Attendorn – ein “Demokratennest”

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Attendorn – Das Südsauerlandmuseum präsentiert zum 800-jährigen Stadtjubiläum von Attendorn noch bis Dezember die Ausstellung „Das Demokratennest – Schlaglichter auf das 19. Jahrhundert in Attendorn“. Der Begriff Demokratennest, der im 19. Jahrhundert als Schimpfwort gedacht war, sagt auch heute noch viel über den Charakter der Attendorner aus und ist heute ein Ehrentitel.

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Mit virtuellen Modellen wird die Stadtgeschichte von Attendorn plastisch erlebbar – Abb. Südsauerlandmuseum

Das 19. Jahrhundert wird auch als das lange Jahrhundert bezeichnet. Man lässt es mit der französischen Revolution beginnen und mit dem 1. Weltkrieg enden. Damit begann es 1789 und endete 1914. Die neue Ausstellung im Südsauerlandmuseum orientiert sich an diesen Zäsuren, lässt aber den Bericht schon im Jahre 1783 beginnen, dem Jahr des großen Stadtbrandes in Attendorn.

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Am Ende des 18. Jahrhunderts war die einst florierende Handelsstadt Attendorn kaum noch mehr als ein Dorf – Foto Südsauerlandmuseum

Die Stadt Attendorn, die im Mittelalter eine der angesehensten Städte Westfalens war, hatte am Ende des 18. Jahrhunderts ihre frühere Bedeutung verloren. Die Einwohnerzahl sank ebenso wie die Anzahl der bewohnten Häuser. Die ehemals stolze Hansestadt war zu einem verarmten Landstädtchen geworden, ohne nennenswerte gewerbliche Kraft, ohne zeitgemäße Straßen und ohne politischen Einfluss. Der verheerende Stadtbrand im Sommer 1783 vollendete diesen Niedergang. Doch die Attendorner bemühten sich, den Anschluss an die neue Zeit zu finden. Menschen aus anderen Landesteilen, mit anderen Konfessionen und neuem Wissen brachten neue Ideen in die Stadt. Die Einführung moderner industrieller Produktionsweisen erfolgte nach dem Bau der Bergisch-Märkischen Eisenbahn. Traditionsbewusstsein verband sich nun mit der Entwicklung einer vielfältigen, vormodernen Stadtgesellschaft. Die Epoche endet mit der Mobilmachung am 1. August 1914. Die Stadt hatte sich zu einem Industriestandort mit überörtlich agierendem Gewerbe und mit einer lebendigen bürgerlichen Stadtgesellschaft entwickelt.

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Die Bergisch-Märkische Eisenbahn bescherte dem Südsauerland im 19. Jahrhundert eine neue wirtschaftliche Blüte – Foto Südsauerlandmuseum

Die Ausstellung orientiert sich am Sammlungsbestand des Südsauerlandmuseums und zeigt Sammlungsstücke, die bisher in den Magazinen schlummerten. Darüber hinaus wird die Stadtgeschichte durch ein interaktives Häuserbuch und durch ein interaktives Modell des Stadtbezirkes abrufbar.

In der Stadt selber können Besucher an fünf prominenten Gebäuden mit ihren Handys eine Mixed-Reality-Tour starten. Virtuelle Realität mischt sich hier mit den realen Stadtraum und bildet eine verblüffende Mischung. Die elektronisch erzeugten dreidimensionalen Bilder verschmelzen mit der echten Umgebung. Man sieht also beides, gleichberechtigt nebeneinander, das mittelalterliche Wassertor zum Beispiel und die Autos und Passanten. Die Hologramme kann sich jeder mit seinem eigenen Handy anschauen, ohne eine App zu installieren. Auf diese Weise können Gruppen oder Schulkassen gleichzeitig in die Vergangenheit eintauchen.  Weitere Stationen sind das Südsauerlandmuseum im mittelalterlichen Rathaus der Stadt, die Pfarrkirche, die Klosterkirche und der Bieketurm. In 2D kann man sich den Rundgang auf der Homepage des Museums zuhause anschauen.

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