Kunsthaus Kannen zeigt “Kopf und Vogel”

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Münster – Das Kunsthaus Kannen zeigt vom 5. Februar bis 14. Mai 2017 unter dem Titel “Kopf und Vogel” Malerei von Pellegrino Vignali (Museum Haus Cajeth, Heidelberg), Wolfgang Brandl, Bruno Ophaus, Oswin Stieding, August Vibert und Objekte von Nicole Szlachetka und Werner Streppel.

Die Bilder von Pellegrino Vignali (1905-1984), der als Bauer in einem abgelegenen Dorf in den italienischen Bergen des Appenin lebte, handeln von Tieren, Menschen, Pflanzen und Zeichen, die er zu kleinen symbolischen Kosmen ineinanderfügt, ähnlich wie in der ältesten Kunst der Felszeichnung und Höhlenmalerei. Die Ausstellung zeigt Vignalis Kunst zusammen mit Arbeiten von Künstlern aus dem Kunsthaus, die für das Verhältnis zur Natur des Lebens, zum Lebendigen, ihre je eigenen (Sinn-)Bilder finden.

Die Bilder von Pellegrino Vignali, der als Bauer in einem abgelegenen Dorf in den italienischen Bergen des Appenin lebte, handeln von Tieren, Menschen, Pflanzen und Zeichen

Bilder sind ein Anfang unserer Geschichte als Menschen. Bis heute wissen wir letztlich nicht, warum unsere Vorfahren anfingen, sich die Welt in Bildern zu vergegenwärtigen, vielleicht taten sie es einfach, weil sie es konnten, weil sie die ersten „Freigelassenen der Schöpfung“ waren, wie der Kulturwissenschaftler Andreas Mertin sagt. Die Bilder von Pellegrino Vignali, der als Bauer in einem abgelegenen Dorf in den italienischen Bergen des Apennins lebte, führen uns auf den ersten Blick zurück an diesen Anfang. Sie handeln von Tieren und Menschen, von Frauen und Männern, von Pflanzen und Zeichen, die er zu kleinen symbolischen Kosmen ineinanderfügt, ähnlich wie in der ältesten Kunst der Felszeichnung und Höhlenmalerei. „Vignalis Bildsprache ist genial einfach und dadurch zu höchster Komplexität des Ausdrucks fähig. Darin gleicht sie der Sprache der Elementarzeichen, die so alt ist wie die Menschheit selber. Vignali konnte die Inhalte seiner Bilder nicht erklären er malte sie.“ (Museum Haus Cajeth). Zugleich sind es moderne Bilder, subjektiv in ihrer symbolischen Erzählung, frei in der ornamentalen Ausgestaltung und Verknüpfung der Muster, sensibel und überraschend in der Farbigkeit.

Eine beeindruckende Arbeit von Pellegrino Vignali

„Graphische Abstraktion bestimmt den Charakter der Bilder, in denen die kräftigen, leuchtenden Farben flächig aufgetragen sind. Es gibt keine räumliche Tiefe, weil kein bestimmter Ort, kein konkretes Geschehen gemeint ist “. Die Ausstellung zeigt Vignalis Kunst zusammen mit Arbeiten von Künstlern der ersten und zweiten Generation aus dem Kunsthaus, die für unser Verhältnis zur Natur des Lebens, zum Lebendigen, eigene (Sinn-)Bilder finden.

Wie ein Naturkundler beobachtet Wolfgang Brandl das Aussehen eines Tiers, besondere Merkmale, Farben oder eine spezielle Zeichnung und zeigt es so in einer typischen Haltung. Immer schaut uns das Tier an, schweigend –fragend? So verbindet sich in Brandls Arbeiten die Melancholie des menschlichen Blicks auf die Natur mit einer leisen Ironie.

Bei Werner Streppel findet die Natur im Bild ihre Ordnung. Im Vokabular seiner Malereien und Objekte ist der Baum oder die Pflanze im Topf ein Bild der Verwurzelung schlechthin. Meist geht Streppel beim Malen von der Mitte oder der Grundlinie des Blattes aus und lässt das Motiv wie ein Puzzle gleichwertig  in alle Richtungen wachsen. Die dunklen Linien halten die bildnerischen Gegenstände, sie gliedern die Flächen und steigern die Leuchtkraft der Farben, sie stabilisieren und dynamisieren den Raum. So fragen Streppels Werke vielleicht auch danach, was menschliche Schwerkraft ist.

Einen ganz anderen Gestus hat Bruno Ophaus, der die Farben locker über und nebeneinander legt und Figuren und Motive weich umreißt. So weist das Gezeigte über sich hinaus, wie der Quittenbaum, der wie ein Weltenbauman seinen Armen die Fülle seiner Früchte zeigt. Bei der Entwicklung des Lebens spielt die (Körper-)Haltung eine entscheidende Rolle. In humorig bewegten Serien zeichnet Ophaus nach, wie sich mit der Form der Wirbelsäule auch das charakteristische Erscheinungsbild der Lebewesen ändert: von den Amphibien, über die Vögel bis hin zu den Säugetieren eine Familienähnlichkeit aber bleibt. Was sich über die Zeit ausprägt, wird manchmal in einem einzigen Moment besonders sichtbar.

Diesen Moment des Sehens und Gesehenwerdens erfasst Oswin Stieding in oft nur einem einzigen, schnellen Strich. Manchmal legt er zarte, unwirkliche Farben wie einen schützenden Schleier über die Szene. Seine Zeichnungen von (Flucht-)Tieren und Menschen berühren, weil sie den Anderen vertraut lebendig und darin zugleich unendlich entfernt zeigen.

In der Bilderwelt von August Vibert  begegnen uns fremdartige Wesen, die den Betrachter wie ihn selbst zum Schmunzeln bringen. Es scheinen Mischwesen, die verschiedene Gestalten in sich vereinen. In unserem kulturellen Gedächtnis finden wir viele Bildwerdungen solcher Grenzwesen: die Chimäre, Löwe, Ziege und Schlange in einem, die Meeresgottheit Medusa, der Seelen-Vogel oder der Löwenmensch, eines der ältesten Kunstwerke der Menschheit.

Viberts Darstellungen prägt eine Vorliebe für die rundliche Gestalt, oft eine besonders sprechende Gestik und ein Sinn für die Möglichkeiten des Ornamentalen, für das Emblematische und die Direktheit von Attributen. Es kehren archaische Stilmerkmale wieder wie das Ineinander von Vorder-und Seitenansicht und der simultane Blick, den auch Picasso für die Moderne wiederentdeckte.

Die Keramikkünstlerin Nicole Szlachetka formt symbolische Köpfe, deren Inneres offenliegt. Humorvoll und auch sarkastisch bildet sie Gefäße für das Nachdenken über die Welt und sich selbst.

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