Wenn man vor 1960 geboren wurde, ist es ein Wunder, dass man noch lebt. Das Leben als Kind war gefährlich, denn anders als heute wurde der Nachwuchs nicht in Watte gepackt.
Im Auto saßen Kinder ohne Sicherheitsgurt und ohne Airbag – wie alle anderen auch.
Unsere Betten waren angemalt mit Farbe voller Blei und Cadmium – wie die bunten Bauklötze, die wir begeistert in den Mund steckten.
Wenn wir nachts weinend im Bett aufwachten, hörte das niemand. Brauchten wir Hilfe, musste man laut brüllen, damit unsere Eltern aufmerksam wurden, denn Babyphones gab’s nicht.
Flaschen mit gefährlichem Inhalt wie Salzsäure oder Brennspiritus konnten Kinder problemlos öffnen. Sicherheitsverschlüsse waren noch nicht erfunden.
Morgens verließen wir das Haus zum Spielen, blieben den ganzen Tag weg und kamen erst nach Hause, wenn die Sonne bereits untergegangen war. Niemand wusste, wo wir waren und was wir machten, denn Handys gab’s noch nicht.
Wir haben uns die Knochen gebrochen und die Zähne ausgeschlagen – keiner wurde deswegen verklagt. Es waren ganz normale Unfälle, an denen wir selbst schuld hatten. Als erzieherische Maßnahme gab’s häufig noch was hinter die Ohren.
Manchmal prügelten wir uns und bekamen blutende Wunden. Damit musste man leben, denn es gab kaum Erwachsene, die sich darüber aufregten.
Die Fahrräder waren für uns häufig zu groß oder zu klein. Von Mountainbikes hatte noch niemand was gehört. Beim Fahrradfahren trug keiner einen Helm. Darüber hätten sich alle kaputt gelacht.
Wir aßen Schmalzstullen und Brote mit guter Butter. Kaum einer wurde dick davon oder bekam eine Allergie.
Wir tranken normales Leitungswasser – kein Mineralwasser. Mit den Freunden benutzten wir die dieselbe Flasche – keiner steckte sich an oder starb an den Folgen.
Wenn einer unserer Zähne nicht ganz gerade stand, dann war das eben so. Kein Zahnarzt verpasste uns Zahnspangen, die man jahrelang tragen musste.
Wir hatten auch keinen MP3-Player oder eigenen Fernseher. Filme auf DVD, Jahreskarten für den Fitness-Club, iPhones, Facebook und WhatsApp gab es nicht.
Wir haben Karl May gelesen und Indianer gespielt.
Stattdessen hatten wir richtige Freunde! Wir gingen raus und trafen sie auf der Straße, oder gingen zu ihnen nach Hause und klingelten, ohne vorher anzurufen, um einen Termin zu vereinbaren. Keiner brachte uns, keiner holte uns ab.
Wir hockten nicht vor der PlayStation oder der Xbox, sondern dachten uns selbst Spiele aus mit Holzstöcken oder Tennisbällen. Das machte Spaß und war auch noch pädagogisch wertvoll.
Fußball spielten wir auf der Straße. Da durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer schlecht spielte, musste zuschauen und lernte, mit Enttäuschungen umzugehen. Das funktionierte ganz ohne Sozialpädagogen oder Kinderpsychiater.
Fernsehen gab’s erst ab 18 Uhr. Dann kam manchmal sogar was Lustiges für Kinder. Aber immer bestimmten die Eltern, was wir sehen durften.
Zur Schule gingen wir zu Fuß oder fuhren mit dem Fahrrad – auch im Winter. Schulbusse gab’s nicht.
In die Schule nahm jeder sein Pausenbrot mit. Wer das vergessen hatte, konnte in der Schule oder um die Ecke nichts kaufen. McDonald‘s, Burger King, Dönerbude, Pizzaecke oder Subway waren Fehlanzeige.
Wenn man sich in der Schule nicht anstrengte, hagelte es schlechte Noten. Einige mussten sogar die Klasse wiederholen. Das wurde akzeptiert und führte nicht zu erregten Diskussionen der Eltern mit der Schulleitung.
Unsere Taten hatten Konsequenzen. Das war jedem klar – keiner konnte sich wegducken.
Wir feierten Erfolge und Siege. Manchmal hatten wir auch Pech oder waren schwächer als unsere Gegner. So lernten wir, mit unterschiedlichen Lebenssituationen umzugehen. In jedem Fall trugen wir die Verantwortung für unsere Freiheit selbst.
Gehört Ihr auch zu dieser Generation?
Wenn ja, dann herzlichen Glückwunsch.
Ich denke, wir waren Helden!
Speak Your Mind