen handeln, die die Künstlerin gerade noch selbst auf der Töpferscheibe drehen kann. Daraus ergibt sich ein Durchmesser von etwa 55 Zentimetern – eine Herausforderung, die Erfahrung und Können voraussetzt. Inspiriert wurde die Künstlerin bei ihrem Projekt auch durch Musik. Aus einer Aufführung des Stückes “Quatuor pour la fin du temps” (“Quartett auf das Ende der Zeit”) von Olivier Messiaen schöpfte sie inhaltliche Bezugspunkte für ihre neue Werkgruppe. Der Franzose greift in seiner Komposition das Motiv der sieben Schalen der Apokalypse aus dem Johannes-Evangelium auf.

Mit dem Trog des Schiffshebewerks hatte Lee einen Ort gefunden, der so dimensioniert war, dass er nach Gegenständen dieses Formats verlangte. „Sie hat sich nach dem Besuch hier in Waltrop förmlich in die Arbeit gestürzt und in schneller Folge eine große Menge dieser Schalen angefertigt – eine ebenso anspruchsvolle wie kraftraubende Tätigkeit“, erklärt Arnulf Siebeneicker. Nicht sieben Schalen wie in der Apokalypse, sondern 108 neu geschaffene Objekte werden nun im Schiffshebewerk zu sehen sein.

Zeitgleich zur Installation im Trog ist im Hafengebäude des Hebewerks eine Auswahl von Lees bisherigem Werk ausgestellt. Begleitet werden die Objekte durch Gemälde der koreanischen Malerin Sooyeon Hong. Deren Bilder bestehen aus mehreren Farbschichten, die übereinander gelegt werden. Dadurch entstehen wolkenförmige Gebilde, die über die Leinwand zu gleiten scheinen.

So, 24. März 14.00 Uhr: Eröffnung der Ausstellung mit einer Aufführung des Kammerkonzerts “Quatuor pour la fin du temps” von Olivier Messiaen in der Besetzung Tonio Schibel (Violine), Andreas Oberaigner (Klarinette), Anja Schröder (Violoncello) und Tobias Bredohl (Klavier) sowie einer Einführung in das Werk von Young-Jae Lee durch Pater Friedhelm Mennekes S.J., den ehemaligen Leiter der Kunst-Station Sankt Peter in Köln. Eintritt frei

So, 5. Mai, von 11.00 bis 16.00 Uhr: Museumsfest. Töpfer der Keramischen Werkstatt Margaretenhöhe stellen ihre Arbeit vor. Eintritt frei

Di, 21. Mai, 10.00 bis 14.00 Uhr: Ferienaktion für Kinder mit Töpfern der Keramischen Werkstatt Margarethenhöhe; Alter: 8 bis 12 Jahre, Kosten: 5 Euro (zzgl. Museumseintritt), Anmeldung erforderlich unter: 02363 9707-0

Vessels – Installation vom 24. März bis zum 16. Juni 2013

Geöffnet: Di bis So 10 – 18 Uhr

Schiffshebewerk Henrichenburg Am Hebewerk 2 / 45731 Waltrop
Telefon 02363 9707-0
www.lwl-industriemuseum.de

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