„Stahl-Zeit-Reisen“ verknüpfen das Ruhrgebiet und Südwestfalen

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Die „Stahl-Zeit-Reisen“ führen Interessierte zu den spannendsten Orten der Industriegeschichte im Ruhrgebiet und in Südwestfalen – von den frühesten Anfängen bis zur Gegenwart. Die “Stahl-Zeit-Reisen” sind Vorschläge, Angebote und Ideen für Touren, Routen und spannende historische und kulturelle Begegnungen unter Tage, unterm Hammer, unter Wasser und unter Dampf.

„Stahl-Zeit-Reisen“ verknüpfen das Ruhrgebiet und Südwestfalen

Vorstellung der “Stahl-Zeit-Reisen”, Kooperationsprojekt LWL, RVR, WasserEisenLand – Industriekultur in Südwestfalen und der Route Industriekultur, (vlnr) Dr. Georg Lunemann/LWL-Landesdirektor, Karola Geiß-Netthöfel/RVR Verbandsleitung, Stephan Sensen, Vorsitzender WasserEisenLand – Foto LWL/Philip Harms

Zwischen der „Route Industriekultur“ im Ruhrgebiet und dem Netzwerk „WasserEisenLand – Industriekultur in Südwestfalen“ gibt es viele inhaltliche Verbindungen. Die beiden Technikrouten existierten bislang jedoch weitgehend nebeneinander her. Ein über den Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) finanziertes kulturtouristisches und industriekulturelles Projekt verknüpft die beiden Routen jetzt zu einem interregionalen Netzwerk.

„Stahl-Zeit-Reisen“ verknüpfen das Ruhrgebiet und Südwestfalen

Infopunkte und ausführliches Kartenmaterial bieten Hintergrundinformationen und machen Appetit auf weitere interessante Stationen – hier an der Henrichshütte in Hattingen – Foto Olaf Neumann

Als verbindendes Scharnier an der Nahtstelle zwischen den beiden Regionen wurde im LWL-Museum Henrichshütte Hattingen kürzlich ein interaktiver multimedialer Infopunkt mit begehbarer Landkarte und fünf Touchscreen-Stelen eröffnet. Allein die Landkarte stellt ein Alleinstellungsmerkmal dar: Aus 112 detailgenauen Messtischblättern der Preußischen Uraufnahme der Jahre 1824 bis 1868 wurde sie erstmals in aufwändiger Arbeit digital zusammengesetzt. 34 „Stahl-Zeit-Reisen-Meilenstein“-Standorte und 68 weitere Reiseziele in deren Nähe lassen sich darauf über QR-Codes ansteuern.

Als Erkennungszeichen tauchen auf allen Werbematerialien und den Infoständen das Logo und die beiden Protagonisten Lu und Al  auf. Sie sind die Sympathieträger und das verbindende Element – Foto Stahl-Zeit-Reisen

Zu den Meilensteinen zählen in Südwestfalen die Historische Fabrikanlage Maste-Barendorf und das Felsenmeer in Hemer, natürlich auch die Museen Burg Altena, das Deutsche Drahtmuseum und die Luisenhütte Wocklum. Zu den weiteren Stahl-Zeit-Reisezielen gehören u. a. das Stadtmuseum Iserlohn, der Danzturm und das Industriemuseum Menden – Gut Rödinghausen.

„Stahl-Zeit-Reisen“ verknüpfen das Ruhrgebiet und Südwestfalen

An markanten stellen informieren Infopunkte und weisen den Weg zu weiteren Stationen – Foto Olaf Neumann

Zum Projekt gehören außerdem ein dreisprachiger Internetauftritt (Deutsch, Englisch, Niederländisch) mit Hörspiel-Dialogen, eine kostenlose gedruckte Version der Übersichts-Faltkarte, die an den Meilenstein-Standorten und größeren Tourismus-Informationen ausliegt, und Boxen mit Tipps für Ausflüge. Entlang der Ruhr-Sieg-Strecke und der Ruhrtalbahn, die als Eisenbahnlinien das Ruhrgebiet mit Südwestfalen verbinden, werden 16 Info-Tafeln aufgestellt. Sie vermitteln viel Wissenswertes aus der Geschichte. Geplant ist weiterhin eine Kooperation der industriekulturellen Festivalverbünde ExtraSchicht im Ruhrgebiet und FERROMONE in Südwestfalen.

