Umrubeln war ein schwaches Verb, das 2012 auf dem Wort-Friedhof des DUDEN landete. Es gehörte zu den Wörtern, die ungebräuchlich wurden oder in Vergessenheit geraten waren.
Das Wort „umrubeln“ ist auch aus dem Wortschatz gefallen, weil die Landeswährungen seit vielen Jahren weltweit nach den Wechselkursen der Europäischen Zentralbank „konvertiert“ werden. Diese zeitgemäße Bezeichnung für den Währungsumtausch ist nachvollziehbar, denn der internationale Warenverkehr wird nahezu ausschließlich in wertstabilen Währungen wie Euro oder Dollar abgetauscht, so dass der Bezug zum Rubel sinnentleert war.
Der Euro gilt als stabile und starke Währung, denn der Euroraum verfügt über ein gesundes Finanzsystem. Die einzelnen Volkswirtschaften weisen zwar eine unterschiedliche Stabilität auf. Doch im Großen und Ganzen haben die Volkswirtschaften im Euroraum und in den USA großes Potenzial.
Nicht umsonst hat sich der Euro als zweitwichtigste Reservewährung nach dem Dollar im internationalen Finanzsystem etabliert. Ein Grund sind die stabilen Wechselkurse, die sich auch während der weltweiten Finanzkrise und der Eurokrise bewährt haben.
Die Stärke einer Währung ergibt sich aus dem Paritätsverhältnis zu anderen Währungen. Eine Währung gilt als stark, wenn sie stark nachgefragt wird und gegenüber anderen Währungen entsprechend teuer ist.
Der Rubel spielt als schwache Währung im internationalen Warenverkehr nur noch eine untergeordnete Rolle. Deshalb hat Russland in den Lieferverträgen für Gas, Erdöl und Kohle die Zahlung in Euro oder Dollar festgeschrieben, um planbare Einnahmen zu generieren. Umrubeln macht keinen Sinn mehr.
Als Reaktion auf Putins Vernichtungskrieg in der Ukraine haben die westlichen Staaten den Warenverkehr mit Russland durch strenge Sanktionen praktisch zum Erliegen gebracht. Auf eine deutsche Initiative hin wurde lediglich der Bezug von Gas, Erdöl und Kohle ausgenommen.
Nachdem Russland auch von der Zahlungsabwicklung über das internationale Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen wurde, können Energierechnungen ausschließlich über zugelassene russische Banken in Euro oder Dollar abgewickelt werden.
SWIFT steht für Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication. Der Verband von Geldinstituten, der hinter dem Begriff steht, wurde 1973 gegründet. Er hat die Aufgabe, den Zahlungsaustausch zwischen den Banken über das sichere SWIFT-Telekommunikationsnetz zu gewährleisten. Über SWIFT wird der gesamte Finanzverkehr für mehr als 11.000 Geldinstitute in über 200 Ländern abgewickelt. Die SWIFT-Zentrale befindet sich im belgischen La Hulpe.
Russland ist durch das Waren-Embargo und den SWIFT-Ausschluss praktisch vom internationalen Handel ausgeschlossen. Das bedeutet, dass Russland seine Devisen aus den Energielieferungen nur horten kann, denn Exporte anderer Produkte in die Embargostaaten, die mit den Devisen bezahlt werden könnten, finden praktisch nicht statt.
Der Rubel ist inzwischen im Vergleich zu westlichen Währungen fast vollständig entwertet. Um die Währung zu stärken erließ Putin folgendes Dekret: „Gas nur für Rubel“. Seit dem 1. April 2022 gilt sein Dekret. „Bei Nichtbefolgung erfolgt ein Lieferstopp.“
Nach Putins gesichtswahrender Interpretation des Rubel-Dekrets müssen die westlichen Staaten ab sofort Valuta-Konten bei der nicht sanktionierten Gazprom-Bank eröffnen, um weiterhin Gas, Erdöl oder Kohle zu erhalten. Über diese Konten können sie ihre Energie-Rechnungen in Euro oder Dollar begleichen. Die Gazprom-Bank tauscht die Euro oder Dollar bei der Zentralbank der Russischen Föderation (Bank of Russia) in Rubel um und überweist diese an Gazprom.
Der Westen kann beweisen, dass er in Euro oder Dollar bezahlt und der Präsident kann behaupten, dass er Rubel erhält. Doch der Streit ist durch diesen Schachzug vermutlich nur vertagt, denn Putin ist nicht zu trauen. Das haben die Politiker im Westen schmerzhaft lernen müssen.
Putins Idee war, dass der Rubelkurs steigt, weil international mehr Rubel für die Bezahlung der Energielieferungen nachgefragt werden müssen. Da sich die westlichen Staaten aber einig waren, die Energie-Rechnungen weiterhin im Rahmen der Verträge mit Euro oder Dollar zu bezahlen, scheiterte der Plan. Mit der Einbindung der Gazprom in den Zahlungsverkehr nutzte Putin einen Taschenspielertrick, um den Rubel und das eigene Image zu stärken.
Tatsächlich ist der Rubel-Kurs durch die künstliche „Binnennachfrage“ nur minimal gestiegen.
Nach „Putins Ei des Damokles“ kann der Westen beweisen, dass er in Euro oder Dollar bezahlt und der Präsident kann behaupten, dass er Rubel erhält – also wir unsere Zahlungen umrubeln.
Vielleicht wurde das Wort „umrubeln“ vom DUDEN zu früh auf den Wort-Friedhof verbannt, denn es würde die Transaktionen nach dem Rubel-Dekret zutreffend charakterisieren.
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