Kiepenkerl-Blog: Amerikanischer Handelskrieg

Deutschland ist wegen der von Jahr zu Jahr steigenden Überschüsse im Welthandel international in die Kritik geraten. Nun bahnt sich Ärger mit den USA an, denn Donald Trump wirft Deutschland systematische Ausbeutungspolitik vor. Doch um sämtliche Ursachen des amerikanischen Ungleichgewichts in der Handelsbilanz angehen zu können, müsste auch in der eigenen Volkswirtschaft nach Kummerausgleichsposten gesucht werden. Sonst stellt sich die Frage, wer die exorbitanten Defizite der Amerikaner finanzieren soll, wenn nicht die Staaten mit Überschüssen, die damit amerikanische Schuldverschreibungen kaufen. So wurde China zum größten Gläubiger der USA. Das hat Trump inzwischen begriffen und ist bei der Anerkennung von Taiwan als eigenständigem Staat zurückgerudert.

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Zum Abbau der deutschen Handelsbilanzüberschüsse müsste vorrangig die Binnenkonjunktur belebt werden. Dazu beitragen würden erhöhte Investitionsausgaben der öffentlichen Hand und der Wirtschaft. Auch die Verteuerung der Arbeitskosten durch Lohnerhöhungen wäre ein geeignetes Mittel. Die für deutsche Exporte günstigen Währungsparitäten des Euro sind von Deutschland nicht zu beeinflussen. Sie werden maßgeblich verursacht durch die wirtschaftlich schwächeren Euro-Staaten, die ihre Währung eigentlich abwerten müssten. Bei den Chinesen ist das anders, denn die können die Unterbewertung des Yen per Dekret beseitigen.

Das Fatale an der Theorie des internationalen Handels ist, dass die Ziele stets klar, aber selten zutreffend sind. Durch intensives Quellenstudium ist John F. Brainstorm vom Institut für Zahlenverdrehung und Allgemeinkonfusion kürzlich der Nachweis gelungen, dass der fetischistische Glaube an die Statistiken auf Sheng Lap Top zurückgeht, den Großmeister des chinesischen Rechenbretts. Er war gleichzeitig Astrologe der Ginseng-Dynastie und berühmt für die Erkenntnisse über das chinesische Bruttosozialprodukt zu Faktorpreisen.

Deshalb ist Chinas Handelsbilanz jetzt ins Fadenkreuz des amerikanischen Präsidenten geraten – ebenso wie die von Japan, Taiwan und Südkorea. Als Großmeister der Irritation hat Trump in seiner Wissenschaftsschelte die Chinesen auch als Erfinder des Klimawandels ausgemacht. Mit großem Erfolg haben sie vermutlich Dürreperioden, Großregenereignisse und Hurrikans in die USA exportiert. Das brachte ihnen riesige Handelsbilanzüberschüsse und den Vereinigten Staaten entsprechende Defizite. So einfach ist das mit dem Umweltschutz, wenn man schwierige Probleme mit populistischen Antworten aus dem Weg räumt.

Bei den Amok-Läufen von Donald Trump zählt der Einsatz von rechnergestützten Applikationen zur management-orientierten Kybernetik nicht zu den Mitteln seiner Wahl. Der Reiz seiner Sandkastenspiele liegt im Kern darin, dass sie den Irrtum durch Bauchgefühle ersetzen. Auch namhafte Nationalökonomen bekennen sich inzwischen zu den Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Etwa wenn es darum geht, gravierende Abweichungen zur vorausgesagten Wirtschaftsentwicklung zu erklären. Dann genügt der Hinweis auf die internationale Wertschöpfung, um zu dokumentieren, wie marginal die Abweichungen zu den eigenen Zahlen sind. Bei interstellarer Integration in die Raum-Zeit-Achse verschwinden sie sogar völlig.

Die Handelsbilanzanalysen der 50er Jahre wurden von der Trivialtheorie des Malcom Highlight geprägt. Danach reicht es nicht, keine Ideen zu haben, man muss auch unfähig bleiben, sie zu präsentieren. Zu den großen Verdiensten von Add Absurdum zählt es, dass er den zweiten Teil dieses Lehrsatzes eindeutig widerlegt hat. Modernste computergestützte Präsentationstechnik ist durchaus in der Lage selbst simpelste Sachverhalte in mehrfarbige mehrdimensionale Charts umzusetzen. Doch Donald Trump hält seine knappen Tweets für überzeugender, entheben sie ihn doch der Gefahr nachvollziehbare Begründungen für schlichte Gedanken liefern zu müssen.

Das haarsträubende Weltverständnis und die Oberflächlichkeit seiner Dekrete lässt sich nur mit postfaktischen Deutungen und alternativen Fakten erklären. Weil seine Lösungen für komplizierte Sachverhalte umwerfend revolutionär sind, wird er als Nächstes vielleicht das newtonsche Schwerkraftgesetz (Gravitationsgesetz) per Dekret außer Kraft setzen, um der amerikanischen Flugzeugindustrie neuen Aufwind zu verleihen.

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