Magie der Mehrdeutigkeit

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Westfalen – Die Bildwelten des Malers Sergey Sologub strahlen eine unbeschreibliche Ruhe und magische Kraft aus. Auf den ersten Blick scheinen sie mit ihrer Detailgenauigkeit Fotografien Konkurrenz machen zu wollen, bei näherem Hinsehen wird aber deutlich, dass es sich um artifizielle und surrealistische Kompositionen handelt, die nie und nimmer mit einer Kamera eingefangen werden könnten. Manchmal erscheint der Vordergrund der Komposition als Theater- oder Filmkulisse, die an einem fremden Ort errichtet worden ist. Im Hintergrund blitzt die Wirklichkeit durch – oder ist es genau anders herum? So sieht man durch die Eingangstüre eines sonnenbeschienen Eiscafés in eine Winterlandschaft. Sologubs Bilder sind wie Rätsel aufgebaut, es sind metaphorische Inszenierungen, die augenzwinkernd und mit viel ironischem Charme daherkommen. Davon überzeugen kann man sich noch bis zum 30. Juni in der aktuellen Ausstellung in der Galerie Nolte in Münster.

“Manchmal sind es winzige Details, die meinen Bildern ihre Lebendigkeit verleihen”, sagt Segey Sologub. – Foto: Jörg Bockow

Die Motive von Sologub werden geprägt von einem phantastischen und artifiziellen Spiel mit der Wahrnehmung. In seiner Kunst zelebriert der Künstler geradezu die ganze Faszination und “Magie der Mehrdeutigkeit”, die er in seinen nahezu fotorealistisch dargestellten Sujets mit akribischer Genauigkeit und einer detaillierten Schilderung auskleidet.

Gleich einem “Trompe l’oeil” erzeugt Sergey Sologub im Illusionismus seiner Gemälde eine nicht vorhandene bzw. unmögliche Realität, in der – täuschend echt – das Unmögliche Wirklichkeit wird. Indem er die dargestellte Bildrealität mittels kleiner, auf den ersten Blick leicht zu übersehender Unstimmigkeiten oder mittels sukzessiv verlaufender Metamorphosen ins Surreale kippt, hinterfragt der Künstler die Wahrnehmungsgewohnheiten und die Erwartungshaltungen des Betrachters.

New York: Central Park – dieses Sujet hat es dem Maler besonders angetan.

Ein altes venezianisches Haus, auf schmalen, spitz zu laufendem Grundstück erbaut, verwandelt sich in ein Kreuzfahrtschiff. Ein überdimensionaler Papierflieger ist in einer endlosen, weiten Landschaft gestrandet, das wie ein UFO – fremd und stoisch – daliegt und von den herbeiströmenden Passanten bestaunt wird. In Venedig ergießt sich ein Kanal in das Interieur eines venezianischen Palastes, sich dabei allmählich zu einem strahlend-weißen Bettlaken wandelnd, das den makellosen nackten Körper einer vor dem Fenster liegenden Frau erotisch umspielt; im See des Central Parks spiegeln sich die Wolkenkratzer New Yorks im abendlichen Licht fragil und unwirklich; wie stumme Zeugen aus einer anderen Welt erscheinen sie als Trugbild der starren, unbewegten Wasseroberfläche.

Dabei arbeitet Sergey Sologub immer mit einer fein ausgeklügelten Lichtregie, durch die er das Rätselhafte und das unbestimmte Mehrsinnige der Bildsituation unterstreicht. Oftmals ist die dargestellte Szene in ein strahlend-gleißendes Sonnenlicht getaucht, das harte Schatten wirft. Die Brillanz des Lichts und der Farben sowie die Plastizität suggerieren eine Welt zum Greifen nahe. In dieser Überpräsenz der Darstellung erscheint alles „clean“ und von Menschen, Autos und allen unschönen Dingen des urbanen Lebens (wie Werbeplakate, Leuchtschriften, Unrat auf den Straßen) bereinigt. Durch die Surrealität und Absurdität der geschilderten Szene entfalten die Bilder eine subtile, ihnen innewohnende Magie.

Die Bildwelten Sergey Sologubs wirken eingefroren, wie eine Momentaufnahme, so als ob die Zeit stehen geblieben wäre. In der Idylle des Augenblicks ruht eine unterschwellige Anspannung, eine undefinierbare Vorahnung, die in ihrer Rätselhaftigkeit die Fantasie und die Interpretationslust des Betrachters anregt.

Sergey Sologub mit Galerist Michael Nolte – Foto: Jörg Bockow

Sergey Sologub wurde 1957 in Kirovograd (UdSSR) geboren. Nach seinem Studium an der Kunstfachschule im russischen Swerdlowsk zwischen 1978 und 1982, besuchte er von 1982 bis 1988 die Staatliche Filmhochschule der UdSSR in Moskau. Dort erhielt er 1988 das Diplom für Freie Bildende Kunst. Bis zu seiner Übersiedlung nach Deutschland im Jahr 1991 arbeitete er als Regisseur und Art Director im Filmstudio in Swerdlowsk. Seitdem lebt er als freischaffender Künstler in Köln. Seine zahl-reichen Ausstellungen im In- und Ausland bezeugen eindrucksvoll, dass das Werk Sergey Sologubs zunehmend internationale Beachtung erfährt.

Galerie Nolte / Hafenweg 15 / 48155 Münster
Telefon 0251 – 44809

www.nolteart.com

 

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