Ruhrgebiet und Südwestfalen werden verknüpft

Übersichtskarten ermöglichen eine  gute Orientierung. Die Übersichtskarten kann man kostenlos unter der folgenden Mailadresse besteellen: info@wassereisenland.de  – Foto Olaf Neumann

Karola Geiß-Netthöfel, Direktorin des Regionalverbands Ruhr (RVR), freut sich, dass aus der Idee gemeinsamen Handelns jetzt ein konkretes Projekt entstanden ist: „Diese Kooperation macht deutlich, dass sich die Metropole Ruhr und Südwestfalen nicht voneinander abgrenzen, sondern intensiv miteinander arbeiten wollen. Wir erzählen die Industriegeschichte jetzt gemeinsam ‒ von den Anfängen bis zur Gegenwart.“ Der RVR ist neben dem Verein „WasserEisenLand“ Geldgeber der „Stahl-Zeit-Reisen“. Insgesamt 390.000 Euro flossen in das Projekt, davon kamen 288.000 Euro aus dem EFRE-Fördertopf und weitere 24.000 Euro aus der Förderung der Entwicklung und Pflege des Netzwerks Industriekultur des nordrhein-westfälischen Heimatministeriums.

„Bergbau und Hüttenwesen, Stahl und Eisen, Wasser und Eisenbahnschienen haben die Reviere an Ruhr und Sieg geprägt. In gut 250 Jahren ist hier wie dort eine unfassbar reiche Kulturlandschaft entstanden, die nun als Ganzes verstanden und erlebt werden kann. Stahl-Zeit-Reisen öffnet die Sinne für dieses Verstehen und bietet Wissen und Erleben gleich vor der Haustür. Ich kann die Menschen in NRW nur ermuntern, sich aufzumachen auf diese stählerne Zeitreise“, erklärte Dr. Georg Lunemann, der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).

„Stahl-Zeit-Reisen“ verknüpfen das Ruhrgebiet und Südwestfalen

Alle Informationen sind über die eigene Homepage und auch über eine eigene App abrufbar – Foto Olaf Neumann

Ein Kernstück des kulturtouristischen und industriekulturellen Projekts sind 35 Hörspiel-Dialoge zwischen den Protagonisten Luise und Alfred sowie weitere 68 Monologe der beiden. Angelehnt sind diese gezeichneten und von Schauspielern gesprochenen Figuren an Luise von Landsberg-Velen als Namensgeberin der Luisenhütte in Balve-Wocklum, der ältesten komplett erhaltenen Hochofenanlage und Eisengießerei Deutschlands, und an den Stahl-Tycoon Alfred Krupp aus dem Ruhrgebiet.

Als Zeitreisende im Steampunk-Look nehmen „Lu“ und „Al“ ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mit an die Stätten der Industriegeschichte im Land der tausend Berge und im Ruhrgebiet. In den kurzen Hörspielen, die über die Homepage abzurufen sind, berichten die beiden über Bergbau, Stahl und Eisen, Wasser, die Eisenbahn, das Radfahren und letztlich jeden einzelnen Ort. Dabei nehmen sie sich gern auf die Schippe und übertrumpfen sich gegenseitig bei Fragen wie: Wer hat’s erfunden? Warum kannst Du nicht ohne mich?

„Mit erzählten Geschichten über die gegenseitige Abhängigkeit von Ruhrgebiet und Südwestfalen wollen wir breite Zielgruppen erreichen. Jüngere fühlen sich vielleicht eher von Alfreds und Luises launischen Neckereien angesprochen. Aber auch die mit überraschenden Details gewürzten Infotexte unseres Reisebloggers Lorenz Töpperwien animieren zum Besuch der Stahl-Zeit-Reisen-Orte“, erklärt Stephan Sensen, Vorsitzender des Vereins „WasserEisenLand“, dem Träger des Projekts.

