Kolja Steinrötter zeigt Frauenbilder

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Münster – Frauenbilder zeigt Galerist Kolja Steinrötter in seiner neuen Ausstellung. Ihre wohlgeformten, makellosen Körper sind längst öffentlicher Besitz, tausendfach sind sie abgelichtet worden. Die Fotos sind mit Millionenauflagen gedruckt und damit visuell abgegriffen worden, dass die Konterfeis bereits imaginäre, fettige und verschwitzte Flecken aufweisen. Man kennt ihre Ansicht in beinahe jeder Lebenslage,  öffentlich, privat, ja selbst intim. Die neugierige Linse hat dabei jede ihrer Rundung abgefahren und beinahe jedes Geheimnis bloßgelegt. Ihren Sex haben sie so zu ihrem Markenzeichen erhoben. Sie haben sich immer wieder “nackisch” gemacht, pflegen lustvoll und irritierend einen offenen und direkten Umgang mit ihrem Körper. Keine Frage: Ihre Weiblichkeit und ihre Erotik üben eine besondere Faszination aus, zugleich haben sie die “zerstörerische” Kraft von subtilen Waffen. Nicht von ungefähr spricht man dabei von den geheimnisvollen “Waffen der Frauen”.

Sie heissen Pamela Anderson, Kate Moss, Megan Fox und Scarlett Johansson. Sie sind die Pin-ups und Stilikonen unserer Zeit und die Helden der Malerin Katharina Arndt. Sie sind Projektionsflächen für jeden lüsternen Blick und sie haben unsere Perspektive auf den weiblichen Körper geprägt wie nur wenige andere. Doch dieser Blick ist niemals sachlich, nie ohne Emotionen, sondern immer aufgeladen wie ein Akkumulator und dabei zwiegespalten und gebrochen wie man an den neuen Arbeiten der Berliner Künstlerin Katharina Arndt gewissermaßen am eigenen Leibe erfahren kann. Frauenpower versus Sexismus. Jede Position und Betrachtungsweise findet ihre Argumente. “Die Künstlerin selbst sieht diese Arbeit als eine Art persönliche Hommage an die Stars an, denen sie in zeitaufwendiger und liebevoller Kleinarbeit eine späte Würdigung zukommen lässt.” (Nina Wichmann)

Die Bilder sind zugleich eine teils subtile, teils plakative Auseinandersetzung mit unserer aktuellen, sexualisierten Medienwirklichkeit. Denn es ist Arndts Verdienst, mit der süffisanten und provozierenden Doppelbödigkeit sinnfällig so zu spielen, dass man sich als Betrachter  den aufgeworfenen Fragen nicht entziehen kann. Alleine ihre virtuose Machart – Bundstiftarbeiten mit fast fotorealistischer Detailgenauigkeit und einer schrillen, schreienden Farbgebung – überhöhen und verfremden die Sujets. Im doppelten Sinne bekommt der Betrachter eins aufs Auge. Vieles tut optisch einfach weh. Dabei sind die Arbeiten Liebeserklärung und Provokation in einem. Wenn Megan Fox mit einem blutriefenden Mund und ihrem gebleckten Gebiß porträtiert wird als sei sie ein Vampir, dann löst das nicht nur bei “Weicheiern” neuerliche Kastrationsängste aus.  Sieht so die neue Frauenpower aus? Katharina Arndt sagt: “Natürlich sehe ich mich in jedem dieser Frauenbilder auch selber. Sie sind gewissermaßen verschlüsselte Selbstbildnisse und Projektionen meiner tiefsten Sehnsüchte als Frau.”

Neuere Arbeiten sind in der Galerie FB69 von Kolja Steinrötter ausgestellt. Parallel erscheint in einer limitierten Auflage ein Katalog mit dem Titel “Adore”. 69 Exemplare gibt es davon, für je 69 Euro. Selbstverständlich mit dem Autogramm der Künstlerin.

Kolja Steinrötter

Galerist Kolja Steinrötter mit Katharina Arndt bei der Katalogvorstellung – Foto: Jörg Bockow

“Der Schwerpunkt der künstlerischen Arbeit von Katharina Arndt ist die Auseinandersetzung mit der Bildhaftigkeit der Medienkultur und deren optischer Suggestionskraft. Die Ideen der Appropriation Art und der Pop-Art verbindend, arbeitet sie mit vorgefundenem Material der aktuellen Werbefotografie.

