Der Kiepenkerl: Flurschäden durch Großraumbüro

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Großraumbüros sind eines der größten Übel in der Arbeitswelt. Die Korrelation zwischen flexibler Raumnutzung und rückläufiger Mitarbeiter-Produktivität ist eklatant. Die Unternehmen kannibalisieren ihre Wettbewerbsfähigkeit – ohne Fremdeinwirkung durch die Konkurrenz. Diese Selbstverstümmelung können sich allenfalls Monopolisten oder Autokraten leisten. Neben dem Geräuschpegel sind innerbetrieblicher Tourismus und problematisches Raumklima die größten Störfaktoren. Die negativen Umwelteinflüsse führen zum Anstieg des Krankenstandes und reduzieren die Arbeitsproduktivität. In der Betriebswirtschaftslehre spricht man auch von Destruktivität.

Umweltschäden durch Großraumbüros

Foto: www.buero-forum.de

Der entscheidende Vorteil einer offenen Arbeitswelt liegt angeblich in der Kommunikations-Förderung. Um sich von den vermeintlichen Vorteilen zu überzeugen, müssten Entscheidungsträger vor der Auftragsvergabe für Großraumbüros verpflichtet werden, für eine Woche auf einem Großraumarbeitsplatz zu arbeiten. Ihr Selbstversuch zu konzentrierter Arbeit würde kläglich scheitern. Vor allem in Verkaufsabteilungen sind die Großraumschäden gravierend, denn Vertriebler sollen mit den Kunden kommunizieren und dabei nicht von Kollegen gestört werden. Doch im Großraumbüro müssen sie Nachbarn zuhören, obwohl sie ihre Aufgaben in Ruhe erledigen möchten.

Eine schwedische Studie hat den Zusammenhang von Bürogröße und Krankenstand untersucht. Das Ergebnis: Je größer, desto kränker. Entscheidend ist nicht nur, wie viele Leute im Büro sitzen, – sondern auch, ob es sich um robuste Männer oder sensible Frauen handelt. Drei Reaktionen auf die Ergebnisse sind interessant:

  1. „Ich habe es gehasst, in diesen Affenställen zu arbeiten. Permanente Geräuschkulisse, dauernde Störungen durch Telefonate der Kollegen, keine Rückzugsmöglichkeiten um komplexe Problemstellungen zu bearbeiten. Da braucht es keine Bazillenherde um krank zu werden, da reichen schon die Arbeitsbedingungen.“
  2. „Großraumbüros sind Sklavenlager der Postmoderne. Unternehmen, die auf diese Art der Personalhaltung setzen, sind nicht an Effizienz interessiert, sondern an Kontrolle.“
  3. „Je mehr Menschen in einem Raum arbeiten, desto unzufriedener sind sie – und je unzufriedener sie sind, desto weniger leisten sie und umso häufiger werden sie krank.“

Das Ergebnis einer Studie der Hochschule Luzern, für die 1.400 Beschäftigte verschiedener Unternehmen befragt wurden, macht es deutlich: Etwa die Hälfte aller Mitarbeiter in Einzelbüros meldete sich innerhalb eines Jahres nicht ein einziges Mal krank. In Zweierbüros erkrankten 38 Prozent nicht. In Büros mit mehr als 16 Arbeitsplätzen kamen lediglich drei von zehn Mitarbeitern ohne einen gelben Schein aus. Über großraumbedingte Langzeiterkrankungen, Frühverrentungen oder Totalschäden liegen keine Zahlen vor.

Gegen den Störfaktor Mitarbeitertourismus können Scheuklappen helfen. In der Landwirtschaft und im Pferdesport ermöglichen sie das mehrspännige Fahren und verhindern, dass Pferde von der Seite abgelenkt werden. Diese positiven Erfahrungen sollten Großraumfetischisten unbedingt nutzen, denn die Ausgangslage ist vergleichbar. Beruhigend zu wissen, dass die Entscheidungsträger bereits Scheuklappen tragen.

Es gibt auch Studien, die die Arbeit in Großraumbüros positiv bewerten. Doch die sind vermutlich von Büromöbelherstellern oder einem Arbeitgeberverband gesponsert.

 

 

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