Beruf: Bier-Sommelière

Die schier unglaubliche Sorten- und Markenvielfalt des Bieres bringt immer mehr Genießer dazu, sich mit diesem Getränk intensiver zu beschäftigen. Was beim Wein längst auf eine lange Tradition zurückblickt, ist neuerdings auch beim Bier en vogue. Der uralte Durstlöscher wird zunehmend bewusst und kultiviert genossen.

Die Ökotrophologin Julia Buchheiser erkennt als zertifizierte Bier-Sommeliere nicht nur das Pilsener ihres Arbeitgebers Veltins am Geschmack; Foto: C. & A. Veltins

Das blumige Vokabular der Wein-Sommeliers, die einen guten Tropfen beschreiben, ist bekannt: „Samtig im Abgang mit fruchtigem Bukett!“ Der Versuch, anderen mitzuteilen, was man gerade schmeckt, hat schon manchen Freund des guten Tropfens zum geistreichen Hochstapler werden lassen, der von seinen Freunden belächelt wird. Aber auch ein Bierverkoster steht vor dem Problem, mit Worten beschreiben zu müssen, was auf der Zunge gerade empfunden wird. „Auch wir arbeiten mit Vergleichen wie Fruchtnoten oder Röstaromen“, erklärt Julia Buchheister von der Veltins-Brauerei. Die junge Bier-Sommelière hat vor zwei Jahren ihr Zertifikat bei der renommierten Doemens-Akademie erworben und ist seitdem für die Weltmarke aus dem Sauerland als Botschafterin des Gerstensaftes unterwegs. „Die Röstaromen des Malzes legen Vergleiche zu anderen gerösteten Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel Kaffee nahe“, erklärt die geschulte Feinschmeckerin: „Dagegen bringt der Hopfen interessante Fruchtaromen ins Spiel. Auch für Einsteiger leicht zu erschmecken sind zum Beispiel Bananen-Noten, die vielen naturtrüben Weizenbier-Sorten zu eigen sind.“

Röstaromen schmecken

Das Aroma des Hopfens kann je nach Sorte und Ernte sehr unterschiedlich sein. Es verleiht dem Bier einen wesentlichen Teil seiner Individualität; Foto: C. & A. Veltins

Während einer 14-tägigen Intensiv-Schulung erlernte die studierte Oekotrophologin in Bayern und Österreich, was die Unterschiede der Biersorten ausmacht. Dabei ist es erstaunlich, was aus den wenigen Zu- taten, die das mehr als 500 Jahre alte Reinheitsgebot den Brauern gestattet, im wahrsten Sinne des Wortes zusammengebraut werden kann. „Der Trend geht zur Sortenvielfalt und Regionalität,“ erklärt auch der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Veltins, Ulrich Biene.

Und bei genau dieser Sorten- vielfalt wollen sich die Biertrin- ker zunehmend auskennen. Ein Bierseminar mit Verköstigung bei Julia Buchheister bietet so- mit eine gute Gelegenheit, sich dieser Herausforderung zu stel- len. Die Bier-Sommelière wird dabei nicht nur zur Botschafterin ihrer Weltmarke Veltins, sondern auch zu einer Werbeträgerin für das Bier an sich, das es nun endgültig vom plebiszitären Volksgetränk zum hochwertigen Genussmittel geschafft hat – auch in Kreisen einer etablierten Gesellschaft, die ihren Mitgliedern noch vor wenigen Jahren zu besonderen Anlässen „Weinzwang“ auferlegt hat. Eine kaum noch zu überschauende Menge an Hopfensorten, unterschiedlichste Darr- und Röstmethoden bei der Malzherstellung, verschiedene Hefen und nicht zuletzt das Brauwasser bescheren den Brauern Variationsmöglichkeiten, die kaum ein Bier wie das andere schmecken lassen.

Wasserqualität ist wichtig

Für das Bier Pilsener Brauart ist der Härtegrad des Wassers qualitätsentscheidend. Zu Kaisers Zeiten brauchte man sogar eine besondere Genehmigung, um Pilsener Bier brauen zu dürfen und musste eine Wasserprobe zur Analyse nach Berlin in die Reichshauptstadt schicken. Die Aromastoffe des Hopfens entfalten ihre beliebte herbe Note nämlich nur in Abwesenheit von Calcium. Ist zu viel Kalk im Wasser, wird das Pils bitter – mit dem feinherben Geschmack ist es dann schnell vorbei. All das sind Dinge, die eine Bier- sommelière wissen muss. Die Ausbildung besteht aus einer intensiven Geschmacksschulung und enthält auch einen handwerklichen Teil. Selber mal ein Bier zu brauen, bleibt auch einer angehenden Bier- Sommelière während der Ausbildung nicht erspart.

In der vermeintlichen Männerdomäne des Biergenusses fühlt sich Julia Buchheister sichtlich wohl, denn das Klischee vom Getränk für harte Kerle hat sich längst überlebt. Zu den Bierseminaren, die Julia Buchheister meist mit Gastronomie-Partnern ihrer Brauerei veranstaltet, kommen fast genau so viele Frauen wie Männer. Interessant dabei ist, dass sich Frauen oft für andere Sorten entscheiden, wenn es um das Lieblingsbier geht. „Malzige Biersorten, wie zum Beispiel Schwarzbier, die auch schon mal etwas wärmer getrunken werden dürfen, stehen bei Frauen höher im Kurs. Dagegen sind die meisten Männer Pilsfans geblieben,“ hat die Bier-Sommelière in ihren Kursen festgestellt.