Glitzernde Oberflächen, starke Frauen und viel nackte Haut – Katharina Arndt lässt sich verführen vom Glamour gegenwärtiger Pop- und Konsumwelten. Sehnsuchtsvoll räkeln sich in ihrem Atelier in Berlin-Wedding Beautyidole aus Hollywoodfilmen und Pornostreifen auf Papier, die makellose Schönheit einer Kate Moss oder Megan Fox drängt sich dem Betrachter auf. Und doch verwandeln sich die in knappe Bikinis und reizvolle Unterwäsche gekleideten attraktiven Protagonistinnen in den Buntstiftzeichnungen der Künstlerin nur in blau oder grün schimmernde Abbilder der bekannten Stars, die unseren gewohnten Blick auf deren schöne und perfekte Körper irritieren. Die Künstlerin selbst steht Schönheitsidolen und der Kommerzialisierung von Sexualität durchaus ambivalent gegenüber”, schreibt Nina Wichmann über die Arbeiten der Katharina Arndt.

Chronistin Michelle van der Veen beschreibt in ihrem Text zum Katalog die Wirkungen der Bilder von Katharina Arndt: “Bei näherer Betrachtung werden jedoch Veränderungen sichtbar, die den Beobachter zum Nachdenken anregen. Der Serie ‘Pam’ (Pamela Anderson) fehlen sämtliche Tätowierungen des ehemaligen Baywatch-Stars, sie haben es nicht auf die Zeichnung geschafft. Die bekannte Schauspielerin wirkt dadurch eigenartig nackt, von der Künstlerin ihres persönlich gewählten Ausdrucks beraubt. (…)

Katharina Arndt erreicht in ihren Arbeiten eine Wandlung des passiven Konsums von Werbebotschaften zum aktiven kritischen Betrachten. Sie bietet uns damit eine neue, ungewohnte Sichtweise auf die alltägliche Medienwelt an und lädt dazu ein, den Umgang mit dieser differenziert zu analysieren. Die Wahl ihres Mediums Buntstiftzeichnung erscheint in Zeiten von Fotografie und digitaler Bildbearbeitung zunächst seltsam bizarr. Die Farbgebung erinnert an einen Andy Warhol. Doch hat Andy Warhol für seine wiederholten farblichen Manipulationen eine technische Neuerung, den Siebdruck, genutzt, greift Katharina Arndt auf ein klassisches Medium zurück. Ging Warhol mit seiner Factory in den 1960ern revolutionäre Wege und wandte sich ab vom Unikat und der künstlerischen Autorenschaft, wendet sich Katharina Arndt diesen Konzepten wieder zu. Singuläre Darstellungen sind selten geworden, Bilder werden vielfach reproduziert und auf der ganzen Welt bekannt.

Zeitgenössische Berühmtheiten werden in Deutschland, Amerika und Japan gleichermaßen erkannt. Die Personen, die von Plakatwänden blicken sind entmenschlicht und austauschbar. Katharina Arndt bildet Persönlichkeiten ab, ihre Arbeiten sind Unikate und damit einzigartig. Sie führt ein abgenutztes Bild zurück in ein Kunstwerk und stoppt somit die Bildinflation. (…)

Doch was macht die Arbeiten so außergewöhnlich. Für mich ist es die Kombination von starken Frauen, Erotik, versteckter Bildsprache, Medienwelt, dem kindlichen Ansatz und darüber hinaus die schlichte Schönheit, die den Arbeiten innewohnt. Bilder, die über die Theorie hinaus ästhetischen Wert haben, sind heute keine Norm mehr in der Kunst. Das hat eine vollkommene Berechtigung, da erstklassige Kunst nicht schön sein muss und wir uns nicht dazu verleiten lassen sollten weniger ansehnliche Darstellungen weniger wert zu schätzen. Ich persönlich schätze Katharina Arndts Arbeiten aber auch für ihre klare Schönheit”, schreibt Michelle van der Veen. Dem bleibt nichts mehr hinzuzufügen.

Galerie FB69 / Kolja Steinrötter / Hüfferstr. 18 / 48143 Münster
www.fb69.de

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