Der Kiepenkerl bloggt: Die diebische Elster

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Die Oper „Die diebische Elster“ von Gioacchino Rossini ist bekannter als die „Elster“ der deutschen Finanzverwaltung. Mit dieser Software können die Daten von Steuererklärungen elektronisch ans Finanzamt übermittelt werden. Nach Auffassung vieler Bürger verdankt die Software ihren Namen dem Umstand, dass Elstern als Nesträuberinnen gelten.

Im Mittelalter war der diebische Vogel als Hexentier oder Galgenvogel verschrien. Geblieben sind die Freude an der Musik und der Galgenhumor.

In der Oper wird die Elster als wahre Diebin erst in letzter Sekunde entdeckt, so wie Klaus Zumwinkel und Uli Hoeneß, die ihre Kuckuckseier in der Schweiz legten. Andere Diebe stehen von vornherein fest. Es sind die christlichen Kirchen, die es auf die Silberlinge ihrer Herde abgesehen haben.

Ab dem 1. Januar 2015 bedienen sich die Hirten zwangsweise an den Einkünften ihrer Schäfchen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen. Wer der Bank bisher seine Kirchenzugehörigkeit nicht mitgeteilt hat, sodass von der Bank nur die Abgeltungsteuer, nicht aber die Kirchensteuer abgezogen wurde, musste die Kapitalerträge in der Einkommensteuererklärung angeben. Ansonsten wurde Kirchensteuer hinterzogen. Künftig wird die Kirchensteuer auf Kapitalerträge grundsätzlich frisch an den Quellen (Banken, Versicherungen et cetera) abgezapft und ans Finanzamt abgeführt. Wer nicht will, dass seine Bank die Religionszugehörigkeit oder den Kirchenaustritt erfährt, muss bis zum 30. Juni 2014 einen Sperrvermerk beim Bundeszentralamt für Steuern eintragen lassen.

Es war nur eine Frage der Zeit und der Steuergerechtigkeit, dass die Geistlichkeit konsequent auf dem Feld der Abgeltungssteuer erntet. Als Erntehelfer nutzt die Finanzverwaltung den Austausch elektronischer Daten mit den entsprechenden Finanzinstituten. Das Datennetz ist so eng geknüpft, dass es praktisch kein Entkommen gibt.

Foto: Vera Buhl

Die Kirchensteuerpflicht gilt auch für Kapitalerträge minderjähriger Kinder. Sie sind ebenso wie die Bezieher niedriger Einkommen von der Kirchensteuer befreit, wenn sie der Bank einen Freistellungsauftrag für die entsprechenden Konten erteilen oder beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung zur Einkommensteuer beantragen.

Problematisch ist, dass Geringverdiener mit dem automatischen Zugriff wieder über Gebühr zur Kasse gebeten werden. Die Kirchen profitieren nämlich von der kalten Progression des Einkommensteuertarifs. Bei gutem Willen wäre das zu verhindern gewesen, denn für Spenden an politische Parteien gibt es eine Sonderregelung, die sich mit geringem Programmieraufwand nutzen ließe. Danach könnten Alleinstehende/Verheiratete die Kirchensteuer auf die Kapitalertragsteuer bis zu 1.650 Euro/3.300 Euro zur Hälfte direkt von der Steuerschuld abziehen. Die Begrenzung der Vergünstigung bei der Kapitalertragsteuer auf 100.000 Euro Jahreseinkommen wäre ein Akt sozialer Gerechtigkeit.

Am Ende wird sich zeigen, ob die Mehreinnahmen die Verluste durch Kirchenaustritte übersteigen.

 

 

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