Rheda-Wiedenbrück – Der Ort könnte schöner kaum sein. Der Mertenshof liegt mitten in der typisch westfälischen Parklandschaft. Ein beschauliches Idyll ganz in der Nähe von Rheda-Wiedenbrück. Hier betreibt Edeltraut Haut seit mehr als 35 Jahren ihre Galerie. In diesem Sommer eröffnet sie wieder einmal ihren traditionellen „Kulturellen Dialog“, der regelmäßig Kunstfreunde anzieht. Im Mittelpunkt ihrer Ausstellungen: Spektakuläre Skulpturen, Plastiken und Installationen namhafter Künstler.
Sie sind aus Marmor und Granit, Kunststoff, Beton, Stahl oder Bronze und sie sind von einer atemberaubenden Ausdruckskraft. Dreidimensionale Kunst wie man sie in dieser Qualität und Vielfalt an keiner anderen Stelle im Land antrifft. Selbst Besucher der „Skulpturen Projekt Münster“ werden gerne hier Station machen, ehe sie nach Kassel zur „documenta“ durchstarten. Und natürlich umgekehrt. Ein Abstecher empfiehlt sich allemal. Denn es gibt jene begreifbare Kunst zu sehen, die manch einer in Münster oder Kassel vor lauter Installationen und Performances so schmerzlich vermisst.
Galeristin Edeltraut Haut zeigt vom 25. Juni bis 30. Juli 2017 unter dem Motto „Kultureller Dialog“ mehr als 100 Objekte von 14 renommierten Künstlerinnen und Künstlern. Dazu zählen Bilderhauer wie Rainer Ern, Christoph Goldberg, Wendelin Gräbener, Roland Höft, Norbert Jäger, Ulrich Kuhlmann, Thomas Lehnigk, Ernesto Marques, Erika Post, Rolf Stahr, Ada Stel, Franz Winkelkotte und andere. Im Mittelpunkt stehen die Arbeiten von Pierre Schuhmann, dem Edeltraut Haut sogar eine Hommage gewidmet hat.
Pierre Schuhmann wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Die Galeristin zählt den Künstler zu ihren wichtigsten Wegbegleitern. „Er war ein väterlicher Freund, der mich von Anfang an in künstlerischen Fragen beraten hat“, verrät die Galeristin. Sie möchte mit einigen Objekten an den großartigen Künstler erinnern. „Schuhmann zählt zu den ganz Großen“, weiß Edeltraut Haut. Er verstand sich als Bildhauer. Sein Credo: „Der Stein macht jeden Schlag des Meißels zu einer Entscheidung, die nicht widerrufbar ist.“
Schuhmann arbeitete am liebsten mit Marmor aus Carrara. „Er wurde 1969 zur Biennale nach Venedig eingeladen und hat dort zeitgleich mit Henry Moore ausgestellt.“ Die Begegnung soll für beide Bildhauer höchst inspirierend gewesen sein, berichten die Chronisten. Umso schöner, dass die Familie Schuhmann einige seiner wichtigsten Arbeiten für die Ausstellung auf dem Mertenshof herausgerückt hat.
Edeltraut Haut bewundert dessen Lebenswerk wegen seiner unvergleichlichen Ausdruckskraft und Eindringlichkeit. In der Ausstellung vertreten ist sein Meisterwerk „Die kämpfenden Vögel“, das bis heute nichts an seiner Ausstrahlung verloren hat. Ein typisches Beispiel für die Gestaltungsmittel und die Formensprache dieses Bildhauers.
Die denkmalgeschützte Hofanlage scheint sich für den festlichen Auftritt der 14 Künstler herausgeputzt zu haben. Sie ist eine exzellente Bühne. Christoph Goldberg aus Bochum beispielsweise arbeitet aktuell gerne mit Cortenstahl, der langsam durch Wind und Wetter korrodiert. Seine stilisierten Gesichter und Figuren machen Anleihen bei Horst Antes und Max Ernst. In der reduzierten Formensprache werden archaisch anmutend Mensch und Tier dargestellt. Daneben setzen sich Wendelin Gräbener und Franz Winkelkotte in ihren eingängigen Keramiken mit dem Menschen in unterschiedlichen Kulturen auseinander. Ein sehr aktuelles Thema, das bei den beiden zu einer eigenen Formsprache gefunden hat. Ganz anders erscheinen die abstrakten, beinahe geometrischen Arbeiten eines Roland Höft. Den Bildhauer interessiert die Linie, die er in seinen Steinskulpturen in reine, beinahe schwebende Formen übersetzt hat. Spiegelnd und glänzend sind hingegen die Edelstahlskulpturen von Ulrich Kuhlmann. Sie spielen mit kristallinen Formen und der Klarheit wie man sie in der Architektur findet. Kuhlmanns Arbeiten strahlen durch ihre abstrakten Formen pure Modernität aus.
Überraschend und geradezu wunderbar zeigen sich derartige Formen mitten im Grün eines üppig gedeihenden Gartens. Sie sind echte Hingucker. Die sorgfältig gepflegte Garten- und Parklandschaft bietet mit ihren rund 20.000 Quadratmetern eine Fülle von Präsentationsflächen. Hier werden die Skulpturen ins richtige Licht gerückt. Umrahmt von Büschen und Hecken oder im Schatten mächtiger Bäume kommen sie so zur Geltung wie manch einer der Besucher sie gerne bei sich im Garten erleben würde.
Edeltraut Haut hat mit viel Fingerspitzengefühl diese Symbiose von Kunst und Natur geschaffen. Als Besucher mag man zeitvergessen zwischen den Büschen und Bäumen wandeln und sich dabei von den Impulsen durch die Kunst inspirieren lassen. Die Skulpturen sind dafür so geschickt aus dem Atelier in die freie Natur verpflanzt, als wären sie immer schon hier gewesen. Lauschige Gartenzimmer und kleine Naturlauben erweisen sich als ideale Stellplätze. Das Wechselspiel von Licht und Schatten tut ein Übriges. So wird Kunst von allen museale Grenzen befreit, losgelöst auch von den urbanen Plätzen, auf denen mittlerweise so oft Skulpturen und Standbilder, Monumente und Objekte in Konkurrenz mit der Architektur auftreten. Man wird lange suchen müssen, um solch einen inspirierenden „Kulturellen Dialog“ zu entdecken wie man ihn in der Galerie am Mertenshof geboten bekommt. Ein echtes Erlebnis! Jörg Bockow
Vernissage am 25.6.17 um 12.00 – 18.00 Uhr
Galerie im Mertenshof / Moorweg 77 / 33378 Rheda-Wiedenbrück
Telefon 05242- 42842
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