Landwirtschaft in Westfalen blickt mit Sorgen in die Zukunft

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Münster. Vor dem Hintergrund unzureichender Gewinne und heftiger Auseinandersetzungen über geplante Verschärfungen in der Tierhaltung wie im Umweltrecht blickt die Landwirtschaft in Westfalen mit Sorgen in die Zukunft. Diese Einschätzung gab Johannes Röring, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), heute anlässlich des „Havichhorster Presseabends“ des Verbandes auf Gut Havichhorst bei Münster. Angesichts immer höherer Erwartungen an die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Produktionsverfahren und unverändert preisbewusster Verbraucher kämpft der Verband um tragfähige Perspektiven für die Bauernfamilien.

Landwirtschaft Westfalen

Foto: Pixabay

„Die Stimmung auf den landwirtschaftlichen Betrieben ist momentan aufgrund unbefriedigender Unternehmensergebnisse insgesamt gedrückt und von Unsicherheit über die Zukunft geprägt. Alle Betriebe hatten 2019 mit den Folgen eines zweiten Dürresommers in Folge zu kämpfen, vor allem aber die Milchbauern. Die Schweinehalter profitieren dagegen aktuell von ungewöhnlich hohen Erzeugerpreisen, ausgelöst durch die in Ostasien grassierende Afrikanische Schweinepest (ASP). Die schwache Investitionsneigung in der Landwirtschaft spiegelt jedoch die insgesamt schwierigen Rahmenbedingungen unseres Sektors. Wir brauchen deutlich mehr Wertschöpfung“, so Röring.

 Nach vorläufigen Zahlen der Landwirtschaft in Westfalen sank der durchschnittliche Gewinn der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Westfalen-Lippe im Wirtschaftsjahr 2018/19 (01.07.2018 – 30.06.2019) um 27 Prozent auf ca. 49.000 Euro. Erneut gab es zwischen den Produktionsrichtungen erhebliche Unterschiede. Während die spezialisierten Ackerbauern eine Steigerung von 16 Prozent gegenüber dem  Ergebnis des Vorjahres verzeichnen konnten, mussten die Schweinehalter Einbußen von 23 Prozent verkraften. Noch härter traf es die Milchbauern mit einem Minus von 38 Prozent. Der Anteil der öffentlichen Transfers am Unternehmensergebnis bei allen Betriebsformen lag im Durchschnitt aller Betriebsformen bei 33 Prozent.

Stagnierende Erlöse und anhaltend hohe Futterkosten drücken auch zum Jahresbeginn 2020 auf die Stimmung der Milchbauern in Westfalen-Lippe. Die heimischen Ackerbauern erwarten für das neue Jahr keine größeren Preisschwankungen, da die Getreidelager weltweit gut gefüllt sind. Die aktuell guten Erzeugerpreise der Schweinehalter werden dagegen nach Aussage von Marktexperten noch länger stabil bleiben, sofern Deutschland von der  Afrikanischen Schweinepest verschont bleibt.

2020 setzt die Landwirtschaft in Westfalen auf Fortschritte bei wichtigen Tierschutzthemen. Vor dem Hintergrund des zum 1. Januar 2021 in Kraft tretenden Verbots der betäubungslosen Kastration von männlichen Ferkeln wollen die regionalen Schweinehalter auch auf die Möglichkeit einer Kastration unter Narkose verzichten und stattdessen die Tiere impfen. Ein Pilotprojekt zur Impfung von 100.000 männlichen Ferkeln wurde 2019 gestartet. „Jetzt muss der Lebensmitteleinzelhandel zeigen, ob er tatsächlich bereit ist, dieses tierschutzgerechte Verfahren zu unterstützen und das Fleisch von geimpften Tieren auch zu bewerben und zu verkaufen“, so Röring.

Beim Ausbau von erneuerbaren Energien sieht der WLV die Landwirtschaft in der Rolle des Problemlösers und fordert deutliche Erleichterungen beim Ausbau der Windenergie.
Angesichts restriktiver Regional- und Flächennutzungspläne, verschärfter Abstandsregeln, strenger Artenschutzvorgaben und massiver Bürgerproteste droht das für 2030 vorgegebene Wachstumsziel im Bereich Windenergie verfehlt zu werden. Mit neuen Vorschlägen zur Erreichung größerer Akzeptanz von Windenergieanlagen will der WLV die politische Diskussion 2020 vorantreiben. Zugleich wendet sich der Verband gegen neue Vorschläge zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. „Dies würde die akute Flächenknappheit noch weiter verschärfen und die vielerorts ohnehin schon extremen Pachtpreise noch weiter in die Höhe treiben“, so Röring.

Bei der Bekämpfung der in Teilen von Westfalen-Lippe zu hohen Nitratbelastung des Grundwassers sieht der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband auch die Bauern selbst in der Pflicht. Zur Erhöhung der Akzeptanz verschärfter Regelungen setzt der Verband bei der anstehenden Novelle der Düngeverordnung auf eine stärkere, wissenschaftlich
basierte Differenzierung  von Grundwasserkörpern, die Überprüfung von Grundwassermessstellen und den flächendeckenden Ausbau von Kooperationen zwischen Landwirtschaft und Wasserwerken in der Region.

Mehr Infos zu diesem Thema gibt es beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband.

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