Aber es gibt auch regionale Unterschiede. Während das Pils in Westfalen einen Marktanteil von über 60 Prozent hat, bevorzugen die Bajuvaren das traditionelle „Helle“, oder trinken dunkle, malzstarke Biere mit hoher Stammwürze, die dann meist auch einen höheren Alkoholgehalt haben als Pils.

Erfahrungen beim Bierseminar

Ein Bier-Seminar mit Julia Buchheister; Foto: C. & A. Veltins GmbH

Ähnlich wie beim Wein stellt sich auch beim Gerstensaft die Frage: „Welches Bier zu welchem Essen?“ Und auch hier werden Parallelen sichtbar: Helles Fleisch, helles Bier – dunkles Fleisch, dunkles Bier. Regeln, die jedoch niemals zum Dogma werden dürfen, denn „erlaubt ist, was schmeckt!“, sagt die Bier-Sommelière.

Ein absolutes Aha-Erlebnis eröffnet sich vielen Bierseminar-Teilnehmern, wenn dieselbe Biersorte aus unterschiedlichen Gläsern verköstigt wird. Es ist kaum zu glauben, aber es stimmt: Aus einem Glas in Tulpenform schmeckt das Lieblingspils anders als aus einer Flöte. Dies gilt in verschärfter Form bei der Verköstigung aus Steinkrügen oder Tongefäßen. Die Frage, ob bei einem Bierseminar gezapftes Bier oder Flaschenbier probiert werden soll, beantwortet Julia Buchheister pragmatisch: „Das hängt von den Möglichkeiten ab“, sagt sie. „Wenn man möglichst viele Sorten probieren will, wird man kaum die Möglichkeit haben, die alle an die Zapfanlage zu hängen. Wichtig ist, dass die Temperaturen stimmen und vergleichbar sind.“ Beim klassischen Pils kommt man dabei um die etablierten fünf bis sieben Grad Celsius Trinktemperatur kaum herum. Ein Pale-Ale darf dagegen deutlich über zehn Grad warm werden.

Es ist keine Frage, der Biermarkt befindet sich im Wandel. Während der Massenausstoß sinkt, fragt man zunehmend nach Regionalität, Qualität und Sortenvielfalt. Ein Trend, der sich im vergangenen Jahr durch die vielen Informationskampa- gnen anlässlich des 500-jährigen Reinheitsgebots noch verstärkt hat. Im Vergleich zu manchem Mitbewerber steht Veltins gut da. Mit einem Zuwachs von 2,4 Prozent hat die C. & A. Veltins GmbH im Geschäftsjahr 2016 mit 2,85 Millionen Hektolitern einen Ausstoßrekord erzielt. Dass dabei dennoch die Regionalität und die Verbundenheit zum Standort im beschaulichen Grevenstein nicht verloren gehen ist auch neuen Marke- tingstrategien zu verdanken, die speziell auf die Tradition des Hauses abzielen. So entstand das „Grevensteiner“ als naturtrübes Landbier als wiederbelebte Traditionsmarkte zunächst für die Biertrinker „rund um den Hausberg“. Aber nicht zuletzt die Bierseminare von Julia Buchheister weckten auch anderswo die Neugier nach der hefefruchtigen Spezialität. Das neue, alte Produkt etablierte sich schneller, als von seinen Machern zunächst gedacht.

Traditionspflege mit Gerstensaft

Stichproben bei der Abfüllung sichern die Qualität; Foto: C. & A. Veltins

Im Hause Veltins wahrt man die Tradition. Dies bedeutet einen engen Kontakt zu den Gastronomie-Partnern. In mehr als 14.500 Kneipen, Restaurants und Biergärten läuft frisches Veltins aus dem Hahn.

Mit besonderer Hingabe unterstützt die Veltins-Brauerei das Schützenwesen. Die Schützenvereine sind besonders in Westfalen eine starke Säule des Vereinlebens. Mit der „Schüt- zenstudie Visionen 2025“ hat man aktuell den Vereinen einen Leitfaden an die Hand gegeben, wie gelebte Traditon zukunfts- fähig gemacht werden kann. Dabei geht es um mitgliedernahe Vorstandsarbeit ebenso wie Festoptimierung sowie die Planung für ein attraktives Schützenjahr. Die Farbe Grün ist bei Veltins mehr als ein far- biger Strich auf dem Etikett des beliebten Pilsners.

Das Verlangen echter Veltins-Fans nach Fanartikeln spielt nicht nur im Zusammenhang mit der berühmten Veltins-Arena in Gelsenkirchen eine Rolle. Nach wie vor sind die klassischen Biertrinker, die zum Fußball-Match am Wochenende nicht auf ihr Lieblingsgetränk verzichten wollen, für alle Brauereien eine starke Bank, auf die sie setzen können. So sorgt eine Shop im Internet dafür, dass man sein Lieblingsbierglas mit dem Brauerlogo nicht in der Kneipe klauen muss. Nachgefragt werden auch Blechreklame-Schilder im historischen Stil, Käppis und natürlich Bierdeckel, die von manchen Leuten genauso gesammelt werden wie Briefmarken und teilweise Liebhaberpreise erzielen. All das sind Dinge, die sich im heimischen Wandschrank genauso gut machen wie auf Schalke.

Die Frage, ob eine Bier-Sommelière auch eine Lieblingsbiersorte hat, beantwortet Julia Buchheister übrigens diplomatisch: „Das hängt von der Situation ab!“ Bier ist und bleibt ein Getränk für viele Gelegenheiten. Ob im geselligen Vereinsleben, bei Familienfeiern, zu einem guten Essen oder gemütlich vor dem Fernseher. Oder aber eben, und das ist neu, bei einem interessanten Bierseminar mit einer Bier-Sommelière.

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