Westfalen – Nicht gerade alltäglich: Da präsentiert eine ebenso engagierte wie kleine Galerie in Münster eine Künstlerin, die in ihrer Heimat, den Vereinigten Staaten, bereits von der Kunstszene wahrgenommen, anerkannt und gewissermaßen ihren Durchbruch schon erlebt hat. Dieses Husarenstück ist Kolja Steinrötter mit seiner Galerie FB 69 in Münster gelungen, was einerseits für seine Fähigkeit spricht, interessante und beachtenswerte, teilweise auch schrille Künstlerinnen und Künstler ausfindig zu machen und andererseits für seine Begeisterung, mit der er alle Hindernisse überwindet und es schafft, dass die Kunstwerke und die Künstlerin pünktlich zur Vernissage in Münster eintreffen.
Die Ausstellung unter dem Titel “Collide” (zu deutsch: Kollision) mit Arbeiten der amerikanischen Künstlerin Mary Iverson (Seattle, Washington) sollte man nicht verpassen. Sie zeigt Gemälde und Zeichnungen von großer handwerklicher Eigenständigkeit und Visionen, die bei allem Erschrecken, die sie beim Betrachter durchaus erzeugen, auch noch betörend und verstörend schön sind. Iverson trennt Landschaftsfotos aus Magazinen heraus oder malt Landschaften altmeisterlich in Öl, nur um sie danach mit Perspektivlinien und Schiffscontainern zu zerstören. Die Ausstellung ist noch bis zum 3. November 2012 zu sehen.
Mary Iverson ist geradezu besessen von der modernen Handelsmarine, von gigantischen Hafenanlagen und den modernen Umschlagplätzen unser Handelslinien mit ihren Containerbrücken und Transportern. Sie hat sich ganz offensichtlich intensiv mit der Konstruktion moderner Kreuzfahrtschiffe, Megalinern und speziell der von Containerschiffen beschäftigt. Und sie hat offenbar eine beinahe morbide Lust, sich mit Schiffkatastrophen, Havarien und den Untergängen solcher Schiffe zu beschäftigen.
Iverson hat dabei eine Haßliebe zur modernen Seefahrt entwickelt. Container sind für sie die Zeichen einer zunehmenden Weltbeherrschung und Naturzerstörung. Man weiss, dass viele dieser Container nie im Hafen ihrer Bestimmung ankommen, weil sie bei Wind und Wetter oder bei Havarien über Bord gehen und dann als steuerlose “Treibminen” auf den sieben Weltmeeren unterwegs sind, immer Gefahr laufen, mit dem ein oder anderen Trawler eine gefährliche Kollision zu verursachen. Dieses Treibgut wird bei Iverson zu einer Chiffre und zum Synonym für die Zerstörung des Meeres, ja unseres gesamten Lebensraumes.
Mary Iverson platziert die Container nicht einfach so in die Landschaften, sondern bindet sie ein in ein Netzwerk von Perspektiv- und Konstruktionslinien, die sie wie eine Ingenieurzeichnung über ihre Landschaften zieht – mal mit klassischem Rotring-Tuschestift, deren sich auch Architekten bedienen oder mit dem Skalpell, mit dem sie in die Bilder Schnittlinien wie Wunden hineinritzt. Die Linien werden dabei zugleich zu einem neuzeitlichen Spinnennetz, das unsere Welt umspannt, gefangen hält und unserer natürlichen Lebenswelt all ihrer Kraft beraubt. (Jörg Bockow)
Mary Iverson gehört wie Ana Bagayan zu den amerikanischen Künstlern der FB69 Galerie die aktuell in den USA immer größere Aufmerksamkeit erhalten. Das “Juxpatoz” sowie das “Hi-Fructose”- Magazin haben ihrem Werk jüngst große Artikelstrecken gewidmet.
Die Arbeiten sind bis 3. November dienstags bis samstags (11 bis 18 Uhr) zu sehen.
Galerie FB69 / Kolja Steinrötter / Hüfferstr. 18 / 48143 Münster www.fb69.de
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