Geschichtlicher Hintergrund

Hüttentechnologie aus dem Siegerland und Unternehmer aus dem Sauerland beschleunigten die Industrialisierung der Region zwischen Duisburg und Dortmund. Mitte des 19. Jahrhunderts mangelte es den aufstrebenden Hüttenwerken an der Ruhr an Eisenerz. Doch ab 1861 konnte das hochwertige Siegerländer Eisenerz über die neue Ruhr-Sieg-Strecke mit der Eisenbahn zu den Hochöfen im Ruhrgebiet transportiert werden. Nach Südwestfalen brachten die Züge die Steinkohle der Revierzechen. Diese retteten das Sauerland und Siegerland vor der vollständigen Entwaldung, da man auf die bisher notwendige Holzkohle zur Verhüttung verzichten konnte. Das Ruhrgebiet lieferte nun auch Eisen und Stahl für die verarbeitende südwestfälische Kleineisenindustrie.

Das Kooperationsprojekt ist durch auffallende Schaubilder zu einem großen Ganzen verbunden – Foto Olaf Neumann

Der größte Teil Südwestfalens war schon seit Jahrhunderten von Bergbau, Metallerzeugung und -verarbeitung geprägt. So betrieben die Kelten im Siegerland schon vor ca. 2.300 Jahren die damals größte Eisenerzeugung Europas. Seit dem Mittelalter nutzte man im Siegerland, der ältesten Montanregion Deutschlands, die Wasserkraft der Gebirgsbäche im Siegerland für die Eisenerzeugung von Eisen und Stahl in Holzkohle-Hochöfen und für das „Frischen“ genannte Entkohlen von Stahl in Freudenberg. 1844, also kurz vor dem industriellen Aufbruch des Ruhrgebiets, erzeugten die Hochöfen des Siegerlandes fast 99 Prozent des preußischen Rohstahleisens. Mit der Kraft des Wassers weiterverarbeitet wurde es im Bergischen Land zu Werkzeugen und Klingen und im Sauerland in Hammerwerken und Drahtziehereien.

Auf den Wasserreichtum Südwestfalens war auch die Bevölkerung und Industrie des rasant wachsenden Ruhrgebiets angewiesen. Ab Ende des 19. Jahrhunderts entstanden im Sauerland in rascher Folge Talsperren und Stauseen, welche die Wasserversorgung und -regulierung des Reviers bis heute sicherstellen.

Meilensteine der Stahl-Zeit-Reisen

Bergbau

– UNESCO-Welterbe Zollverein, Essen

– Deutsches Bergbau-Museum Bochum

– LWL-Industriemuseum Zeche Zollern, Dortmund

– Kokerei Hansa, Dortmund

– LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall, Witten

– Felsenmeer Hemer

– Sauerländer Besucherbergwerk Ramsbeck, Bestwig

– Schieferbau Nuttlar, Bestwig

– Bergbaumuseum des Kreises Altenkirchen, Herdorf

– Besucherbergwerk Grube Bindweide, Steinebach/Sieg

Eisen & Stahl

– Landschaftspark Duisburg-Nord

– LVR-Industriemuseum St. Antony-Hütte, Oberhausen

– Gasometer Oberhausen

– Villa Hügel, Essen

– LWL-Museum Henrichshütte Hattingen

– Phoenixsee, Dortmund

– LWL-Freilichtmuseum Hagen

– Westfälisches KettenschmiedeMuseum, Fröndenberg

– Historische Fabrikanlage Maste-Barendorf, Iserlohn

– Museen Burg Altena

– Deutsches Drahtmuseum, Altena

– Luisenhütte Wocklum, Balve

– Geschichtsmuseum Lüdenscheid

– Museum Wendener Hütte, Wenden

Wasser

– Museum der Deutschen Binnenschifffahrt, Duisburg

– Aquarius Wassermuseum, Mülheim

– Baldeneysee, Essen

– Möhnetalsperre, Möhnesee

– Hennetalsperre, Meschede

– Bigge- und Listertalsperre, Olpe

Eisenbahn

– Eisenbahnmuseum Bochum

– Sauerland-Museum, Arnsberg

– Sauerländer Kleinbahn, Herscheid

– KulturBahnhof Grevenbrück, Lennestadt

 

Radfahren

RuhrtalRadweg

Ruhr-Sieg-Radweg

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